Wie immer Chefsache
verfälschen, damit sie echter wirkte.
Als Mattes zufrieden in die Redaktion kam, eilte ihm Frau Althoff entgegen. Hinter ihr klingelte das Telefon auf dem Schreibtisch, und aus dem Waschraum hallte Muckis Gebell.
»Ich werde noch wahnsinnig«, beschwerte sie sich. »Ständig ruft jemand an und fragt, wo ›Hassos Herrchen – Finas Frauchen‹ bleibt. Heute hätte das neue Heft erscheinen müssen. Die Händler haben keine Ahnung und verweisen die Kunden an uns. Der arme Mucki ist schon ganz durcheinander, und ich musste ihn aus dem Zimmer bringen. Ich glaube, das Telefonklingeln hat eine Frequenz, die er nicht verträgt.«
»Hoffentlich verträgt er die Frequenz der Wasserspülung«, bemerkte Mattes und freute sich über den vernichtenden Blick der Büroleiterin.
Säuerlich bemerkte sie: »Wenn das so weitergeht, werde ich nicht an den Verträgen für die neuen Werbekunden arbeiten können. Aber die müssen heute raus.«
»Wir setzen Tina ans Telefon«, sagte Mattes.
Frau Althoff lehnte entschieden ab: »Nur über meine Leiche, dass habe ich Ihnen doch bereits gesagt!«
»Dann sehen Sie sich schon mal nach einem schönen Sarg um«, grinste Mattes. »Telefonieren wird sie ja können, und Anrufern sagen, dass ›Hasso und Fina‹ eingestellt wurde und dass es in drei Wochen ein ganz neues Magazin gibt, kann sie auch.«
»Ich würde es nicht riskieren«, sagte Frau Althoff und verzog das Gesicht.
Mattes ging an ihr vorbei und sagte: »Lassen Sie mich mal machen. Wie immer Chefsache. Ich erklär es Tina, und dann übernimmt sie das Telefon, während Sie die Verträge fertig machen.«
Er rief Tina und sagte schwungvoll: »Wir brauchen dich heute mal, um das Telefon zu bedienen. Ist das nicht schön?«
Tina guckte erschrocken und sagte: »Nee, das geht nich!«
»Natürlich geht das. Wer einen Kopierer bedienen darf, kann auch ans Telefon gehen. Frag Frau Althoff!«
»Hab ich ja.«
»Und?«
»Sie hat gesagt, dass ich Telefon nicht darf.«
Mattes stöhnte auf: »Ach, was weiß die denn? Natürlich darfst du das Telefon bedienen. Allerdings nur heute. Ich erkläre dir ganz genau, was du machen sollst. O. k.?«
»Voll cool!«, freute sich die Praktikantin und strahlte ihn an.
Keine zwanzig Minuten später saß Tina stolz an Frau Althoffs Schreibtisch und wartete auf eingehende Anrufe. Mattes hatte sie gründlich vorbereitet und war sicher, dass sie es schaffen würde. Die Althof hatte zwar skeptisch geguckt, sich dann aber mit Mucki in das Nachbarzimmer verzogen, wo sie die Verträge vorbereitete. Nicht ohne vorher halblaut und mit unmissverständlichem Hohn: »Mal wieder Chefsache! Das kann ja nur schiefgehen«, von sich zu geben. Was sollte schiefgehen?, fragte sich Mattes, ließ aber sicherheitshalber seine Bürotür weit auf, um mit einem Ohr mitzuhören, wie Tina sich anstellte. Die machte das sehr gut. Manchmal ein bisschen umständlich, aber welcher Anrufer ging schon davon aus, dass er in der Führungsetage landete, wenn er bei einer Redaktion anrief? Eine kleine Bürokraft am Apparat war in diesem Fall normal. Dass Tina am Ende eines Gespräches »Tschöö mit Ö« in den Hörer krähte, fand er zwar weniger professionell und durchaus verbesserungsbedürftig, aber man durfte sie auch nicht überfordern. Das hatte er insgesamt doch gut geregelt. Die Althoff sollte sich mal nicht so anstellen. Wenn sie weiterhin so mies drauf war, würde er sie vielleicht komplett durch Tina ersetzen. Warum nicht? Er wusste genau, warum nicht, und wenn nicht, wäre es ihm in diesem Moment klar geworden, denn er hörte Tina losprusten: »WIE heißen Sie? Das ist aber echt beschissen, oder? Da hätt’ ich meine Eltern voll für gehasst.«
Mattes richtete sich angespannt in seinem Stuhl auf und lauschte konzentriert.
»Nee, das gibt’s jetzt nicht mehr. Hasso und Fina sind so wie tot«, hörte er sie sagen und dann schnell ergänzen: »Nee, nich richtig tot. Aber da wird nix mehr gedruckt. Es gibt bald was Neues.« Kurze Pause, dann: »Nee, es gibt nur mich. Alle anderen sind weg.«
Mattes sprang auf, als er sie empört sagen hörte: »Ey, das Brüllen können Sie lassen! Sind Sie voll bescheuert?«, und er rannte über den Flur. Gleichzeitig mit ihm kam Frau Althoff an, die ihm einen stechenden Blick zuwarf. Tina streckte ihnen sauer den Telefonhörer entgegen und maulte: »Irgendso’n Typ mit Steinen, Bergen und Häusern. Der hat voll das Rad ab und brüllt rum!«
»Steinle-Bergerhausen«, flüsterte Frau
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