... Wie Gespenster in der Nacht
lebenswertes Dorf zu sein?
Fiona drehte sich in die Richtung, in der Andrews Cottage lag. Von hier aus war das kleine Haus nicht zu sehen, aber sie glaubte, es am Ende seines Piers sehen zu können. Es war spät gewesen, als sie aus Fort William abgefahren waren; keiner von ihnen beiden hatte viel auf der Fahrt gesprochen. Das Treffen mit Carlton-Jones und Surrey war etwas ganz anderes gewesen. Es war viel gesagt worden. Fiona waren die beiden Männer auf Anhieb unsympathisch gewesen. Sie hätte die beiden auch nicht gemocht, hätte sie nicht gewusst, was sie vorhatten.
Martin Carlton-Jones war korpulent und kahlköpfig, Nigel Surrey hatte zwar keinen Bauch, aber ebenfalls eine Glatze. Surrey war in einem glänzenden Trainingsanzug in der Lobby erschienen, so als hätten Andrew und Fiona ihn bei seiner von nur mäßigem Erfolg gekrönten Suche nach dem perfekten Körper unterbrochen. Beide Männer hatten sich anfangs jovial und freundlich gegeben. Offensichtlich sahen sie keinen Grund, von zwei unbedeutenden Einwohnern aus Druidheachd etwas zu befürchten.
„Ah, Sie bringen uns die Unterschrift von Kaye Gerston?“, hatte Nigel gefragt und sich den hart erkämpften Schweiß von der Stirn gewischt. „Deshalb sind Sie doch hier, oder?“
„Nein. Es gibt keinen Vertrag. Mrs. Gerston hat ihre Meinung geändert. Sie verkauft weder an Sie noch an jemand anderen.“
Martin machte einen Schritt vor. Er wirkte mehr als verblüfft. „Was soll das heißen?“
„Das heißt, dass sie ihr Land behalten wird.“
„Aber das kann sie nicht!“
„Nicht?“ Andrews Lächeln war messerscharf. „Das wird sie sicher überraschen, denn ihr Anwalt sagt, dass sie das durchaus kann.“
Martins Miene änderte sich. Eine kleine Veränderung nur, so als wollte er weiterhin ein wenig begriffsstutzig wirken. Doch Fiona vermutete, dass hinter seiner Stirn sein Verstand bereits mit Höchstgeschwindigkeit arbeitete. „Warum sind Sie hier, Mr. MacDougall?“
„Ich tue Mrs. Gerston einen Gefallen. Es geht ihr nicht gut. Sie haben eine alte kranke Frau überrumpelt, und ich bin hier, um sicherzustellen, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt.“
„Und Sie machen die lange Fahrt hierher, nur um uns zu sagen, dass Mrs. Gerston ihre Meinung geändert hat, wenn ein Anruf ihres Anwalts völlig ausgereicht hätte?“, mischte sich Nigel Surrey ein. „Irgendetwas ist doch sicherlich auch für Sie drin, oder?“
„Aye. Die größte Befriedigung, die mir bisher auf der Welt zuteil wurde.“ Andrew trat einen Schritt vor. „Ich wollte Ihnen zudem meine eigene Nachricht persönlich überbringen.“ Er überragte beide Männer um Haupteslänge. „Sie werden feststellen, dass es schwierig für Sie werden wird, unser Dorf, unseren See oder unser Land aufzukaufen. Mit Duncan Sinclair und Iain Ross haben Sie ja bereits Bekanntschaft gemacht. Ab jetzt werden Sie es auch mit mir zu tun haben. Wir stehen zusammen, mit allen anderen, die ebenso denken wie wir. Wir werden beschützen, was uns gehört. Ich würde Ihnen ja raten, sich woanders umzusehen, aber Sie und Ihresgleichen wünsche ich keiner Gemeinde. Gehen Sie dahin zurück, wo Sie herkommen, und geben Sie sich zufrieden mit dem, was Sie haben. Denn was uns gehört, werden Sie nie bekommen.“
Fassungslos wandte Martin Carlton-Jones sich zu Fiona, als suche er bei ihr Unterstützung, doch sie kam ihm zuvor, bevor er ein Wort sagen konnte.
„Ich stehe hinter ihnen, zusammen mit jeder Frau im Dorf, die schätzt, was sie hat. Dessen können Sie sicher sein.“
Zurück in Druidheachd hatte Andrew sie beim Hotel abgesetzt und mit einem flüchtigen Lächeln ihre Finger gedrückt. Er hatte sich dafür bedankt, dass sie mit ihm gekommen war, doch inzwischen fragte sie sich, ob ihre Anwesenheit wirklich einen so großen Unterschied für ihn gemacht hatte. Sie kam sich albern und kindisch vor. Ein Mann wie Andrew brauchte jemanden, der immer an seiner Seite stand, in jeder Situation. Und sie war nicht mehr als ein kläglicher Ersatz. Ihr Wunschtraum von einem erfüllten und zufriedenen Leben war hartnäckig, doch im Grunde auch vollkommen lächerlich. Sie besaß ja nicht einmal genügend Mut, um Andrew eine Nacht lang Freude zu schenken.
Und selbst, wenn sie den Mut aufbrachte – wer wusste schon, was Andrew empfinden würde?
Resigniert fand sie sich damit ab, dass es ein weiterer unproduktiver Tag werden würde, und begann ihre Sachen wieder zusammenzupacken. Inspiration würde sie hier
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