Wie immer Chefsache
passiert. Jeder klopft hier an und wartet, bis Mucki wieder ruhig ist. Woher soll das arme Tier denn wissen, dass Sie einfach die Tür aufstoßen?«
»Das arme Tier soll nicht Bodyguard spielen, dann kriegt es auch keine Kopfschmerzen. Zum Glück ist ihm ja kein Zacken aus der Prinzenkrone gefallen«, sagte Mattes leichtfertig und bekam einen giftigen Blick zugeworfen. Oh je, die Althoff und ihr Mucki. Prinz Mucki! Mattes unterdrückte mühsam ein breites Grinsen. Er war Chefredakteur einer Redaktion mit adeligem Anhang. In betont geschäftsmäßigem Ton sagte er: »Heute Mittag habe ich einen Termin mit Saskia Hoffmann und ihrem Hund. Wir machen einen großen Artikel daraus und sie kommt auf den Titel.«
»Das ging aber schnell«, kommentierte Frau Althoff mit leichtem Erstaunen. Mattes hob eine Augenbraue und sagte genüsslich: »Das ist Chefsache. Um wichtige Sachen kümmere ich mich selber und dann fluppt das.«
»Ah ja«, sagte sie mit einem Unterton, der wenig beeindruckt schien, und schickte ein amüsiertes »Chefsache« hinterher. Wieso behandelte sie ihn eigentlich immer so, als ob sie alles besser wüsste? Blöde Ziege.
Im Flur kopierte Tina schon wieder. Oder noch immer? Vielleicht hatte sie den Kopierer in der Nacht gar nicht verlassen, sondern stundenlang durchkopiert. Aber warum? Was gab es in so einer kleinen Redaktion so viel zu kopieren? Er ging auf Tina zu und fragte harmlos: »Was ist das da?«
Sie blickte ihn stolz an: »Das sind voll wichtige Unterlagen und ich mach die doppelt und ordne.«
Sein Blick fiel auf die Rückenbeschriftung eines Ordners und er stutzte. Vier Jahre alte Rechnungen? Wozu sollten die kopiert werden? Irgendetwas stimmte da nicht. Da hatte doch wieder die Agentin Althoff ihre Finger im Spiel. Das waren niemals alte Rechnungen! Das war sicher eine vertuschte Steuerhinterziehung, oder es waren gefälschte Mitarbeiterpapiere, mit denen sie krumme Dinge vorhatte. Das sah ihr ähnlich. In so was war sie vermutlich ganz groß. Er blätterte unauffällig in dem Ordner und nickte anerkennend, denn die Dinger sahen auf den ersten Blick wirklich aus, als wären es nur alte Rechnungen. Aber er war nicht blöd, und er würde rausfinden, was die Althoff da abzog. Es wäre nicht übel, etwas gegen sie in der Hand zu haben, falls sie sich als seine Gegnerin erweisen würde.
Mittags ließ er Mina im Büro und erschien knapp vor dem mit Saskia Hoffmann abgesprochenen Termin in seinem Lieblingscafé. Er liebte es vor allem wegen des Namens ›Café Chaos‹. Charmant lächelnd wandte er sich an die junge Bedienung hinter der Theke.
»Gleich wird ein prominenter Fernsehstar kommen, mit dem ich ein Interview mache. Ein Fotograf wird auch da sein. Kannst du dafür sorgen, dass wir nicht gestört werden?«
»Ist das mit dem Chef abgesprochen?«, fragte die junge Frau und schien beeindruckt.
»Natürlich«, bestätigte Mattes und grinste sie überzeugend an.
»Oh, das finde ich ja aufregend. Wer kommt denn und für welche Zeitung wird das gemacht?«, fragte sie.
Er beugte sich zu ihr herüber und raunte: »Es läuft alles noch unter strengster Geheimhaltung.«
Gut gerettet. Und es war wohl ganz sinnvoll, wenn er gar nichts von Hunden erwähnte. Er zwinkerte ihr zu und versuchte die günstige Lage zu nutzen: »Habt ihr gleich Kaffee für uns? Und vielleicht so ein bisschen vom Frühstückskram?«
Sie strahlte ihn an: »Aber natürlich! Ich mache was fertig.«
Mattes suchte einen Tisch am Fenster aus und hoffte, dass Peter Plattler rechtzeitig da war. Den hatte er gestern Abend noch auf dem Handy erreicht, weil er nicht sicher war, ob er morgens pünktlich in der Redaktion antreten oder wieder einen seiner »wichtigen« Termine hatte, aber ihm war nicht klar, wie viel er vom Gespräch verstanden hatte, denn im Hintergrund war ein Höllenlärm gewesen. Heavy-Metal-Musik in höchster Lautstärke, die Mattes gezwungen hatte, das Handy ein Stück weit vom Ohr wegzuhalten, um sich keinen Tinnitus einzufangen. Vermutlich gaben die Suizeeds gerade ein Live-Konzert und zerstörten mit der Lautstärke, die aus den Boxen kam, Unmengen von Hörnerven. Peter hatte irgendwas zurückgebrüllt, und Mattes hatte nach drei weiteren Nachfragen, die jedes Mal eine andere, aber genauso unverständliche Antwort ergaben, beschlossen, das für eine Zusage zu halten. Er sah aus dem Fenster und sah Saskia Hoffmann mit ihrem Hund auf das Café zukommen. Sie war stark geschminkt und sah ihrem Fernsehbild damit
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