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Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition)

Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition)

Titel: Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ensikat , Dieter Hildebrandt
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Programmdirektor des Bayerischen Rundfunks unsere Sendung ausgeschaltet, weil wir uns über Tschernobyl ausgelassen haben, und unser Programm war gar nicht mal so hart. Aber es sollte nicht sein. Also hat er die Sendung für Bayern ausgeschaltet. Und es gab einen Riesenprotest.
    E NSIKAT: Das war einer eurer größten Erfolge!
    H ILDEBRANDT: Ja – so viel PR hab ich nie gehabt vorher. Die Blätter waren voll, und es gab ein paar hundert Leute, die haben protestiert mit Transparenten.Die Abendzeitung hat Textpassagen abgedruckt. Der Intendant der Münchner Kammerspiele Dieter Dorn hat zwanzig Minuten nach Ende der Sendung im Studio in Berlin angerufen und angeboten, am nächsten Dienstag unser Programm in seinem Haus zu spielen, was wir auch getan haben. Und das ging alles zu Lasten des Programmdirektors Oeller, der uns schon immer weghaben wollte und sich jetzt einmal getraut hatte. Der Intendant des Bayerischen Rundfunks, der ihn dazu ermuntert hatte – »Mach mal was gegen diese Leute …« –, der stellte sich jetzt hin und sagte: »Ich hab’s dir ja immer gesagt.«
    E NSIKAT: Das sind die Hierarchien.
    H ILDEBRANDT: Die Kläglichkeiten dieser Hierarchien! Ob Osten oder Westen, das hat vor allem mit dem Versagen von Menschen zu tun und weniger mit dem System.
    E NSIKAT: Der Mangel an Zivilcourage verbindet die Systeme. Unter den Kabarettdirektoren in der DDR gab es gewaltige Unterschiede. In Berlin gab es den Feigling, der sich immer zuerst vergewissert hat, ob ein Text irgendwo Anstoß erregen könnte, um ihn dann abzulehnen. Und auf der anderen Seite gab es in Dresden diesen Manfred Schubert, Chef der »Herkuleskeule«, der alles versucht hat, Dinge durchzubekommen.
    H ILDEBRANDT: Eigentlich hat er doch nur etwas Selbstverständliches getan, könnte man meinen, er hatstandgehalten. Aber Standhalten war nie selbstverständlich, weder bei euch noch bei uns. Was für dich der Schubert war, war für mich der Steigner. Walter Steigner war Intendant vom SFB. Wir haben mit den »Stachelschweinen« zusammen eine Sendung gemacht, und kurz vorher war mir mitgeteilt worden, dass der Lübke wiedergewählt wird, mit den Stimmen der SPD. Da hat mich die Wut gepackt, und ich habe eine Lübke-Geschichte gemacht.
    E NSIKAT: Wann war das denn?
    H ILDEBRANDT: 1964, zwei Jahre vor der großen Koalition. Vier Jahre lang wurde der Bundespräsident Heinrich Lübke wegen seiner bemerkenswerten Formulierungen, die er vornehmlich im Ausland produzierte, verspottet. Ich hatte mir nach zwei Jahren eine Lübke-Sperre verordnet und dachte mir, in zwei Jahren ist seine Zeit ohnehin zu Ende. Aber just an dem Tage, als wir, die »Lach- und Schießgesellschaft«, eine Fernsehsendung hatten, erfuhren wir, dass auf Betreiben von Herbert Wehner Lübke von den Sozialdemokraten wiedergewählt werden sollte. Der Grund: Lübke würde sich dann für eine große Koalition starkmachen. Mein Zorn darüber entlud sich dann in einem Solo, in einem Schwall von Zitaten und der Abschlussformulierung: Ich weiß, dass der Bundespräsident ein Tabu ist, aber auf Dauer ist mir ein Tabu als Bundespräsident zu wenig. Nichts davon stand in irgendeinem Text. Im Publikum, häufig im Bild, saßenRut und Willy Brandt in der ersten Reihe. Beide lachten aus vollem Halse in die Kamera. Das wiederum wurde in Bonn Herbert Wehner vorgeführt, der wütend im Viereck herumgesprungen sein soll.
    E NSIKAT: Du übertreibst.
    H ILDEBRANDT: Na gut, im Dreieck. Jedenfalls, der verantwortliche Intendant des SFB Steigner, Inhaber eines SPD-Tickets, sah großes Ungemach auf sich zukommen. So traf ich ihn beim anschließenden Stehempfang und sagte zu ihm: »Herr Steigner, ich möchte nicht, dass ausgerechnet Sie durch mich Unannehmlichkeiten haben. Es wird ja erst am nächsten Sonnabend gesendet. Schneiden Sie die Lübke-Sätze einfach raus.« Und da sagte dieser Mann: »Herr H., sehen Sie sich Ihre Sendung am Sonnabend an. Es wird kein Satz fehlen.«
    E NSIKAT: Und?
    H ILDEBRANDT: Es fehlte kein Satz.
    E NSIKAT: Und wurde Lübke wiedergewählt?
    H ILDEBRANDT: Wie meinst du?
    E NSIKAT: Hat die SPD nach deinen Sätzen davon Abstand genommen?
    H ILDEBRANDT: Über Folgendes wurde auch sehr gelacht …

DIE LIEBEN KOLLEGEN

    E NSIKAT: Lass uns über Kollegen sprechen.
    H ILDEBRANDT: Aber nur Gutes, ja?
    E NSIKAT: Nur Gutes. Dann sollten wir beim Gerhard Polt anfangen. Was mich bei dem wundert: Der ist auch bei der CSU anerkannt. Obwohl er doch politisch nicht anders denkt und redet als

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