Wie Inseln im Strom
schaffen, denn ihnen fehlten noch fünfzigtausend Dollar.
Und im Moment war dieses Problem sogar noch wichtiger als die Neuigkeiten, die Mr. Frennick überbracht hatte. Und ganz bestimmt wichtiger als Adam Kendall oder die zutiefst verwirrenden Gefühle, die der spontane Kuss in ihr hinterlassen hatte. Sie gab sich alle Mühe, das Ganze zu verdrängen.
“Ich muss gestehen, ich finde, es ist zu viel Text. Das schreckt ab. Wer wenig Zeit hat, legt sie ungelesen zur Seite”, sagte sie und sah Kara Karlin an, die mit dem Texter zusammengesessen hatte.
“Wirklich?” Kara verzog das Gesicht. “Oje! Das tut mir leid.”
Lacy drehte die Broschüre um. Die Fotos waren gelungen – glückliche Mütter mit ihren gesunden Babys. Aber der Text …
“Wir kriegen das schon hin”, sagte sie aufmunternd. “Wir schreiben ihn einfach um und nehmen statt der langen Absätze knappe, aber einprägsame Stichworte.”
Kara betrachtete ihr Exemplar. “Gute Idee. Wie wäre es denn, wenn wir die Broschüre mit einem Coupon versehen? Dann kann jeder, der etwas spenden will, ihn ausschneiden und uns schicken.”
Lacy schüttelte den Kopf. “Besser nicht. Coupons landen meistens im Papierkorb.” Sie wusste, warum Kara es vorgeschlagen hatte, und lächelte ihr mitfühlend zu. “Sorry, Kara. Es gibt einfach keinen Ersatz für die persönliche Ansprache.”
“Ich weiß.” Kara seufzte betrübt. “Die liegt mir nicht.”
“Du wirst immer besser. Dabei fällt mir ein – hat Mr. Seville sich schon entschieden?”
Verlegen faltete Kara ihr Exemplar zusammen und wieder auseinander. “Nein, und das macht mir Sorgen. Er war am Samstag bei der Inseltour, und als wir am Strand waren, habe ich gehört, wie seine Frau sich über Gwen beschwert hat.” Mit einem entschuldigenden Blick hob sie den Kopf.
“Wir wissen ja beide, wie spießig Mr. und Mrs. Seville sind. Und Gwen … Nun ja, sie hat getanzt, und … Vielleicht wäre es ganz gut, wenn du Mrs. Seville anrufen würdest. Du weißt schon, um sie ein wenig zu besänftigen.”
Fast hätte Lacy gelacht. “Du meinst, sie hört auf mich, weil ich selbst ein wenig spießig bin, was?”
“Natürlich nicht!”, protestierte ihre Kollegin errötend. “Ich meinte nur, weil du so würdevoll bist. Ruhig und sachlich und …”
“Spießig.” Lacy lächelte nachsichtig. “Schon gut, Kara. Ich weiß, was du gemeint hast. Ich rufe sie an. Könntest du in der Zwischenzeit die Broschüre umschreiben? Ich möchte sie spätestens am Freitag verschicken.”
Als Kara hinausging, stieß sie fast mit Tilly zusammen. Kara stammelte eine Entschuldigung, während Tilly ihre Perücke wieder zurechtrückte.
“Kannst du nicht aufpassen?”, rief sie Kara nach.
Lacy sah auf. “Was tust du denn hier? Hast du mir nicht versprochen, heute im Bett zu bleiben?”
Tilly winkte ab. “Was soll ich im Bett? Mir geht es gut. Außerdem haben wir eine Katastrophe.”
Ruhig klappte Lacy die Broschüre zu und legte sie zur Seite. “Das ist gut”, sagte sie. “Hier hat es seit zehn Minuten keine Katastrophe mehr gegeben. Ich fing schon an, mich zu langweilen.”
Tilly ließ sich auf die Couch sinken. “Du glaubst, ich übertreibe. Aber wenn du hörst, was los ist, wird es dir leidtun, dass du dich über mich lustig gemacht hast.”
“Okay. Erzähl es mir, und danach bringe ich dich nach Hause.”
“Du weißt doch, dass wir fest mit den fünfundzwanzigtausend von Howard Whitehead rechnen?”
Lacy nickte. Howard Whitehead war stinkreich, Mitte fünfzig und hatte eine Vorliebe für wesentlich jüngere Frauen. Tilly vermutete, dass er für die Neugeborenenstation spenden wollte, weil er seine zahlreichen Geliebten gut versorgt wissen wollte, wenn sie von ihm schwanger wurden.
Aber Lacy wusste, dass er an der Insel hing und deshalb eine der größten Einzelspenden zugesagt hatte.
Wenn Howard jetzt ausstieg … Zum ersten Mal wurde sie nervös.
“Sag’s nicht.” Sie schloss die Augen und lehnte sich zurück. “Sag jetzt nicht, dass wir ihn verloren haben.”
“Wir haben ihn nicht verloren, Kind. Du hast ihn verloren”, erwiderte Tilly.
Lacy riss die Augen wieder auf. “Ich? Wie denn? Ich habe schon seit einer Woche nicht mehr mit ihm gesprochen.”
“Genau.” Tilly streifte die Schuhe ab und legte die Füße auf den Stuhl vor ihr, bevor sie dramatisch mit der Zunge schnalzte. “Offenbar ist der alte Lüstling zutiefst beleidigt, weil du ihn am Strand einfach ignoriert hast. Er meinte,
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