Wie immer Chefsache
ihn liegen!«, befahl sie völlig wirkungslos und fragte: »Meinst du, sie trinkt?«
»Ja«, bestätigte Mattes. »Mina trinkt eine ganze Menge. Aber wenn du die Stenger meinst – keine Ahnung. Na, wenn sie mich im Fernsehen sieht, muss sie wohl ziemlich viel picheln.«
»Das habe ich Godehard auch gesagt«, bestätigte Astrid zufrieden und rief: »Mina!! Leg den Ast dahin zurück, wo er lag! Miii-naaa!!« Sie wandte sich an Mattes: »Da siehst du mal wieder, dass dein Hund zu blöd ist oder einfach nicht richtig erzogen. Vermutlich beides. Ich könnte ihr jetzt lang und breit erklären, dass sie den Ast zurücklegen soll, aber sie würde mich weiterhin einfach nur ansehen und mit dem Schwanz wedeln.«
»Ihre beste Strategie«, bestätigte Mattes, pfiff nach Mina und machte sich auf den Weg in den Park.
Am Ende eines wunderbar vertrödelten Tages lag Mattes auf dem Sofa und hörte Minas friedlichem Schnarchen zu, während der Fernseher leise lief. Es war egal, was gesendet wurde, er wollte gar nicht zugucken, es ging ihm nur darum, dass er den Abend untätig auf dem Sofa verbringen konnte. So wie früher. Schon nach kurzer Zeit wurde er unruhig und holte sich ein paar Unterlagen. So nebenbei konnte er ja noch einige der Anfragen an die Mina-Rubrik durchlesen und vielleicht auch schon beantworten. Er begann Notizen an die Ränder der Seiten zu schreiben. Schließlich griff er nach der Fernbedienung und stellte den Fernseher so leise, dass nur noch kaum vernehmbare Geräusche zu hören waren. Er starrte an die Wand, spielte mit dem Stift in seinen Fingern und dachte nach. Wäre es nicht sinnvoll, bei einigen der Anfragen Kontakt mit den Haltern aufzunehmen und nicht alles nur über das Heft zu machen? In manchen Fällen benötigte er eine nähere Begutachtung und genauere Information über die Umstände, um den Grund der Probleme erkennen zu können. Eine zu kurz ausgefallene Antwort im Magazin könnte falsch verstanden werden und die Sache nur noch schlimmer machen. Das würde allerdings noch mehr Arbeit für ihn bedeuten, denn die Expertin Mina R. stand zwar dick als Ansprechperson im Heft, war zum Beantworten der Fragen aber nicht in der Lage. Sie schnarchte lieber auf dem Teppich neben dem Sofa, und ihre Pfoten zuckten im Schlaf.
Auch am nächsten Tag gab es keinen Termin, und als Mattes das schöne Sonntagswetter sah, ging er mit Mina zu einem ausgiebigen Spaziergang in den Park. Endlich hatten sie mal wieder stundenlang Zeit. Super, dachte er und merkte gleichzeitig, dass er es nicht so gut fand wie erwartet. Einen ganzen Tag lang gar nichts tun, das war er gar nicht mehr gewöhnt. Was hatte er früher an terminfreien Tagen gemacht? Auf jeden Fall nicht jeden Hund, der ihnen begegnete, so interessiert angesehen. Das war ja schon nicht mehr normal, wie sein Gehirn unablässig über das Verhalten von Hunden und Haltern nachdachte. Er beobachtete einen Rüden, der in Imponierhaltung auf Mina zukam. Plötzlich fiel ihm auf, dass dessen Halterin ihn mindestens ebenso intensiv beobachtete wie er ihren Hund. Was hat die?, ging es Mattes durch den Kopf, und er fühlte sich unwohl, weil die Frau ihn regelrecht fixierte. Die guckte nicht rüber, weil sie ihn nett fand, sondern weil etwas nicht stimmte. Hatte er noch den Schlafanzug an? Hatte ›Britt am Nachmittag‹ ihn ohne sein Wissen als Hundekostümfetischisten geoutet? Was war geschehen? Die spielenden Hunde waren für die Frau der passende Grund, näher an ihn ranzukommen.
»Hallo«, sagte sie und blickte ihn schon wieder auffällig aufmerksam an. Er war sicher, sie noch niemals gesehen zu haben.
Bedächtig sagte sie: »Ich kenne Sie«, und grinste dann verlegen.
»Sooooo?«, fragte Mattes und suchte nach irgendetwas, das ihm an dieser Frau bekannt vorkam. Es gab nichts. Er hatte sie definitiv niemals vorher gesehen.
»Sie waren in der Sendung von Saskia Hoffmann. Ich hab Sie gleich erkannt. Ist die Hundezeitung jetzt fertig?«, fragte sie und bekam vor Aufregung ein leicht gerötetes Gesicht.
Ach, die Talkshow. Sieh mal an, da war er also im Gedächtnis geblieben.
»Morgen erscheint das Magazin, und Sie können gerne sehr viele Exemplare kaufen und an alle Ihre Verwandten verschenken«, sagte er freundlich und ein wenig geschmeichelt.
Sie lachte und sagte: »Find ich ja toll, dass Sie einfach so mit Ihrem Hund hier spazieren gehen.«
»Was soll ich denn sonst machen?«, fragte er verwundert.
»Na, Leute wie Sie gehen doch sonst nicht wie normale
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