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Wie ich Schriftsteller wurde

Wie ich Schriftsteller wurde

Titel: Wie ich Schriftsteller wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Golluch
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drehte, um die Pommes Frites zu
greifen. Und wenn sie sich dann umwandte, um mir Hamburger, Cola und Eis mit
Schokosauce zu reichen, ertrank ich wie zur Belohnung für meinen
überreichlichen Einkauf in ihren Augen. Eines Tages lauerte ich ihr auf, und
ich hatte Glück. Als ihre Schicht zu Ende war, regnete es in Strömen. Sie
zögerte nur kurz, als ich ihr die Wagentür aufhielt. Wir tranken Tee in der
Teestube, aßen Körnerkekse und sprachen über ihren Job. Es war schön. Einfach
schön. Dann lud sie mich zu sich nach Hause ein.
     
    Die Stunden davor waren furchtbar. Es lief dann aber erstaunlich
gut – zuerst.
     
    „Du studierst Musik?“
     
    Clara spielte Cello, und in jedem dritten Satz des Abends
kamen Boccherini oder sonstige Altrocker vor. Und Clara sang. Sopran. Ich
erschrak zutiefst, bat sie zu schweigen, aber völlig ahnungslos stimmte sie
eine Arie an. In meinem Innern wurden Urkräfte aktiv. Hohe weibliche Töne lösen
bei mir Killerinstinkte aus, ob Verdi, Puccini oder irgendein Popgeträller. Es
wundert mich eigentlich, dass ich nicht schon zwei oder drei Sopranistinnen
ermordet habe, aber das liegt vermutlich nur daran, dass ich die Nähe von Opernhäusern
meide. Sie sah mich ratlos an, als ich meinen Mantel nahm.
     
    Am nächsten Tag reichte ich ihr einen Brief in den
Autoschalter. Sie würdigte mich keines Blickes.
     
    Als ich die Geschichte tags darauf Paula erzähle, blickt sie
mich verständnislos an, lacht aber ziemlich rätselhaft. Rätselhaftes Lachen ist
bei manchen Frauen eine Strategie, um den dummen Gesichtsausdruck bei dem
Ausruf „Hä?“ zu vermeiden. Überhaupt kommt Paula mir immer rätselhafter vor.
Rätselhafte Frauen, das ist doch der perfekte Romanstoff! Das ist die
Eingebung, ich würde eine Art literarischer Mona Lisa aufs Papier bannen. Mona
Clara! Ich habe die Story mit Clara gleich mal runtergetippt und ausgedruckt.
Auf Papier liest sich das sicher flüssiger, denke ich, und: Immerhin, schon
zwölf Seiten …
     

Action mit Herbert
    „So wird das nix!“ Kaum aufgewacht, stoße ich am nächsten
Tag um 9:00 Uhr morgens auf Benno – in meiner Küche. An einem Sonntag. Er
bedient sich bei meinen Vorräten. Hat er hier übernachtet oder ist er schon am
frühen Morgen gekommen? Er hält das ausgedruckte Manuskript in der Hand.
     
    „Da passiert ja absolut nichts. Zu wenig Action, du brauchst
einen Helden, mit dem deine Leser sich identifizieren können. So was wie den
Terminator oder …“
     
    „Lass gut sein, Benno!“
     
    Ich hänge vor der Kaffeemaschine wie ein Junkie und warte
auf die erste Tasse.
     
    „Heute Morgen raff ich das noch nicht …“
     
    Verdammt, Benno hat mich zwar intellektuell nicht
weitergebracht, aber aus meinem Sonntagmorgen-Trott gerissen.
     
    Wer aus meinem Erfahrungskreis käme für Action infrage? Dieser
Gedanke quält mein benebeltes Hirn. Herbert! wirft heute mein einigermaßen
frisches Langzeitgedächtnis ein, ja, genau der Herbert aus der WG im besetzten
Haus, der Bildhauer mit der Idee, dass verdorbener Fisch nachts leuchtet. Der
verfügte nämlich nicht nur über sagenhafte Kenntnisse randständiger
Lebensmittel, sondern besaß auch über ein ausgesprochen ausgeprägtes
Gerechtigkeitsgefühl. Ich hechte an den Rechner, kippe eine Tasse Kaffee auf ex

     
    Koffein durchströmt meine kreativen Hirnregionen und tut
seine Wirkung – Erinnerungen steigen auf, die Szene in einer verrauchten Szenenkneipe,
damals rauchte man noch in Kneipen, überall nur schräge Sonderlinge, Grölen,
Gläser klirren, betrunkenes Gelächter. Herbert am Tisch mit einer Freundin. Richtig
satte Atmosphäre. Wie käme das in meinem Roman rüber?
     
    An der Theke machten drei ebenso geladene wie
breitschultrige Typen sich auf der Suche nach Zoff an einen schmächtigen
Studenten heran, der eigentlich nichts weiter wollte als sein Bier trinken. Der
eine stieß das Opfer von links heftig gegen seinen rechts stehenden Freund, der
sich sofort maßlos aufregte. Der dritte sagte, mindestens 2,4 Promille in der
Stimme:
     
    „Eyh, Typ, was machstu mein’ Freund an? Suchstu Streit?
Kannstu haben!“
     
    Der Angerempelte zog seine Lederjacke aus, krempelte sich
die Ärmel hoch. Der arme Student mit eher intellektuellem Kraftpotenzial schrumpfte
körperlich zu noch minimaleren Maßen, entschuldigte sich heftig für alles
inklusive seiner eigenen Existenz, wollte im Erdboden versinken. Schon hatte er
die Faust des Streithahns im Gesicht, Nasenblut spritzte,

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