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Wie Jakob die Zeit verlor

Wie Jakob die Zeit verlor

Titel: Wie Jakob die Zeit verlor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Stressenreuter
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bewölkten Himmel. In der Ferne hört Arne das Bimmeln von Kuhglocken. Er verspürt einen leichten Kopfschmerz, als hätte er zu viel getrunken am Abend vorher.
    Als er in die Küche kommt, steht Katrin vor der Arbeitsplatte und rückt den Schmutz- und Fettrückständen mit Schwamm und Küchenreiniger zuleibe. Die Kopfhörer eines MP3-Players stecken in ihren Ohren, und sie summt leise eine Melodie, bewegt ungelenk die Hüften im Takt. Arne verkneift sich ein Grinsen. Erst das Geräusch der zufallenden Küchentür macht sie auf seine Anwesenheit aufmerksam. Sie wirft ihm einen Blick zu und sagt: „Das ist der rapide Wetterwechsel. Damit haben viele Menschen hier zu kämpfen.“
    „Bitte?“
    „Du hast Kopfschmerzen, oder?“ Katrin nimmt die Hörer aus den Ohren.
    Er nickt.
    „Der Föhn hat sich verzogen. Der Körper hinkt mit der Umstellung hinterher. Wenn du was im Magen hast, bekommst du ein Aspirin.“
    Arne gähnt. „Danke.“
    Sie deutet auf die Kaffeekanne, und er bedient sich. Der Tisch ist nur für eine Person gedeckt. „Habt ihr schon gefrühstückt?“
    „Jochen ist schon vor einer Stunde aus dem Haus. Er ist mit den Kassenabrechnungen im Rückstand.“
    Arne schmiert sich ein Brötchen, während Katrin weiterputzt. Dann nimmt sie sich ebenfalls einen Kaffee und leistet ihm am Tisch Gesellschaft. „Du solltest nach Hause fahren“, sagt sie.
    Arne lässt sein Brötchen sinken. „Dann hab ich deine Gastfreundschaft überbeansprucht? Ich wollte nicht, dass …“
    Katrin schüttelt den Kopf. „Red keinen Blödsinn. Darum geht es nicht. Du solltest dich mit Jakob aussprechen.“
    Er lehnt sich zurück in seinem Stuhl. „Ich weiß nicht, was es da zu besprechen gibt.“ Und es stimmt: Irgendwie hatte er gehofft, dass sein Besuch bei Katrin ihm Jakob näher bringen würde, ihm helfen würde, Jakob zu verstehen. Aber sie hat ihm nichts erzählen können, was ihn begreifen ließe, warum Jakob so verwundet ist. Warum er so sehr an der Vergangenheit leidet, dass er die Zukunft ablehnt.
    „Hast du dich eigentlich nicht gefragt, warum ich mit dir so freigiebig über Jakob spreche?“, erkundigt sich Katrin. Es scheint, als hätte sie seine Gedanken gelesen. „Immerhin sind wir uns bis vor ein paar Tagen noch nie begegnet. Ich kannte deinen Namen nur aus den Telefonaten mit Jakob.“
    Arne zuckt mit den Schultern.
    „Weil dein Auftauchen hier so eine Art Déjà-vu-Erlebnis für mich war. Nur waren die Positionen anders verteilt.“ Katrin rührt nachdenklich einen halben Löffel Zucker in den Kaffee.
    „Ich verstehe kein Wort“, erwidert er.
    „Jakob hat mich damals besucht, als ich gerade zwei oder drei Monate hier gewohnt habe. Das muss gewesen sein …“ Sie runzelt die Stirn und gräbt in ihrem Gedächtnis nach einem genauen Zeitpunkt. „… Sommer 1988. Er ist zu mir gekommen, um Abstand zu gewinnen. Um darüber nachzudenken, ob er Marius verlassen soll. So ähnlich wie du. Und er hat die falsche Entscheidung getroffen damals. Irgendwie fühle ich mich dafür mitverantwortlich. Deshalb habe ich dir einiges von Jakob erzählt. Damit du nicht auch die falsche Entscheidung triffst.“
    „Er wollte Marius verlassen? Das wusste ich nicht.“ Arne reibt sich die Wangen. Unter seinen Händen fühlt er harte Stoppeln; er hat sich seit Tagen nicht rasiert. „Und du findest, er hätte es tun sollen?“, fragt er erstaunt. „War Marius da nicht schon krank?“
    „Oh. Nein, du missverstehst mich. Er hat Marius verlassen.“
    „Was? Davon wusste ich auch nichts!“ Arne ist sicher, dass Jakob ihm davon erzählt hätte, wenn es so gewesen wäre. Oder? Tatsächlich kennt er nur wenige Details aus Jakobs Beziehung mit Marius. Er ist zufällig auf sie gestoßen; wie Fundstücke aus den Ruinen einer untergegangenen Kultur hat er sie entdeckt, verschüttet in Nebensätzen und Parenthesen, wenn Jakob sein früheres Leben erwähnt hat. Er hat den Wahrheitsgehalt dieser Bruchstücke nie angezweifelt. Aber genauso wie man die Bedeutung einzelner altertümlicher Relikte falsch interpretieren kann, wenn man nicht in der Lage ist, sie in einen größeren Zusammenhang zu setzen, so können einzelne Ereignisse der Vergangenheit falsch gedeutet werden, wenn man nicht die ganze Geschichte kennt.
    „Aber … er war doch mit Marius zusammen, als er gestorben ist!“
    Katrin nickt. „Ja. Trotzdem hat er sich von ihm getrennt. Kurz, nachdem sie zusammengezogen sind.“
    „Sie haben zusammen gewohnt?“ Arne bleibt der

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