... Wie Gespenster in der Nacht
her!“
„Viel zu lange, du hast recht.“
„Willkommen zu Hause, Fiona.“
Fiona blickte zu ihrem Bruder. Er stand in der Tür, und für einen Moment gab es nur sie beide.
Ich bin zurück, Duncan, aber ich will nicht hier sein.
Ich weiß, dass du das nicht wolltest, Fiona. Ich habe nicht erwartet, dass du den Mut aufbringst, nach Hause zu kommen. Aber ich bin froh, dass du es getan hast .
Sie reagierte nur auf den Gruß, den er laut ausgesprochen hatte. „Danke“, erwiderte sie und hätte gern mehr gesagt, doch die Worte wollten ihr nicht über die Lippen kommen. Seine grauen Augen waren ernst wie immer, als er sie anlächelte.
„Fiona.“ Mara schob sich an ihrem Mann vorbei. Das lange blonde Haar schwang bei jedem ihrer Schritte mit, als sie die Stufen hinabstieg. Sie schien regelrecht zu schweben. Mara und Duncan hatten an Weihnachten geheiratet. Ihre neue Schwägerin war Fiona auf Anhieb sympathisch gewesen. Mara gebührte auch der größte Anteil bei ihrer Entscheidung, nach Schottland zurückzukommen.
Fiona streckte die Arme aus, und die beiden Frauen umarmten sich herzlich. Dann stand auch schon Duncan vor ihr und zog sie in die seinen. Eine Weile schmiegte sie sich an ihren Bruder. Duncan, die einzige echte Konstante in einer Kindheit, die von einem Moment zum nächsten völlig durcheinandergeraten war.
„Komm mit nach oben in die Wohnung“, sagte er jetzt. „Die Führung sparen wir uns für später auf. Mara setzt erst einmal den Teekessel auf, und du kannst die Füße hochlegen. Dann essen wir zu Abend. Ich habe Linguine gemacht, deine Leibspeise.“
„Du warst schon immer der beste Koch der Familie.“
„Andrew?“ Duncan wandte sich an den Freund. „Mit dir rechnen wir auch. Dein Gedeck liegt schon auf dem Tisch.“
„Ich denke, ich passe lieber. Ich …“
„Andrew, bitte, komm mit.“ Fiona machte einen Schritt vor, nur einen unsicheren kleinen Schritt, und streckte ihre Hand aus. „Es wird dir guttun. Bitte!“
Er sah aus, als wäre er hin- und hergerissen – und er wirkte plötzlich schrecklich einsam. Sie ging noch näher auf ihn zu. „Ich kann’s bestätigen – Duncan kocht wirklich gut.“
Er lächelte sie an. „Aye. Ich komme mit.“
„Toll!“ April stürmte auf ihn zu und warf sich in seine Arme. Er hob sie mit Schwung hoch und setzte sie sich auf die Schultern.
Fiona konnte genau mitverfolgen, wie er blasser wurde. Seine Hände mussten höllisch schmerzen. „Dann los, Sonnenschein!“, rief er dennoch fröhlich. „Du bestimmst, wo’s langgeht!“
„Sag Onkel Andrew, er soll dich in die Wohnung hinauftragen. Er ist nicht genug in Form, um mit dir eine Runde durchs Hotel zu galoppieren.“
Fiona beobachtete, wie er ein wenig in die Knie ging, um April unter der Tür hindurchzutragen. Besorgt fragte sie sich, ob er sich nicht zu viel zumutete. Fast konnte sie die Schmerzen in seinen Händen am eigenen Leib fühlen, spürte jeden einzelnen Muskel protestieren.
Sie ging mit Duncan und Mara zusammen durch das Foyer, als ihr klar wurde, dass sie wieder zu Hause war. Endlich und unumstößlich zu Hause.
Die Linguine waren köstlich. Die Soße war abgerundet mit Maras selbst gezogenen Kräutern und frischen Pilzen. Die stammten aus dem Wald nahe dem Cottage, das Mara mit eigenen Händen gebaut hatte. April hatte das Dessert angerichtet: Apfelkuchen, besprenkelt mit Walnusssplittern und Rosinen und einem dicken Klecks frischer Schlagsahne obenauf.
Duncans und Maras Wohnung war sehr gemütlich. Luftig und modern schmiegten sich die Räume in die Gemäuer aus dem achtzehnten Jahrhundert. Die Wände waren cremefarben gestrichen, die Möbel in heller Eiche und Buche gehalten. Moderne Gemälde schmückten die Wände, und aus handgetöpferten Vasen ergossen sich überall prächtige Tulpen. In einer Ecke stand eine große Kiste mit Aprils Spielzeug, und das eine oder andere verstreute Teil im Zimmer zeigte jedem, dass hier ein von Herzen geliebtes Kind lebte.
„Möchtest du noch, Andrew?“ Mara deutete auf die Platte mit dem Apfelkuchen.
Fiona beobachtete Andrew aus den Augenwinkeln. Er hatte wenig gegessen und noch weniger gesagt. Sie selbst hatte auch nicht unbedingt viel geredet, hatte es Mara und Duncan überlassen, die Konversation während des Dinners in Gang zu halten. Und April hatte dann unbewusst übernommen. Wenn niemandem mehr etwas einfiel, was man noch sagen könnte, und die Pausen mit ihrem fröhlichen Geplapper gefüllt.
„Ich kriege keinen
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