Wie ich Schriftsteller wurde
dort
eine neue Zivilisation aufzubauen – lässt sich weder träumen noch tatsächlich
realisieren.
Zu meinen zumindest als Traum realisierten Fantasien zählt
mein Fastfood-Traum mit dem Fluss aus Barbecue-Soße. Allerdings geriet er in
der Traumpraxis zum Albtraum, denn die auf der Soße schwimmenden, riesenhaften
Burger und Whopper drückten mich ebenso immer wieder unter die Oberfläche wie
eine zombiehafte Version der hässlichen McDonalds-Kassiererin, die mich tags
zuvor schwer geschockt und um meinen Appetit gebracht hatte, sodass ich beim
Aufwachen unter Atemnot litt und mir außerdem schlecht war.
Hormongesänge
Beeindruckt von meiner Schilderung meiner nächtlichen
Expeditionen ins Reich der aberwitzigen Flüssigkeiten grübelt Benno plötzlich
über alle Maßen hilfsbereit nach einer Lösung. Ich bin beunruhigt.
„So geht das nicht weiter mit dir, Alter!“ murmelt er. „Was
ist eigentlich aus deiner Idee mit dem erotischen Roman geworden?“
Ich muss zugeben, dass ich in der Frühphase der Recherchen
stecken geblieben bin. Bennos Augen leuchten plötzlich gefährlich auf, wie
immer, wenn er eine seiner aberwitzigen Ideen ausbrütet.
„Stoff hast du genug, du und Paula …“, sinniert er.
„Vielleicht machst du eine Dreiecksgeschichte daraus, ich könnte mich da zur
Verfügung stellen, wenn du es für nötig …“
Mein Hirn explodiert in Albtraumfantasien, Benno und Paula,
ich fürchte um meine seelische Traumgesundheit, frage mich, in welchen
Flüssigkeiten Paula und ich wohl demnächst ums Überleben kämpfen würden, sehe
mich umspült von Spermawogen gegen einen Drachen kämpfen, der trotz aller
Warzen und Beulen seiner hornigen Haut deutlich die Gesichtszüge von Benno
trägt, sehe mich als Jung Siegfried, der unter dem Schwert von Benno von Tronje
sein Leben aushaucht, nur dass die Stelle mit dem Blatt bei meinem Siegfried
nicht an der Schulter, sondern genau zwischen den Beinen sitzt.
„Lass mal, Benno …“, versuche ich möglichst gelassen
abzuwehren. „Das krieg’ ich schon alleine hin.“
„Ne Dreiecksbeziehung zu zweit?“
Benno scheint sich da auf etwas versteift zu haben. Was mich
bei aller Verwunderung über seine Hartnäckigkeit irritiert, ist die Tatsache,
dass es da noch ein anderes Gefühl gibt, Paula betreffend, so etwas wie – ich
wage es kaum auszusprechen – Eifersucht?
„Überhaupt, Liebesromane, wer liest denn so etwas?“ werfe
ich ein.
„50 % der Bevölkerung, nämlich alle Frauen?“ entgegnet Benno
schlagfertig. „Und alle ihre schwulen Freunde, mit denen sie dann in
Innenstadtcafés die Beziehungsverstrickungen in deinen Werken diskutieren. Ich
persönlich habe es ja nicht so damit …“
Wer hätte das gedacht?
„Ich halte Liebesromane ja für so etwas wie …“, Stirnfalte, offensichtliche
Wortfindungsschwierigkeiten. „Hormongesänge!“
„Östrogen oder Testosteron?“ bohre ich nach.
„Das fragst du noch?“ Benno schüttelt den Kopf.
„Offensichtlich fehlt dir jede Qualifikation als Autor einer Lovestory.“
Damit muss ich mich wohl abfinden. Für Benno ist das
Gespräch beendet, er knallt sich auf das Sofa vor dem Fernseher, guckt
irgendwas über zweieinhalb Männer. Ich stelle fest, dass uns noch 0,5 Männer zu
einer Comedyserie fehlen, ziehe mich in mein Arbeitszimmer zurück und wühle
weiter im Requisitenschrank meiner Erinnerungen. Ich zerre jedes winzige Detail
hervor, dass romangeeignet sein könnte, zum Ausgangspunkt eines Erzählstranges
werden könnte, gerate in eine wirre Assoziationsspirale.
Liebe? Der Kater von Hennes liebte ein Kaninchen, und das
regelmäßig. Hennes, ein Biologiestudent im letzten Semester, und seine Freundin
wohnten in einem winzigen Apartment mit einem osteuropäischen Hirtenhund,
dessen Behaarung derartig intensiv war, dass man sein genaues Herkunftsland
nicht hatte bestimmen können. Der Favorit unter den Vermutungen war Ungarn.
Hinzu kamen drei Katzen, ein Becken voller Wasserschildkröten und besagtes
Kaninchen, ein wuschelig-weiches Prachtexemplar, das sicher, so fantasierte
mancher hungrige Student in jenen Tagen, einen prächtigen Sonntagsbraten
abgegeben hätte.
Der Kater mochte das Kaninchen sehr, weniger als Braten,
aber vermutlich besonders deshalb, weil er nicht bei jedem Versuch eines
Liebesaktes messerscharfe Krallen zu spüren bekam, wie es bei Katzen so Usus ist.
Sex ganz easy , der Kater hatte es begriffen. Eine
Weitere Kostenlose Bücher