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Wie Inseln im Strom

Wie Inseln im Strom

Titel: Wie Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O`Brien
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gegeben.”
    “Ja”, erwiderte er. “Das glaube ich.”
    Er sah sie noch einen Moment lang an, dann ließ er den Blick umherschweifen. Über die dunkel getäfelten Wände, die Bilder von Segelschiffen, den Globus in der Ecke, das schwere Tintenfass und den silbernen Aschenbecher auf dem Schreibtisch.
    “Während ich auf dich wartete, habe ich mich hier umgesehen. Und weißt du was? Außer der Küche habe ich nichts gefunden, was deine Anwesenheit hier verrät. Das hier ist das Haus eines Mannes, Malcolms Haus. Kein Stuhl, kein Kerzenleuchter, nichts zeigt, dass du hier lebst.”
    Er hatte recht. Aber er verstand nicht. Malcolm hätte ihr erlaubt, alles neu einzurichten. Nachdem sie ihr Studium abgeschlossen hatte, war er bereit gewesen, ihrem Geschmack zu vertrauen – jedenfalls in einigen ausgewählten Zimmern. Nein, es war etwas anderes, das sie daran gehindert hatte. Eine tief sitzende Gleichgültigkeit gegenüber ihrer Umgebung. Sie hatte sich hier nie zu Hause gefühlt.
    “Ja, es ist Malcolms Haus”, bestätigte sie achselzuckend. Das Einzige, das ihr in diesem Raum gehörte, war die Kochzeitschrift in Adams Hand. “Na und?”
    “Das ist es also, was es ausmacht, die perfekte Ehefrau zu sein? Ein Wesen ohne eigene Meinung? Ein gehorsamer Geist?”
    “Mach nicht mehr daraus, als es war, Adam”, sagte sie, obwohl seine Worte sie getroffen hatten. “Malcolms Haus war seit Generationen so eingerichtet, lange vor unserer Hochzeit. Ich habe mich einfach nur entschieden, alles so zu lassen.”
    Er stand auf und ging über den dicken Orientteppich zu Lacy.
    Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie fest sie die Hand um eins der Buddelschiffe gelegt hatte. Abrupt ließ sie es los. Das Schiff schwankte nun bedrohlich in seinem engen Behältnis. Lächelnd starrte Adam auf die Sammlung.
    “Unberührt. Ja, so mochte Malcolm seine Schätze, nicht wahr? Gefangen, hinter Glas und unberührbar.”
    “Hör zu”, sagte sie scharf. “Du ziehst jede Menge Schlüsse …”
    “Verdammt richtig. Genau das tue ich.” Er stellte sich so dicht vor sie, dass sie sein After Shave riechen konnte. “Und ich sage dir auch, was ich vermute. Dass du nur ein weiteres Stück in Malcolms Sammlung warst. Dass er dich hinter Glas gesperrt hat und du auch jetzt nicht auszubrechen wagst, obwohl er seit Jahren tot ist.”
    “Du irrst dich.”
    “Oh nein, keineswegs.” Adam nahm ihren Pferdeschwanz zwischen Daumen und Zeigefinger und strich langsam daran herunter. “Vermutlich hat er dir beigebracht, dein Haar gebunden, geknotet, hochgesteckt und gefesselt zu tragen. Er wollte deine Röcke maßgeschneidert und eng, dein Make-up dezent, deine Stimme leise und melodisch, deine Bildung klassisch.” Er berührte ihre Hand, wo Malcolms gewaltiger Brillant am Finger saß. “Nur dein Schmuck durfte vulgär sein.”
    Sie hielt den Atem an. Er hatte ja so recht. Woher wusste er das alles?
    Er legte die Hände auf ihre Schultern. “Ich nehme an, du musstest immer seiner Meinung sein. Seine Freunde mussten auch deine Freunde, seine Feinde auch deine Feinde sein. Wahrscheinlich hat er dir sogar gesagt, welche Partei du wählen sollst.”
    Sie spürte, wie ihr die Tränen kamen, und kämpfte verzweifelt dagegen an. Sie würde nicht weinen, nicht vor Adam. Vor niemandem.
    Seine Stimme wurde noch leiser, während seine Hände über ihre Schultern strichen. “Und vermutlich hat er darauf bestanden, dass du still bist, wenn er mit dir schläft. Dass du dich nicht bewegst. Passiv bist. Gefügig. Vermutlich hat er verlangt, dass du dich hinterher bei ihm bedankst.”
    “Wie kannst du es wagen, Adam?” Sie erkannte ihre Stimme kaum wieder. “Wieso glaubst du, du wüsstest etwas darüber, wie … wie Malcolm und ich …”
    Er ließ seine Hand an ihrem Hals hinaufgleiten. Als er das Kinn erreichte, neigte er behutsam ihren Kopf, bis sie auf den Kamin starrte. Erst jetzt sah sie, dass das Bild, das sie für die Auktion gestiftet hatte, auf dem Sims stand, zurück an seinem Ehrenplatz.
Samstagmorgen: Nach dem Paradies.
    Endlich begriff sie, warum Adam gekommen war. Er hatte das Bild ersteigert und es ihr zurückgebracht. Er wusste, dass sie es hasste, auch wenn sie das heftig bestritten hatte.
    “Das dort hat es mir verraten”, flüsterte er ihr ins Ohr. “So langsam lerne ich eine ganze Menge von den Bildern, die Malcolm hier aufgehängt hat, findest du nicht?”
    “Was? Was lernst du?”
    “Du bist die Kunstexpertin, Lacy – du weißt, wovon ich

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