Wie im goldenen Kaefig
diesen Tag genießen. Es würde der erste Heiligabend sein, den sie allein mit Zeke verbrachte. Und vielleicht der letzte.
Vor der Haustür blieb sie stehen und begann, in der Tasche nach den Schlüsseln zu suchen, bis ihr wieder einfiel, dass Zeke sie hatte. Na wunderbar!
Daran hatte sie überhaupt nicht mehr gedacht. Nicht einmal, als sie Mrs.
Polinski aufgetragen hatte, nach Zeke Ausschau zu halten und ihn zu ihrer Wohnung zu schicken, wenn er gegen vier Uhr auftauchte.
Trotzdem klingelte sie einmal kurz, erschrak jedoch, als seine Stimme aus der Sprechanlage ertönte: “Ja, wer ist da?”
“Ich bin’s. Marianne. Was machst du denn um diese Zeit schon hier, Zeke?”
“Dasselbe könnte ich dich fragen. Es ist noch nicht vier, oder?”
“Ich durfte früher gehen.”
Er erwartete sie oben auf dem Treppenabsatz vor ihrer Zimmertür. Diesmal trug er Freizeitkleidung, eine bequeme Hose und dazu ein hellgraues Hemd ohne Krawatte. Sie fand ihn umwerfend attraktiv und männlich und hatte Mühe, ihre Reaktion einigermaßen zu verbergen.
“Hallo, Zeke”, begrüßte sie ihn so gelassen wie möglich.
Er lächelte ihr zu und ließ ihr den Vortritt. Sie trat über die Schwelle in ihr Zimmer und traute ihren Augen nicht. Der kleine Raum wirkte wie verwandelt.
Auf dem Tisch stand ein kleiner geschmückter Weihnachtsbaum mit Kerzen und allem Drum und Dran, darunter lagen viele bunt eingepackte Geschenke. Der Fernseher in der Ecke war eingeschaltet. Es wurde gerade das
Weihnachtskonzert aus einer Kathedrale übertragen. Marianne stand einen Moment lang fassungslos da. Ihr fehlten die Worte.
In der Küchenecke türmten sich Kartons mit Einkäufen, einige Flaschen Wein, ein kleiner Truthahn, zwei dicke Steaks, ein Karton Pilze, Tomaten und anderes frisches Gemüse. Neben der Gasheizung standen rechts und links je eine Schüssel Trockenfrüchte und Nüsse und eine Obstschale. Das behagliche Flackern der Gasheizung, die weihnachtlichen Klänge aus dem Fernseher, der Baum mit den Kerzen und all die bunten Päckchen verliehen dem Raum eine gemütliche, anheimelnde Atmosphäre.
“Zeke?” Marianne wandte sich ihm zu, fand aber keine Worte, nicht einmal ein Dankeschön. Sie War viel zu überwältigt davon, dass er so viel für sie getan hatte. Er hatte sich die Zeit genommen und seiner Arbeit und all den tausend Kleinigkeiten, die sonst seine Aufmerksamkeit forderten, den Rücken gekehrt, um hier bei ihr zu sein.
“Der Fernseher ist mein Weihnachtsgeschenk für dich”, erklärte er sanft. “Das verstößt nicht gegen die Bedingungen unserer Trennung, oder?” Seine Augen wirkten im flackernden Schein der Kerzen und der Gasflammen beinahe schwarz. Marianne begehrte ihn so sehr, dass es sie erschreckte.
Sie senkte den Blick auf den Fußboden und verbarg ihre Gefühle. “Vermutlich nicht”, antwortete sie ruhig. “Aber ich habe gar nichts für dich besorgt.”
Er schwieg. Sie sah zu ihm auf, begegnete seinem verlangen den Blick und spürte, wie heiß ihr wurde, als ihre Erregung wuchs.
Zeke nahm dem Moment die Spannung, indem er sagte: “Du hast keinen Kühlschrank, deshalb konnte ich nicht alles kaufen, was ich gern besorgt hätte, aber ich denke, es reicht für die zwei Tage.”
“Zwei Tage?”
“Du wirst einem ausgehungerten Mann doch nicht ein ordentliches Weihnachtsessen verwehren?”
“Verhungert siehst du nicht gerade aus.” Eher fit und vital, dachte sie.
“Nein? Das Äußere kann täuschen”, scherzte er. Ein seltsames Lächeln umspielte seine Lippen.
Ihre Blicke trafen sich, und Mariannes Herz raste wie wild.
„Zeke, ich … ” Unsicher verstummte sie.
“Nein, sag nichts.” Er trat neben sie und strich ihr sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht. “Können wir die nächsten beiden Tage nicht als Ausnahme betrachten? Als etwas, das außerhalb unseres Alltags liegt und anderen Regeln folgt? Lass uns weder über die Vergangenheit noch über die Zukunft sprechen und nur im Augenblick leben. Wir tun einfach so, als wären wir allein auf der Welt. “
Sie sah zu ihm auf. Ihre Hände lagen auf seiner Brust, und[ sie konnte seinen schnellen Herzschlag spüren. Der Kerzenschein und das Flackern der Gasflammen verliehen dem Zimmer etwas Unwirkliches, und Marianne wusste, dass sie Zeke nicht widerstehen würde. Sie wollte aus diesen zwei gemeinsamen Tagen herausholen, was immer möglich war. Vielleicht war es verrückt, ganz bestimmt sogar war es das, da sie überhaupt nichts geklärt oder
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