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Wie immer Chefsache

Wie immer Chefsache

Titel: Wie immer Chefsache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Ruetter
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unberührt. Darin war er besser als Harras. Er lachte bei dem Gedanken. Harras war der Schäferhund seiner Nachbarn gewesen, der zwar laut und einschüchternd bellte, wenn sich jemand dem Grundstück näherte, dann aber freundlich zum Kraulen aufforderte, wenn man es nah an ihn heran geschafft hatte. Ein liebenswürdiges Wesen, das nur auf Entfernung den abgerichteten Wachhund spielte.
    An einem Sonntag vor vielen Jahren gab es einmal lautes Geschrei in der Küche, und Frau Majowski lief anschließend schimpfend durch den Garten. Aufgeregt schilderte sie, dass Harras soeben den für den Ofen bereitliegenden Braten vom Tisch geklaut hatte, was besonders tragisch war, weil für das Mittagessen Besuch erwartet wurde. Hilfsbereit war Mattes sofort über den Zaun geklettert, um zusammen mit den anderen nach dem Hund zu suchen, der seit der Tat verschwunden war und vermutlich gerade irgendwo das große Fleischstück verschlang. Die Nachbarstochter fand Harras nach intensiver Suche im Elternschlafzimmer und rief laut nach der Familie. Sofort strömten alle herbei. Harras lag gut versteckt unter dem großen Doppelbett, dessen geraffte Überdecke den Blick auf ihn verdeckt hatte, zwischen den Vorderpfoten lag der unberührte Braten.
    Zu Mattes Überraschung griff Frau Majowski einfach unter das Bett und zog das Fleisch hervor. Das war völlig anders als bei Tante Thea und Arco, denn Harras machte keine Anstalten, seine Beute zu verteidigen. Dabei war die doch Spitzenklasse und viel besser als ein alter Knochen. Die Majowskis begutachteten den Braten sorgfältig, drehten ihn nach allen Seiten und stellten fest, dass der Hund sich nicht getraut hatte hineinzubeißen, sondern ihn nur gründlich abgeleckt hatte. Harras kam mit gesenktem Kopf und eingeklemmtem Schwanz unter dem Bett hervor und blickte schuldbewusst nach oben.
    Frau Majowski sagte empört: »Pfui, Harras!«, und gab ihrer Tochter die Anweisung: »Wasch das Fleisch ab und leg es in den Ofen. Wird schon keiner merken.«
    Dass der Braten dann noch gegessen und sogar mit unschuldigem Blick dem Besuch angeboten wurde, fand Mattes damals wie heute empörend. Dass Frau Majowski keine Sekunde gezögert hatte, dem Hund das Fleisch einfach unter der Nase wegzunehmen, hatte ihn fasziniert. Was machte sie so sicher, dass Harras sie nicht anfallen würde? Es sprach immer mehr dafür, dass Tante Thea bei Arco irgendetwas Grundsätzliches falsch machte.
    Das Wochenende verging mit dem Schreiben von Texten, nur die Spaziergänge mit Mina waren die einzige Abwechslung. Am Sonntagnachmittag brachte ihm Astrid ein Stück selbstgebackenen Kuchen vorbei und legte eine Liste dazu: »Hier, das sind Klienten, die einen Hund haben. Vermutlich habe ich noch mehr, aber ich weiß es nicht immer. Obwohl ich schon oft gedacht habe, dass ich das in vielen Fällen am Typ erkennen kann. Genauso wie ich dir sagen kann, welche Frau eine Katze hat. Das sieht man einfach.«
    Mattes griff nach der Liste: »Wenn du beim ersten Blick auf einen Menschen nicht nur sagen kannst, ob der einen Hund oder eine Katze hat, sondern auch durch gezieltes Schnüffeln am Hintern des Menschen die Rasse des jeweiligen Haustieres erkennen kannst, wirst du berühmt. Es gibt da eine Fernsehshow, in der man mit solch überflüssigen Leistungen auftreten kann.«
    Astrid schnaubte durch die Nase: »Glaub mir, ich erkenne Hundehalter am Geruch! Spätestens wenn ich in ihrem Auto sitze.«
    Er sah die Namen durch und grinste Astrid zu: »Danke für die Liste. Ich hoffe, der Kuchen hat einwandfreie Zutaten, die nicht in der Tierfutterabteilung zu bekommen sind?«
    »Natürlich«, versicherte Astrid und verdrehte die Augen. Dann wurde sie ernst: »Wenn du bei den Leuten meinen Namen nennst, bring ich dich um!«
    »Wenn du mich umbringst, erbst du Mina und bist Hundebesitzerin. Das sollte dich von diesem Plan abbringen.«
    »Tut es!«, bestätigte Astrid lachend. »Es reicht, wenn ich mich morgen um sie kümmern muss. Und ihr seid wirklich abends wieder aus Hamburg zurück?«
    »ICH bin zurück«, korrigierte Mattes, »nicht wir. Auch wenn du es nicht glauben willst, ich fahre tatsächlich alleine.«
    Astrids Augen leuchteten auf: »Ich hab’s! Sie wohnt in Hamburg! Dass ich da nicht früher drauf gekommen bin!« Triumphierend guckte sie ihn an: »Versuch niemals, deine große Schwester hinters Licht zu führen! Ich finde alles heraus!«
    »Das befürchte ich auch«, gab Mattes zu. Astrid drehte sich beim Rausgehen noch einmal um:

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