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... Wie Gespenster in der Nacht

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Titel: ... Wie Gespenster in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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und verzieh dich!“ Peter trat nach ihm, doch Jamie hatte sich bereits wohlweislich zurückgezogen.
    Die Klappe hielt er jedoch nicht wie befohlen, denn dann würde Peter sofort wieder einschlafen. „Wir sind mit dem Boot draußen, Peter! Mach nicht einen solchen Aufstand, sonst verspeist uns das Monster noch zum Tee.“
    „Hä?“ Peter öffnete die Augen, sehr langsam, sehr vorsichtig, so als hätte er Angst vor dem, was er zu sehen bekommen könnte.
    „Mit dem Boot“, wiederholte Jamie überdeutlich. „Draußen auf dem See. Wir beide, du und ich.“
    Peter streckte sich, doch er blickte noch immer verständnislos vor sich hin.
    Jamie seufzte. Er war erst neunzehn und Peter schon einundzwanzig. Zudem war Peter fast einen halben Kopf größer und besser beim Fußball, Hockey und Rugby. Es gab nichts, was sein älterer Bruder nicht konnte. Außer vielleicht denken. Fürs Denken war Jamie zuständig.
    „Ich hab ein paar Fische gefangen, während du geschlafen hast.“ Jamie zog die Leine aus dem Wasser. Zwei Steinforellen und ein Aal wanden sich an dem Haken. „Mum wird froh sein, dass wenigstens einer von uns nüchtern geblieben ist.“
    „Vielleicht gibt sie dir ja einen Extra-Keks, weil du ein so braver kleiner Wonneproppen bist.“
    „Vielleicht sollte ich dich über Bord werfen.“ Jamie kniff angriffslustig die Augen zusammen. „Das wird dich bestimmt auf einen Schlag nüchtern machen.“
    Peter blieb unbeeindruckt. „Vielleicht solltest du jetzt mit dem dummen Gewäsch aufhören und den Motor anwerfen, Jamielein.“ Er schaute in den Himmel. „Es fängt gleich an zu regnen.“
    „Vielleicht nüchtert dich der Regen aus.“ Doch Jamie musste zugeben, dass es Zeit wurde, umzukehren. Der Himmel über dem Loch Ceo, vor einer Stunde noch hell und klar, verdunkelte sich rasch mit düsteren Gewitterwolken.
    „Ich mag keinen Regen“, sagte Peter.
    Jamie wusste, warum: Vor ungefähr einem Jahr wäre Peter fast bei einem Gewitter ertrunken. Doch so unerwartet der Sturm damals auch gekommen war – Jamie selbst hatte seinen Bruder davor gewarnt. Er hatte ihm gesagt, dass der kleine Bach, der durch Druidheachd floss, anstieg und besser nicht überquert werden sollte.
    Das hatte ihm ein Geist gesteckt.
    „Armer alter Peter!“ Jamie zog an der Leine, um den Bootsmotor zu starten. „Wer hätte gedacht, dass so ein Mordskerl Angst vor ein bisschen Wasser hat.“
    Peter wollte sich auf seinen Bruder stürzen. Ein Versuch, der kläglich misslang, weil der Whisky seine Motorik erheblich eingeschränkt hatte. Der Schwung riss ihn viel zu schnell mit, er konnte nicht mehr anhalten und stolperte mit Wucht direkt in Jamies Schoß. Jamie kippte nach hinten, und die Zugleine flog im hohen Bogen auf den See hinaus. Mit aufgerissenen Augen sah Jamie zu, wie die Kordel versank.
    „Jetzt schau dir an, was du angestellt hast, du Trottel!“ Jamie schob den verdatterten Peter von sich. „Sie ist weg. Keine Spur mehr von ihr zu sehen!“
    „Was meinst du, keine Spur?“ Mit glasigen Augen blickte Peter auf den See. „Irgendwo da im Wasser ist sie doch.“
    „Willst du suchen gehen? Ich helf dir sogar in den See.“ Jamie setzte sich wieder. Der Himmel war noch düsterer geworden, und sie waren ziemlich weit vom Ufer entfernt. Um es noch schlimmer zu machen, waren auch keine anderen Boote auf dem See zu sehen.
    „Haben wir nichts, was als Ersatz herhalten kann?“ Peter ging auf alle viere, um den Boden abzutasten. Lange dauerte es nicht, das Boot war klein und schmal. Und obwohl man keinen von den beiden ordentlich hätte nennen können, so war hier einfach kein Platz für unnützes Zeug. Peter kletterte umständlich auf die Sitzbank zurück. „Nichts.“
    „Hab ich doch gesagt! Kein Seil, keine Leine …“
    „Die Angelruten. Was ist damit?“
    „Zu breit und zu steif. Aber wir können die Angelschnur in Stücke schneiden und sie flechten. Das könnte funktionieren.“
    Beide griffen übereifrig nach ihren Angelruten. Peter bekam seine zuerst zu fassen und riss sie triumphierend hoch, doch sie landete wie eine Peitsche in Jamies Gesicht. Der jähe Schmerz ließ Jamie taumeln. Er ruderte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten. Sein Ellbogen traf Peters Angel – und die fiel prompt über Bord. Peter stürzte vor, um sie noch zu erwischen, und das Boot begann gefährlich zu schwanken. Um zu verhindern, dass Peter das Boot zum Kentern brachte und sie beide auf dem Grund des Sees landeten, ließ Jamie seine

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