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Wie Inseln im Strom

Wie Inseln im Strom

Titel: Wie Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O`Brien
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Ohrfeige etwa nicht verdient?”
    “Nein.” Lacy schüttelte den Kopf. “Na ja, vielleicht doch. Ach, ich weiß es nicht.” Hilflos sah sie ihre mütterliche Freundin an. “Du meine Güte, was rede ich nur für einen Unsinn? Was ist los mit mir, Tilly?”
    Tillys Miene wurde sanft, und sie legte eine Hand an Lacys Wange. “Hab keine Angst, Lacy”, sagte sie. “Du wachst gerade auf. Da ist es ganz normal, dass man verwirrt ist.”
    “Ich wache auf?” Abrupt hob Lacy den Kopf. Tillys Worte waren irgendwie beunruhigend.
    “Ja, Schneewittchen, du wachst auf.” Tilly griff nach ihrer Hand. “Du hast lange geschlafen. Es war ein Heilschlaf. Und du brauchtest ihn. Du warst verletzt. Zutiefst verletzt. Du hattest Adam verloren. Und das Baby …”
    “Tilly, nicht.” Lacy spürte, wie ihre Augen feucht wurden. Seit wann kamen ihr so schnell die Tränen? In den letzten zehn Jahren hatte sie nicht so viel geweint wie in den letzten Tagen.
    “Es war alles sehr schwer für dich. Da ist es ganz natürlich, dass du dich abgekapselt hast, um Zeit zum Heilen zu haben. Aber vielleicht bist du jetzt stark genug, um aufzuwachen, dich aus deinem Kokon zu befreien und ein neues Leben zu beginnen.”
    Wie benommen starrte Lacy ihre Freundin an. “Und wenn ich das gar nicht will?” Sie drückte Tillys Hand. “Wenn ich lieber weiterschlafe?”
    Tilly gab ihr einen mütterlichen Kuss auf die Wange. “Ich bezweifle, dass du das wirklich willst. Die Narkose lässt nach, und das Leben ruft. Jetzt solltest du ganz einfach aufstehen und antworten.”
    Plötzlich fiel ein Schatten auf ihren Tisch. Lacy brauchte nicht aufzusehen. Sie wusste, wer es war. Als sie Travis Rourke gesehen hatte, war ihr klar gewesen, dass Adam nicht weit sein konnte.
    “Guten Morgen, Adam”, sagte Tilly erfreut. Nichts an ihrem Tonfall verriet, was für ein ernstes Gespräch sie gerade mit Lacy geführt hatte. Sie klang vollkommen unbekümmert, fast jugendlich. “Gut, dass Sie kommen! Ja, Lacy möchte tanzen – also nehmen Sie sie mir bitte ab, damit ich mir endlich etwas Anständiges zu essen bestellen kann.”
    “Tilly!”, rief Lacy empört und tastete unter dem Tisch nach dem Knie ihrer Freundin. Im Unterschied zu Tilly war sie nicht in der Lage, so schnell umzuschalten. Und hatten sie nicht gerade, indirekt jedenfalls, über Adam gesprochen? Darüber, wie sein Auftauchen ihre ruhige geordnete Existenz bedrohte? Sicher war es kein Zufall, dass ihr schmerzhaftes ‘Erwachen’ mit Adams Rückkehr nach Pringle Island zusammenfiel.
    “Morgen, Ladys.” Adam schien ein Lächeln zu unterdrücken. “Tilly, den Gefallen würde ich Ihnen liebend gern tun. Aber ich fürchte, auf der Straße zu tanzen ist etwas, das man spontan tut – oder gar nicht.”
    “Na, dann tun Sie einfach so, als wäre es Ihre Idee gewesen”, entgegnete Tilly. “Ich bin am Verhungern.”
    Gehorsam wandte er sich Lacy zu. “Ich weiß, es wird dich erstaunen, aber ich habe plötzlich das dringende Bedürfnis zu tanzen. Machst du mir die Freude?”
    Was Lacy am meisten erstaunte, war die Tatsache, dass sie am liebsten Ja gesagt hätte.
    Wie absurd! Genau das hatte sie vorhin gemeint. Wie wechselhaft konnte eine Frau denn noch sein? Vor weniger als einer Woche hatte sie den Mann in aller Öffentlichkeit geohrfeigt, und jetzt wollte sie mit ihm tanzen? Das würde schizophren wirken. Nein, es war schizophren! Die Klatschtanten von Pringle Island würden ein Freudenfest feiern.
    “Nein, ich glaube, das werde ich nicht tun”, sagte sie. Sollte sie jemals einem solchen Impuls folgen, dann ganz sicher nicht mit Adam Kendall. “Aber danke.”
    “Herzlos, ich hab’s doch gesagt”, meinte Tilly laut und schüttelte enttäuscht den Kopf. “Nun ja, es war nett, dass Sie es versucht haben, Adam. Wenigstens hat sie Sie nicht geohrfeigt.”
    Lacy errötete und starrte Tilly an, um Adams Blick nicht begegnen zu müssen. Wie konnte ihre Freundin es wagen, ihren mehr als peinlichen Ausrutscher in seiner Gegenwart anzusprechen? Lacy hatte überlegt, ob sie sich bei Adam entschuldigen sollte, aber sie würde sich nicht von der gerissenen Tilly Barnhardt dazu zwingen lassen.
    Er zog eine Braue hoch. “Noch nicht, aber der Tag ist noch jung.”
    “Lacy ist mit den Gedanken schon bei ihrer Feinschmecker-Tour, dem letzten großen Ereignis ihrer Spendenkampagne für das Krankenhaus”, erklärte Tilly. “Sie haben sicher davon gehört. Die Teilnahme kostete fünfhundert Dollar pro Person,

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