Wie Kinder heute lernen
alleinerziehend ist oder beide Eltern berufstätig sind. Studien aus verschiedenen Ländern zeigen hier übereinstimmend, dass diese Umstände allein noch keinen negativen Einfluss auf die kognitive Entwicklung des Kindes ausüben. Dies gilt aber nur, wenn die verbleibende Zeit, die man mit den Kindern hat, intensiv genutzt wird. Dabei ist nicht die Anzahl der Stunden, die ein oder beide Elternteilen mit dem Kind verbringen, entscheidend. Vielmehr zählt, was man in der gemeinsamen Zeit macht: viel mit dem Kind reden, spielen, etwas gemeinsam unternehmen, vor allem ein Gespür für die Bedürfnisse des Kindes zu entwickeln. Gerade bei Vorschulkindern, die tagsüber von anderen Bezugspersonen betreut werden, haben sich Tagesstätten (Kindergarten, Krabbelgruppen) als geeigneter erwiesen als Babysitter, bei denen die Kinder in Einzelbetreuung sind. Der Besuch einer Vorschule in diesem Alter trägt allerdings nicht zur Erhöhung des IQs bei.
Wichtiger scheint in dieser Zeit das Spielen mit anderen Kindern zu sein, denn dies fördert die Sprachfähigkeit und die motorische Entwicklung am effektivsten.
Von überraschend großer Bedeutung für die kognitive Entwicklung des Kindes ist der Erziehungsstil der Eltern. Fürsorglichkeit, gepaart mit Körperkontakt, vor allem im Säuglingsalter, gibt den Kindern einen Startvorteil, den ihnen niemand mehr nehmen kann. Kinder aus Familien, die Geborgenheit vermitteln, erreichen in IQ-Tests regelmäßig bessere Ergebnisse als Kinder, die in gefühlskälteren Familien aufwachsen. Nicht autoritäre oder antiautoritäre Erziehungsmethoden, sondern ein autoritativer Stil hat sich für das Aufwachsen der Kinder als ideal entpuppt. Autoritative Eltern erlauben ihren Kindern relativ viel. Sie räumen ihnen viele Freiheiten ein (was die Eigenverantwortung stärkt) und geben ihren Kindern bei Problemen immer das Gefühl, hinter ihnen zu stehen. Aber sie kommunizieren auch klar die einzuhaltenden Regeln, und sie vermitteln ihrem Kind, dass sie viel von ihm erwarten. Immer wieder versuchen sie, den Ehrgeiz des Kindes zu wecken, und machen ihre Erwartungshaltung deutlich. So weiß das Kind immer, welche Anforderungen an es gestellt werden, aber es spürt auch, dass es Rückhalt hat, wenn etwas mal nicht so gut klappt. Kinder, die in Familien aufwachsen, die einen autoritativen Erziehungsstil pflegen, erreichen unabhängig von allen anderen Faktoren im Mittel deutlich bessere Ergebnisse in IQ-Tests als Kinder aus Vergleichsgruppen.
Geschwister: je jünger, desto dümmer?
Das Elternhaus beeinflusst also maßgeblich die Intelligenz. Viele der Studien, die dazu durchgeführt worden sind, haben die Familie als homogene Einheit behandelt und durchaus interessante Korrelationen gefunden, etwa die, dass Geborgenheit die kognitive Entwicklung fördert. Aber auch, dass man von Kindern, die
in einer behüteten Atmosphäre aufwachsen, durchaus etwas fordern kann. Kinder sollen keine Versagensängste haben müssen, sie dürfen aber durchaus spüren, dass man sich bestimmte Dinge von ihnen erhofft.
Neuere Studien belegen, dass die Förderung, die ein Kind statistisch erfährt, auch von seiner Stellung innerhalb der Familie abhängt - und zwar zum Nachteil der jüngeren Geschwister. Erstgeborene liegen bei IQ-Tests zum Zeitpunkt der Einschulung um ca. 3,5 IQ-Punkte über dem des nächstjüngeren Geschwisterkindes. Bei jedem weiteren Kind nimmt der durchschnittliche IQ sogar noch weiter ab. Je enger die Kinder aufeinander folgen, umso größer der IQ-Abstand zugunsten des Erstgeborenen. Ein Grund für dieses überraschende Ergebnis scheint zum Teil in der Aufmerksamkeit zu liegen, die Eltern ihren Kindern zuteil werden lassen. Dies wirkt sich vor allem auf die kognitive Entwicklung der ersten Jahre aus, die die kritischsten für die weitere Entwicklung eines Kindes sind. Je mehr Kinder, umso geteilter die Aufmerksamkeit. Aber die ungeteilte Aufmerksamkeit ist nicht der einzige Faktor, der sich auf den IQ eines Kindes auswirkt. Denn: Einzelkinder haben durchschnittlich einen weniger hohen IQ-Wert als Erstgeborene mit Geschwistern. Dieser Sachverhalt führt zu einem weiteren wichtigen Umstand hin: Die älteren Geschwister sind in ständiger sozialer und emotionaler Interaktion mit ihren jüngeren Geschwistern. Ihre Rolle bringt es mit sich, dass sie oft diejenigen sind, die den Jüngeren etwas vormachen und bereits Gelerntes an sie weitergeben. Damit verstärken sie erworbenes Wissen effizient und stärken
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