Wie Kinder heute lernen
dass sie herausfordern, ohne zu überfordern.
Abbildung 3 : Wie gut können wir uns konzentrieren?
Die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses entspricht unserer Konzentrationsfähigkeit. Sie nimmt bis zum 25. Lebensjahr beständig zu und dann bereits wieder ab, sodass das Arbeitsgedächtnis eines 55-jährigen Menschen dieselbe Leistungsfähigkeit hat wie die eines 12-Jährigen. Die Grafik zeigt aber auch, dass die Konzentrationsfähigkeit eines 10-Jährigen noch deutlich schlechter ist als die eines 12-, 14- oder 16-jährigen Schülers.
Lernen und Aufmerksamkeit
Warum wirkt sich eine hohe, ungeteilte Aufmerksamkeit so vorteilhaft auf das Lernen von Schulwissen aus? Hirntechnisch bedeutet Lernen eine Veränderung an den Synapsen, also den Schaltstellen zwischen den Nervenzellen. Derartige Veränderungen finden aber nur statt, wenn die Synapsen aktiv sind. Je aktiver ein neuronales Netzwerk ist, umso leichter können Informationen in ihm gespeichert werden. Und genau hier scheinen die Gehirnmechanismen einzugreifen. Selektive Aufmerksamkeit führt zu einer Aktivitätssteigerung in den Arealen, die bestimmte Sinnesreize verarbeiten. Und zwar werden diejenigen Areale stärker aktiviert, die für die Verarbeitung genau dieser Aspekte oder Objekte zuständig sind. Je aktiver ein Areal beim Einspeichern ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man sich an das Abgespeicherte erinnert. Eine simple Aktivitätszunahme von Nervenzellen erhöht also die Chance, dass Wahrnehmungen, Ereignisse und Fakten besser und längerfristig erinnert werden. Konzentration lohnt sich, weil sie an entscheidender Stelle das Lernen beeinflusst: beim erstmaligen Abspeichern. Und da gilt: Was nicht abgespeichert wird, kann auch nicht erinnert werden.
Konzentration steigern
Konzentration wird definiert als willkürliche Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf einen eng begrenzten Ausschnitt der Umwelt unter weitgehender Ausschaltung äußerer und innerer Störfaktoren. Konzentration ist vor allem eine Leistung des Arbeitsgedächtnisses, die im Stirnlappen unseres Gehirns lokalisiert ist. Wer den Eindruck hat, sein Kind sei unkonzentriert, sollte sich zunächst einen Moment Zeit nehmen, um die folgenden Fragen zu beantworten:
› Welches Verhalten zeigt das Kind genau, wenn es unkonzentriert erscheint?
› Was wurde bisher gegen dieses unkonzentrierte Verhalten getan (z. B. Ermahnungen, Drohungen, Versprechungen)?
› Bei welchen Aktivitäten kann sich das Kind gut konzentrieren?
In den meisten Fällen dürften Eltern feststellen, dass sich ihr Kind sehr wohl konzentrieren kann, nämlich dann, wenn es begeistert und fasziniert von etwas ist. Ist eine Lernsituation für ein Kind erst einmal negativ besetzt, nützt es in der Regel wenig, das Kind zur Konzentration zu ermahnen. Die selektive Aufmerksamkeit richtet sich nur auf Gegenstände und Tätigkeiten, die dem Gehirn wichtig erscheinen. Die Entscheidung, was wichtig ist, ist vor allem eine gefühlsmäßige, in den seltensten Fällen wird sie durch Ermahnungen beeinflusst. Aufforderungen wie »Denk an die Vokabeln für morgen!« sind durchaus sinnvolle Erinnerungshilfen für ein Kind, aber sie erzeugen nicht automatisch die nötige Konzentration.
Gefühle dagegen sind mächtige Motivatoren künftigen Verhaltens und sollten von Eltern nicht unterschätzt werden. Sie bestimmen den Kurs des Handelns von einem Moment zum nächsten, setzen aber genauso die Segel für langfristige Ziele. Wenn Kinder ihre Hausaufgaben gerne erledigen, diese zu bewältigen sind und der Lernstoff in einen interessanten und für das Kind relevanten Kontext gestellt wird, werden die meisten Kinder imstande sein, sich auch längere Zeit zu konzentrieren. Aber auch unter den genannten Umständen ist es nicht ungewöhnlich, dass es zu Konzentrationsstörungen kommt. Denn Konzentrationsstörungen sind nichts anderes als eine zeitweise oder teilweise Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit - hervorgerufen durch die jeweilige Befindlichkeit, Tagesform, Krankheiten, Grübeleien, Stress, Langeweile und viele andere Faktoren, die sich negativ auf die Fähigkeit zur Bündelung der Aufmerksamkeit auswirken können. Gründe für gravierende Konzentrationsstörungen bei Kindern können sein:
› Umzug, Schul- oder Klassenwechsel
› zu wenig Schlaf und einseitige Ernährung
› Reizüberflutung durch Fernsehen und/oder Computer
› Bewegungsarmut und dadurch bedingt Reizmangel für Haut und Muskulatur
› Hektik im
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