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Wie funktioniert die Welt?

Wie funktioniert die Welt?

Titel: Wie funktioniert die Welt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brockman , Herausgegeben von John Brockman
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unausgesprochen schon in dem Titel, aber das Buch formulierte die Fragen, die wir beantworten müssen, um das Problem zu klären. Vielleicht ist das Erklärung auf einer anderen Ebene: Wissenschaft ist keine Sammlung archivierter Tatsachen, sondern der Weg, den wir verfolgen müssen, um neues Wissen zu gewinnen.
    Durch Bonner kam ich auch zu D’Arcy Wentworth Thompson und seinem klassischen Werk
On Growth and Form
, dem ich meinen Lieblingsaphorismus über die wissenschaftliche Sichtweise für das Universum entnahm: »Alles ist so, wie es ist, weil es so geworden ist.« Damit wird auf subtile Weise darauf hingewiesen, wie wichtig Prozesse und Geschichte sind, wenn man verstehen will, warum alles so und nicht anders ist. Man kann die Konzepte der Wissenschaft einfach nicht begreifen, wenn die Methode nur darin besteht, die Details in Form einer starren Momentaufnahme des derzeitigen Zustandes zu analysieren; der einzig aussichtsreiche Weg ist, dass man versteht, welche grundlegenden Mechanismen diesen Zustand hervorbringen und wie er entstanden ist. Dass solche Kenntnisse notwendig sind, zeigt sich unausgesprochen in der Entwicklungsbiologie, wo wir nichts anderes tun, als den Prozess der Veränderung im entstehenden Embryo zu studieren; ebenso unentbehrlich sind sie nach meinen Feststellungen aber auch in Genetik, vergleichender Physiologie, Anatomie und Biochemie. Und natürlich sind sie für die Evolutionsbiologie von zentraler Bedeutung.
    Meine grundsätzliche Erklärung ist also eine Denkweise: Um zu verstehen, wie etwas funktioniert, müssen wir zuerst begreifen, wie es so geworden ist.

David Christian
Die Idee der Emergenz
    Professor für Geschichte an der Macquarie University, Sydney; Autor von Maps of Time
    Eine der schönsten und tiefgreifendsten Ideen, die ich kenne, wird mit ihrer Leistungsfähigkeit bei weitem nicht ausreichend gewürdigt: der Gedanke der Emergenz und emergenter Eigenschaften.
    Als unser Universum geschaffen wurde, war es sehr einfach. Während einiger hundert Millionen Jahre gab es keine Sterne, kaum Atome, die komplizierter gebaut waren als das Helium, und natürlich keine Planeten, keine Lebewesen, keine Menschen, keine Dichtung.
    Dann, im Laufe von 13 , 7  Milliarden Jahren, tauchten alle diese Dinge nacheinander auf. Jedes hatte Eigenschaften, die es zuvor noch nie gegeben hatte. Das ist Kreativität in ihrer grundsätzlichsten und rätselhaftesten Form. Die ersten großen, komplexen Objekte waren Galaxien und Sterne, und sie hatten seltsame neue Eigenschaften. In den Sternen verschmolzen Wasserstoffatome zu Helium, wobei riesige Energiemengen frei wurden und überall im Universum heiße Stellen bildeten. Die größten Sterne brachten in ihrem Todeskampf alle Elemente des Periodensystems hervor, und die Energie, die sie in den kalten Raum in ihrer Umgebung pumpten, trug dazu bei, diese Elemente zu völlig neuen Formen der Materie mit völlig neuen Eigenschaften zusammenzufügen. Jetzt konnten Planeten, Bakterien, Dinosaurier und wir entstehen.
    Woher kamen alle diese neuen, exotischen Dinge? Wie »erwachsen« neue Dinge, neue Qualitäten? Waren sie in den Bestandteilen, aus denen sie gemacht wurden, bereits vorhanden? Die einfachste reduzierende Argumentation geht davon aus, dass es so war. Aber wenn das stimmt, sind sie verteufelt schwer zu finden. Kann man in den Wasserstoff- und Sauerstoffatomen, aus denen die Wassermoleküle bestehen, bereits eine »Wässerigkeit« entdecken? Das ist der Grund, warum »Emergenz« so oft magisch und rätselhaft erscheint.
    Aber eigentlich ist sie das gar nicht. Eine der schönsten Erklärungen für Emergenz findet man in dem buddhistischen Lehrgedicht »Die Fragen des Milinda«, das vermutlich vor mehr als 2100 Jahren verfasst wurde (und den ich hier auf der Grundlage einer online-Übersetzung wiedergebe).
    Milinda ist ein großer König. Er war tatsächlich eine historische Gestalt, nämlich der griechisch-baktrische König Menander; er herrschte über ein zentralasiatisches Königreich, das Generäle aus der Armee Alexanders des Großen gegründet hatten. In dem Gedicht trifft Milinda – vermutlich in den Ebenen des heutigen Afghanistan – mit dem großen buddhistischen Weisen Nagasena zusammen. Milinda hatte Nagasena dorthin bestellt, weil er sich für den Buddhismus interessierte, sich aber auch darüber wunderte, dass der Buddha scheinbar die Realität des Ich leugnete. Für die meisten Menschen ist das Ichgefühl das Fundament der

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