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Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition)

Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition)

Titel: Wie haben wir gelacht: Ansichten zweier Clowns (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ensikat , Dieter Hildebrandt
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der Text kommt raus. Nach so einer Auseinandersetzung hatte ich mich mit dem Mut des Halbstarken mal über die Abnehmer lustig gemacht, über ihre vollen Hosen. Und da sagte dann einer zu mir: »Und für Sie hab ich mich eingesetzt, dass Sie nicht einberufen werden zur Armee.« Da hatte ich plötzlich die Hosen voll. Denn vorm Armeedienst hatte ich wirklich Angst.
    H ILDEBRANDT: Kann ich verstehen.
    E NSIKAT: Das kam mit einem so bösen Ton, dass ich diesen Mann als echten Feind empfand. Aber ich kannte ihn dann noch viel länger und erfuhr dann auch, wovor er Angst hatte.
    H ILDEBRANDT: »Wenn’s mal wieder anders kommt«, war’s das? Das war so’n schönes Wort im Dritten Reich.
    E NSIKAT: In der DDR war das nur in den ersten Jahren ernst gemeint: »Wenn’s mal wieder anders kommt.« Das hieß: »Wenn die Kommunisten wieder hängen.« Aber in den siebziger Jahren hat man das nur noch spöttisch gesagt: »Wenn’s mal wieder anders kommt.« Keiner dachte, dass es je anders kommen könnte!
    H ILDEBRANDT: Wie bei uns in Bayern. Da ist man seit jeher der Meinung, dass es gar nicht anders kommen kann . Das dachten die von der CSU, die uns nur mit ganz spitzen Fingern anfassten. Und im Grunde dachten das auch die von der SPD, die uns immer näher waren. Sie dachten: Gemeinsam haben wir keine Aussichten, jemals etwas hier zu ändern. Zwischendurch, ganz kurz, hätt’s auch mal anders kommen können. Als in Wackersdorf der Bürgerkrieg nahezu ausbrach und die bayerische Staatsregierung die Polizei einsetzte und die oberpfälzische Bevölkerung verprügeln ließ, da dachte man, dass sich jetzt etwas ändert.
    E NSIKAT: Aber was denn?
    H ILDEBRANDT: Es standen Landtagswahlen an. In der Oberpfalz hatte die CSU immer um die sechsundfünfzig Prozent. Dieses Mal, so dachten wir, werden sie unter fünfzig sein. Aber mit Sicherheit.
    E NSIKAT: Und?
    H ILDEBRANDT: Achtundfünfzig haben sie gekriegt! Die Verprügelten haben gesagt: »Na ja, so was kann ja mal passieren.« Da siehst du, in welcher Umgebung man hier mit Lust Kabarett machen kann.
    E NSIKAT: Und dann gibt’s noch nicht mal einen Zensor, der es einem verbietet.
    H ILDEBRANDT: Immerhin gab es welche, die es gern gewesen wären.
    E NSIKAT: Ach ja, der Strauß bei der Sache mit demRhein-Main-Donau-Kanal. Aber das ging doch prima für euch aus, oder?
    H ILDEBRANDT: Kann man so sagen. An dem Tag der Sendung befand sich die ganze CSU bei einer Feier in der Residenz, und keiner von denen hat die Sendung gesehen. Außer einem, das war der Chauffeur vom Wirtschaftsminister Jaumann. Er war ein treues CSU-Mitglied und rechtschaffen empört. Er lief also zu seinem Chef: »Herr Minister! Die haben gestern Sachen behauptet! Sie würden 70 000 Mark jedes Jahr für den Rhein-Main-Donau-Kanal kriegen.« Am nächsten Tag hat sich die Parteispitze die Sendung angesehen, und die Empörung wuchs. Und dann sagte der Strauß: »Da müssen wir prozessieren.« Woraufhin seine vier Rechtsanwälte ihm sagten: »Herr Ministerpräsident, das sollten wir nicht tun. Denn das, was die da gesagt haben, ist ja wahr.«
    E NSIKAT: Wenn uns irgendein Parteisekretär etwas verbieten wollte, dann brauchte er keinen Rechtsanwalt, da brauchte er kein Gericht. Er konnte das einfach so machen. Er war ja die Partei. Und deren Herrschaft war in der Verfassung festgeschrieben. Aber das mit den 70 000 Mark – woher habt ihr denn das gewusst? Stand das in der Zeitung?
    H ILDEBRANDT: Nee, wir hatten’s von der FDP! Die FDP hat von Anfang an die ganzen Akten über den Kanalbau gesammelt, und wir haben das Material gekriegt. Da standen die ganzen Bezüge der Aufsichtsräte drin –die halbe bayerische Staatsregierung saß ja in dem Aufsichtsrat, und alle bezogen ihre »Diäten« für dieses unsinnige Bauwerk. Außerdem gab es noch Bestechungen, eine Kommune hat eine Deponie dafür gekriegt, dass sie zugestimmt hat, dass der Kanal bei ihnen vorbei gebaut wird. Alles das haben wir in der Sendung genannt. Und es stimmte alles. Meine Frau hat zu Hause gesessen und hat gedacht: »Um Gottes willen, was passiert denn jetzt? Ihr kriegt ja Prozesse an den Hals! Stimmt denn das alles?«
    E NSIKAT: Und? Hat’s gestimmt?
    H ILDEBRANDT: Muss wohl. Denn prozessiert hat der Strauß nicht mehr. Beschwert hat er sich bei der ARD. Das hat die Sache für ihn aber eher schlimmer gemacht und für uns besser.
    E NSIKAT: Und dann gab’s noch die Sache mit Tschernobyl, 1986.
    H ILDEBRANDT: Unseren zweiten Zensurfall. Da hat der

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