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Wie ich Rabbinerin wurde

Wie ich Rabbinerin wurde

Titel: Wie ich Rabbinerin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa Klapheck
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auch Henryk Broder mit dem Artikel »
Ihr bleibt die Kinder eurer Eltern!«
in der
ZEIT
ab und wandert nach Israel aus. 1982 veröffentlicht Alphons Silbermann seine Studie
Sind wir Antisemiten?
Danach sind antisemitische Auffassungen immer noch in einem Viertel der westdeutschen Bevölkerung virulent.
    1982 ist auch das Jahr, in dem Israel Krieg gegen den Libanon führt. Die deutsche Linke prangert Premierminister Menachem Begin als Kriegstreiber an und bezichtigt General Ariel Scharon, für die von christlichen Falangisten ausgeführten Massaker in den Beiruter Palästinenservierteln Sabra und Schatila verantwortlich zu sein. In meinen eher linken Kreisen wird der Krieg ebenfalls leidenschaftlich diskutiert. Die meisten Juden, die ich kenne, lehnen ihn ab, geraten dabei jedoch in Abgrenzungsschwierigkeiten mit dem weit verbreiteten, mitunter aggressiven »Antizionismus« in der deutschen Linken.
    Unsere jüdische Identität äußert sich innerhalb eines Feldes mit zwei Koordinaten: Israel und Antisemitismus. Die Themen spiegeln sich auch in meinen Abschlussprüfungen wider. Meine Diplomarbeit heißt:
Die Friedensbewegung in Israel. Ihre Hintergründe und ihre Auswirkungen auf den Nahostkonflikt.
Eine meiner Klausuren widmet sich dem »Antisemitismus, Antizionismus und Antiisraelismus in der deutschen Linken«.
     
    Schon im jüdischen Kindergarten in Düsseldorf wird die Beziehung zu Israel als eine tragende Säule unserer jüdischen Identität gefördert. Es hängen blau-weiße Fähnchen mit dem
Magen David
im Raum, wir lernen israelische Lieder; wer kann, spricht
Iwrit
mit der Kindergärtnerin, die selbst eine Israelin ist. Ähnlich geht es in den darauffolgenden Jahren im Jugendzentrum der Gemeinde weiter.
    Die meisten der etwa 600 in Düsseldorf lebenden Juden feiern jährlich im Gemeindesaal den
Jom Ha’atzma’ut
zu israelischer Musik. Für diejenigen, die in der
Schoa
alles verloren haben, was einem als Jude das Gefühl von Heimat gibt, ist die Gründung des Staates Israel die einzige Antwort, die fortan Halt bietet. Ein Großteil der Gemeindemitglieder engagiert sich daher in Organisationen, die den Staat Israel unterstützen. Die Frauen der
WIZO
veranstalten jährlich einen Wohltätigkeitsbasar für soziale Projekte in Israel. Im Religionsunterricht geht am Ende eine blau-weiße Spendendose von
Keren Kayemet
herum, in die wir Kinder wöchentlich ein paarGroschen stecken, mit denen neue Bäume in Israel gepflanzt werden.
     
    Für meine Diplomarbeit fahre ich 1984 mehrere Wochen nach Tel Aviv und Jerusalem. Ich interviewe dort die Protagonisten von
Schalom Achschaw
(»Frieden Jetzt!«),
Jesch Gwul
(Militärdienstverweigerer),
Netivot Schalom
(religiöse Friedensaktivisten), den linken Parteien und verschiedenen Komitees von Eltern und Soldaten gegen den Krieg. Ich bin schon mehrfach in Israel gewesen – habe in Haifa Lilos Cousine und ihre Kinder besucht, sogar einen Sommer lang in einem Kibbuz in der Nähe des Sees Genezareth gearbeitet. Doch jetzt, da ich erstmals nicht als Urlauberin ins Land gekommen bin, sondern mit einem Thema, mit dem ich unter anderem auch meine Beziehung zu Israel ausdrücken werde, regen sich in mir Zweifel. Der Militärdienstverweigerer von
Jesch Gwul
, der seinen Gesetzesübertritt mit einer dreimonatigen Haftstrafe verbüßt hat und ob seiner Standhaftigkeit wahrscheinlich wieder ins Gefängnis muss, lässt mich im Interview spüren, dass ihn meine Anteilnahme kalt lässt. Ich stehle ihm mit meinen Fragen die Zeit. Er nennt mir zwar alle Informationen, die ich für meine Diplomarbeit brauche, aber er unterbindet jede Emotionalität von meiner Seite und gibt mir zu verstehen, dass er nicht als Identifikationsfigur für mein Jüdischsein in Deutschland dienen möchte. Schnell beendet er das Gespräch. Die Situation fühlt sich unangenehm, aber richtig an.
    Zurück in Deutschland schreibe ich meine Diplomarbeit mit dem geforderten »kritischen Ansatz«: Ich kritisiere die israelische Politik, versäume nicht auf die »terroristische« Vergangenheit des israelischen Premierministers Menachem Begin hinzuweisen, schlage immer dann, wenn es um die Palästinenser geht, einen wohlwollenden Ton an und füge mich einem Schema, das zwischen »Tätern« und »Opfern« unterscheidet. Für die Arbeit bekomme ich eine Eins. Der Professor lobt in seiner Begutachtung meine Fähigkeit, die politischen Ereignisse aus einer kritischen Distanz zu beurteilen, und gibt hierzusogar eine Liste von

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