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... Wie Gespenster in der Nacht

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Titel: ... Wie Gespenster in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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zu deiner Mission geworden?“
    Kein Ärger lag in ihrer Stimme. Wäre auch nur eine Spur davon zu hören gewesen, wäre Andrew ans Ruder zurückgegangen und hätte den Motor angelassen. Doch aus ihrer direkten Frage hörte er nur ihr Flehen um Trost und Bestätigung heraus.
    „Du bist zu einer Komplikation geworden“, gab er ehrlich zu. „Ich liebe dich schon ewig, Fiona. Aber jetzt bist du nicht länger so etwas wie eine kleine Schwester für mich. Vielleicht wollte ich dir anfangs nur Selbstvertrauen schenken, doch inzwischen … inzwischen will ich dir mich schenken. Und das könnte gefährlich für uns beide werden.“
    Er wusste, dass sie nicht verstand, was er damit sagen wollte. Sie konnte es gar nicht verstehen, nicht wirklich. Aber besser konnte er es auch nicht erklären.
    Ihre Augen schimmerten feucht. „Es wird schlimm für uns beide enden, nicht wahr? Du bist Duncans und Iains bester Freund! Ich könnte diese Freundschaft zerstören.“
    „Aye, wenn wir es zulassen. Aber wir haben auch die Macht, dafür zu sorgen, dass das nicht passiert.“
    „Dann sollten wir einander am besten aus dem Weg gehen.“
    „Das wäre der feige Ausweg. Ist es das, was du willst?“
    „Was willst du ?“
    „Mehr, als ich sollte.“
    „Musst du ständig in Rätseln sprechen?“
    „Also schön. Wenn ich auf meinen Körper höre, dann will ich nur eines: dich in meinem Bett, mit deinen Narben und allem, was du bist, Fiona. Aber wenn du mein Bett wieder verlässt, solltest du es tun, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Ich weiß, wer und was ich bin, und ich weiß, dass ich dir nicht das Leben bieten kann, das du dir wünschst.“
    „Das weißt du jetzt schon? Ohne mir überhaupt die Chance zu lassen, meine eigene Entscheidung zu treffen? Gehörst du etwa inzwischen auch zu denen, die für mich entscheiden wollen?“
    „Ich weiß, wer ich bin.“
    „Na, da sind wir doch ein schönes Pärchen, was?“
    Er spürte, wie die Spannung, die sie beide in eisernem Griff gehabt hatte, von ihnen abfiel. Er lächelte, und plötzlich schien die kalte Nachtluft mild und der schneidende Wind wie eine laue Brise. „Vielleicht sind wir ja eine Prüfung füreinander – vielleicht wurden wir dafür auf Gottes Erdboden gesetzt. Ist dir der Gedanke schon mal gekommen?“
    Ihr Körper entspannte sich, und sie schüttelte den Kopf. „Du gibst dir wirklich Mühe, den einfachen Mann zu spielen.“
    Er ging einen Schritt auf sie zu und umfasste sanft ihr Kinn. Langsam und zärtlich hob er ihr Gesicht an, bis sie ihm in die Augen sah. „Oh, ich bin keineswegs einfach. Und du bist auch nicht die süße Unschuld, die du zu sein vorgibst. Da ist eine Frau in dir, die sich mit aller Kraft ihren Weg freikämpft. Und sie wird es schaffen. Schon bald.“

9. KAPITEL
    K  aye Gerston konnte jeden Mann unter den Tisch trinken. Sie konnte ihn nach Hause schleifen, ins Bett stecken und ihm dann einen dicken Kuss direkt auf die Stirn schmatzen. Kaye war eine große robuste Frau mit kräftigem Knochenbau und ausladender Körpermitte. Sie war maßlos stolz auf ihre schlanken Fesseln und ihre zierlichen Füße – das Einzige, womit sie wirklich eitel war. Ihr Alter ließ sich nicht schätzen. Das Haar hatte sie sich schon immer flammend rot gefärbt, und ihr Gesicht war schon zu Andrews Kindheitszeiten ebenso wettergegerbt und voller Falten gewesen wie jetzt.
    Kayes Gesicht war ein offenes Buch. Man konnte jeden Gedanken so deutlich auf ihrer Miene ablesen, als wäre er die marktschreierische Schlagzeile einer Zeitung. Heute jedoch wirkte sie auf Andrew so unverständlich wie ein türkisches Magazin.
    „Bin ich dir eine Erklärung schuldig, Andrew?“, fragte sie. „Habe ich je den Eindruck erweckt, es wäre meine Pflicht, mich vor dir zu rechtfertigen?“
    Andrew war Ingenieur, kein Psychologe. Aber er erkannte Schuldgefühl und Angst und wusste, auf welche Art sie sich ausdrückten. Inzwischen waren Tage vergangen, seit er herausgefunden hatte, dass Kaye ihr Land verkauft hatte. Tage, in denen sie seine Anrufe nicht erwidert und sich hatte verleugnen lassen, als er das erste Mal vor ihrer Haustür aufgetaucht war.
    Trotzdem ließ er nicht locker. „Und habe ich dir etwa den Eindruck vermittelt, dass ich das von dir verlange? Ich habe eine einfache Frage gestellt, mehr nicht. Von Freund zu Freund und Nachbar zu Nachbar.“
    Andrew stand vor Kayes Haustür und wartete auf eine Antwort. Sie hatte ihn nicht hereingebeten, was ebenso ungewöhnlich war.

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