Wie ich Brad Pitt entführte
schwarzen Leggins und einem unförmigen weißen Sweatshirt bekleidet direkt neben der Eingangstür. Linda hatte auf dieser Art von Verkleidung bestanden, und, um des lieben Friedens willen, habe ich das von ihr bevorzugte »Mutti-macht-Frühsport«-Outfit tatsächlich angezogen. Keine Ahnung, was sie für den Fall befürchtet, dass ich mich ein bisschen schicker gemacht hätte. Dass der Kommissar mir die Klamotten von Leib reißt und mich mit wildem Sex willenlos und geständig macht? Sie muss genau wie ich auch unter Schlafentzug und den damit einhergehenden Wahnvorstellungen leiden!
Zack war bereits kurz vor fünfzehn Uhr verschwunden. Und jetzt hatten sich auch Tom und Linda nach oben verzogen, für den eher unwahrscheinlichen Fall, dass Kommissar Benninger noch kurz hereinkommen will. Sie haben das Feld natürlich nicht einfach so geräumt. Nein, eine ganze Tirade von Anweisungen und Empfehlungen ist noch auf mich eingeprasselt: »Wehe, du lässt dich noch mal küssen!«, »Quatsch nicht so viel!«, »Sei selbstsicher und cool!«, »Bring ihn bloß nicht mit nach Hause!« und »Egal, was er dir zu essen oder zu trinken anbietet … du lehnst ab!« Mir dröhnt der Kopf.
Aber dann … klingelt es. Ich drücke auf den Haustüröffner, und kurze Zeit später höre ich den Fahrstuhl hochsurren und auf meiner Etage zum Stillstand kommen. Schüchtern sage ich: »Die Aufzugstür ist offen.« Dann tritt jemand ins Foyer. Vor Überraschung stockt mir der Atem. Das ist leider absolut nicht derjenige, auf den ich schon den ganzen Tag gewartet habe.
[home]
57.
I ch glaube, ich werde alt«, sagte Blitzi und kuschelte sich noch etwas näher an Kasis warmen Körper. Nach dem nächtlichen Besuch bei dieser Polizistin hatte er auf einmal einen unbändigen Drang verspürt, doch noch bei Kasi zu übernachten. Er war deshalb, obwohl es schon weit nach Mitternacht war, bei ihm aufgekreuzt und hatte um Einlass gebeten. Jetzt, am frühen Nachmittag, lagen sie beide noch immer in Kasis antikem Jugendstilbett.
»Wieso?« Kasi nahm Blitzis Hand und drückte sie liebevoll an seine Brust.
»Zum einen sieht es so aus, als ob ich auf meine alten Tage doch noch eine Art Gewissen bekomme … ich tue mich irgendwie sehr schwer mit dieser ›Hau-die-kleine-Leenders-in-die-Pfanne‹-Story. Gestern habe ich sogar versucht, ein alternatives Ende für diese Geschichte zu arrangieren. Und außerdem …«, er drückte Kasis Hand, die immer noch seine festhielt, »… scheine ich eine monogame Ader zu entwickeln.«
»Stimmt! Du bist schon das zweite Mal in einer Woche bei mir. Sag mir Bescheid, wenn ich das Aufgebot bestellen soll!«, neckte Kasi ihn.
Aber Blitzi wusste, dass er ihm viel bedeutete. Verdammt noch mal, Kasi bedeutete ihm ja auch viel. Wenn es drauf ankam, war er einfach immer für ihn da.
»Ich kenne die kleine Leenders nicht, aber du solltest in solchen Sachen auf dein Bauchgefühl hören.«
»Das ist es ja. Ich kenne sie auch nicht. Ich habe sie nur einmal gesehen und ihre Familiengeschichte recherchiert … jetzt ist es also offiziell. Ich bin zum Weichei mutiert.«
»Das ist doch nun wirklich Blödsinn«, schimpfte Kasi. »Du hast eben Mitleid mit ihr.«
»Völlig fehlgeleitetes Mitleid. Die Kleine erbt mal Millionen.«
»Geld allein macht aber auch nicht glücklich. Blitzi, hör einfach auf dein Bauchgefühl.«
»Na ja, jetzt gleich habe ich eine Besprechung mit dem Gnom. Da werden wir mal sehen, was er zu der ganzen Chose inklusive meinem Bauchgefühl sagt. Noch hat er meine Suspendierung nämlich nicht zurückgenommen. Der kleine, dicke Hummeltroll schreibt noch immer meine Kolumne.«
»Und du hängst tatsächlich noch so an diesem Job?«
Blitzi nickte.
»Na, dann zaubere ich uns jetzt mal was zu essen, damit du stark und unbesiegbar in den Zweikampf gehst!« Kasi machte Anstalten, aufzustehen, aber als Blitzi ihm die Arme um den Hals schlang, ließ er sich nur allzu bereitwillig wieder in die Kissen zurückfallen.
Zwei Stunden, eine Dusche und ein Frühstück später saß Blitzi dem Gnom in dessen Büro gegenüber. Der Gnom hörte Blitzi mit unbewegter Miene und paffender Elektrozigarette zu. Als Blitzi seine Ausführungen beendet hatte, lehnte er sich zurück und blickte seinen ehemaligen Chef erwartungsvoll an.
»Also, Herr Borutta …« Der Gnom schielte Blitzi über seine auf der Nasenspitze sitzenden Brille an, der bei der Erwähnung seines Familiennamens Grimassen schnitt. »Also gut …
Weitere Kostenlose Bücher