Wie immer Chefsache
weil du lieber Tennis spielen willst, bist du noch bescheuerter, als ich dachte. Und du kannst mir glauben, ich halte dich für sehr bescheuert.«
Mattes nahm es als Kompliment. »Alex, ich bin echt froh, dass ich dich habe.«
»Quatsch nicht rum, geh an die Arbeit!«, knurrte der mit einem Grinsen in der Stimme und legte auf.
Das Wochenende war, wie erwartet, hart, und Mattes parkte Mina durchgehend bei Astrid, die wenig begeistert war.
»Auf Dauer geht das aber nicht, Mattes. Wenn du keine Zeit für einen Hund hast, schaff ihn ab. Ich räum hinter dem jetzt wieder stundenlang die Bude auf, und du hast ein nettes Wochenende. Ich kann ihn nicht mal den Kindern aufs Auge drücken. Robin ist ständig beim Fußball, und mit Meike hab ich schon Diskussionen genug. Momentan ist es wichtiger, den richtigen Lippenstift zu haben, als die Englischvokabeln zu lernen.« Sie seufzte: »Wo geht’s denn diesmal hin?«
»Ich arbeite.«
Sie lachte trocken. »Ach wirklich? Hast du jetzt schon Wochenend-Jobs?« Ihre Stimme bekam plötzlich einen be sorgten Unterton: »Du hast doch mal was gelernt, Mattes. Ich kann einfach nicht zusehen, wie du Stück für Stück abrutschst und dich mit wechselnden Jobs durchschlägst. Dazu dann noch eine Freundin, die ja sicher auch ihre Ansprüche stellt. Wenn du die nicht auch noch durchziehen musst. Hat sie eine Arbeit?«
Mattes war müde und genervt. Es reichte. »Ich hab nicht irgendeinen Wochenend-Job, ich stelle gerade ein Magazin auf die Beine und bin Chefredakteur.«
Da. Jetzt war es raus. Und jetzt würde Astrid nach den Details fragen und ihn danach vermutlich beknien, doch lieber irgendeinen Wochenend-Job zu machen, als bei einem Hundemagazin zu arbeiten. Sie guckte ihn bedrückt an und sagte ernst: »Was dir fehlt, ist der Realitätsbezug. Du kommst kaum über die Runden, schlägst dich mit Gelegenheitsjobs durch und faselst vom Chefredakteur. Sieh dem Leben und dem Platz, an dem du stehst, doch mal ins Auge! Werde erwachsen!«
»Ja, mach ich demnächst mal«, grinste Mattes schwach.
Pünktlich am Abgabetag, einem Montagnachmittag, kam ein Kurierfahrer der Druckerei, um die Druckunterlagen abzuholen. Er durchquerte einen Flur, der nach abgestandenem Rauch stank und in dem leere Pizzakartons, angebrochene Getränkeflaschen und ein halb aufgegessener Kuchen wie die Überreste einer Party aussahen, aber ein durchgearbeitetes Wochenende dokumentierten. Den Kuchen hatte Frau Althoff am Sonntag vorbeigebracht und war gleich dageblieben, um die letzten Korrekturen zu lesen. Mattes wankte unrasiert und übernächtigt auf den Boten zu und überreichte ihm breit grinsend und voller Stolz den Karton mit den Unterlagen.
»Fertig!«, flüsterte er glücklich, und der Bote machte, dass er rauskam. Nadine saß blass und müde auf einem Tisch, Tina spielte mit einem Stapel Kopien, und Peter schleppte sich mit schweren Schritten über den Gang und ließ sich neben Nadine auf den Tisch fallen. Frau Althoff brachte eine Flasche Sekt, die Mattes mit einem lauten Knall öffnete, und das Geräusch erinnerte alle daran, dass die Arbeit beendet war. Plötzlich standen sie im Flur und stießen mit unterschiedlich großen Gläsern an, während Mucki wie verrückt bellte. Sie hatten es geschafft. Mattes fühlte sich wie unter Drogen und sagte immer wieder immer lächelnd: »Stell doch mal einer das Tier ab!«, aber niemand hörte darauf. Es war egal. Mattes spürte reines Glück. Und große Müdigkeit. Und völlige Überarbeitung.
»Jetzt ist alles fertig, und wir haben nix mehr zu tun. Cool!«, freute sich Tina.
Mattes tauchte aus seinem Glücks- und Müdigkeitskoma auf und merkte, dass auch einige der Chefzellen wieder erwachten. Er trank den Sekt aus seinem Glas in einem Zug aus und wies auf die kommenden Tage hin: »Das Heftmachen ist vorbei, aber wir müssen uns jetzt darum kümmern, dass das Magazin auch wirklich gekauft wird. Vor allem hier in der Gegend, wo ›Hassos Herrchen – Finas Frauchen‹ seine Leser hatte, müssen alle über das neue Magazin informiert werden. Ab morgen geht’s los. Ich hab mir schon was überlegt und muss nur noch was dafür abholen.«
»Was überlegt?«, fragte Nadine misstrauisch.
»Lasst euch überraschen!«, sagte Mattes und gähnte. »Für heute ist Schluss. Wir sehen uns morgen. Wenn’s geht, pünktlich um neun!«
Am anderen Morgen traf sich Mattes endlich mal wieder mit Alex zum Laufen. Es tat gut, ihn zu sehen, auch wenn es ihm schwergefallen war, so
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