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Wie immer Chefsache

Wie immer Chefsache

Titel: Wie immer Chefsache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Ruetter
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Althoff erschrocken, nahm Tina den Hörer aus der Hand und richtete sich straff auf.
    »Althoff«, meldete sie sich mit erstaunlich ruhiger Stimme, während sie mit einer Hand wedelte, um Tina aus ihrem Büro zu verscheuchen. Mattes sah, wie seine Büroleiterin den Hörer ein Stück von ihrem Ohr weg hielt, und hörte Steinle-Berger hausen gedämpft brüllen. Ihre Augen sahen Mattes unver wandt und vorwurfsvoll an. Du Idiot!, stand darin, er konnte es genau lesen. Es war nicht das typisch Althoff’sches »SIE Idiot«. Nein, ein riesengroßes, fettes »DU Idiot!«. Zufällig dachte er in diesem Moment: Ich Idiot!, aber er fühlte sich nicht wohl beim Entdecken dieser gemeinsame Basis.
    »Es tut mit leid, Herr Dr. Steinle-Bergerhausen, Herr Reuter ist schon wieder unterwegs«, log Frau Althoff ohne mit der Wimper zu zucken, und es war erstaunlich, wie freundlich sie in das Telefon sprechen konnte, während sie Mattes gleichzeitig böse anguckte.
    »Ich habe keine Ahnung, warum Sie nichts davon wissen, es ist doch mit dem Verlag abgesprochen worden«, sagte sie mit überzeugendem Erstaunen und fügte kurze Zeit später hinzu: »Er ist nächste Woche wieder im Büro und da werden wir sicher einen Termin finden.«
    Nach einer kurzen Verabschiedung legte sie den Hörer auf, immer noch ohne den Blick von Mattes zu wenden. Er fühlte sich in eine Situation vor über 30 Jahren zurückversetzt, als er heimlich den Spatenstiel von Onkel Herbert komplett mit Honig eingerieben hatte und der mit klebrigen Fingern vor ihm stand und das überhaupt nicht lustig fand. In diesem Augenblick war ihm klar geworden, dass es Erwachsene gab, die in keiner einzigen Zelle ihres Körpers ein Fünkchen Humor hatten. Die Althoff guckte gerade ähnlich wie Onkel Herbert. Mattes fühlte sich kläglich. Nicht nur, dass Tina trotz seiner Einweisung so versagt hatte, auch der drohende Besuch von Steinle-Bergerhausen und die ihm gegenüberstehende stumme und böse guckende Althoff versetzten ihn in einen Zustand der Starre. Als das Telefon hinter ihrem Rücken klingelte, schreckte Frau Althoff hoch und griff rasch nach dem Hörer. Es war wider Erwarten kein zweiter Anruf von Steinle-Bergerhausen. Während sie dem Anrufer kurz und knapp schilderte, warum ›Hassos Herrchen – Finas Frauchen‹ nicht beim Zeitschriftenhändler im Regal lag, verließ Mattes etwas zu schnell, um es noch als würdevoll durchgehen zu lassen, leise ihr Zimmer. Am besten ging er mal eben mit Mina eine Runde raus, um erst mal aus der Gefahrenzone zu kommen. Die Althoff würde den Laden solange schon schmeißen. Und lieber den Laden als irgendwelche Gegenstände in seine Richtung.
    Im Flur saß Tina schmollend auf einem Stuhl.
    »Ich lass mich doch nicht von so ’nem Steintypen anbrüllen! Da haben Sie mir ja einen voll uncoolen Job gegeben!«
    »Ich hatte keine Ahnung, dass der anruft«, entschuldigte sich Mattes.
    Tina schnaubte verächtlich durch die Nase.
    »Ich mach nur noch, was Frau Althoff sagt. Die lässt mich nicht so bescheuerte Sachen machen. Die ist ab jetzt mein einzigster Chef.«
    »Mein einziger«, schlüpfte es Mattes korrigierend heraus.
    Tina sah ihn böse an: »Ja, auch IHR einzigster! Frau Althoff ist für alle der allereinzigste Chef.«
    Ehe der allereinzigste Chef im Flur erschien und mit ihm ein Gespräch über das Telefon-Desaster beginnen konnte, war Mattes mit Mina schon auf dem Weg in den Park.
    Nur noch elf Tage bis zur Abgabe. Manchmal hatte Mattes das Gefühl, die Arbeit konnte bis dahin gar nicht zu schaffen sein. Er musste seine Artikel für das Magazin nicht nur schreiben, sondern inhaltlich auf die anderen abstimmen, sich für passende Fotos entscheiden und jeden Text mindestens dreimal umarbeiten, weil Peter plötzlich eine zugegebenermaßen bessere Idee für das Layout hatte, die Seitenverteilung sich änderte oder ein anderer Artikel doch eine halbe Seite mehr Platz brauchte. Fertige, ausformulierte Texte zu ändern, damit sie genau ins neue Layout passten, war eine der nervigsten Sachen in seinem Beruf, doch in den Augen des Grafikers waren die Fotos und der optische Eindruck wichtiger als der redaktionelle Teil. Manchmal gab es nicht enden wollende Diskussionen darüber, ob ein Text, den Mattes für äußerst wichtig hielt, komplett gestrichen werden konnte, weil Peter ihn als störend für den optischen Eindruck erachtete. Mitten in einer dieser langwierigen Diskussionen fiel Mattes ein, dass er am Wochenende keine Zeit haben würde,

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