Wie Kinder heute lernen
doppelt so alt wie sein Bruder Johann, seine Schwester Johanna ist dreimal so alt wie Johann. Die Mutter der beiden ist doppelt so alt wie die drei Kinder zusammen. Sie ist 36. Errechne das Alter der Kinder.«
Der neunjährige Tim grübelt über seiner Mathehausaufgabe. Schließlich gibt er verzweifelt auf und hofft auf seinen Nachhilfelehrer Jan. Er ist Mathestudent im zweiten Semester und erteilt Tim zweimal pro Woche Nachhilfe in Mathematik. In Tims Klasse haben einige Kinder Nachhilfe. In der Klasse seiner Schwester Jana, die die Klasse acht des Gymnasiums besucht, bekommt fast ein Drittel der Kinder Nachhilfe.
Nachhilfe ist kein Ersatz fürs eigene Lernen. Wenn ein Schüler kein Interesse an der Schule und am Lernen hat, wird Nachhilfe ihm nicht wirklich »helfen«. Es gibt aber Situationen, in denen Nachhilfe sinnvoll sein kann:
› bei vorübergehender persönlicher Belastung (z. B. bei entwicklungspsychologischen Problemen, psychischen Problemen, Krankheiten, Problemen mit Mitschülern)
› bei familiären Problemen (Krankheit der Eltern, Scheidung der Eltern, ein Todesfall in der Familie oder Umzug)
› bei grundlegenden Problemen in einem Fach, die alleine nicht mehr zu bewältigen sind
› zur Vorbereitung auf eine Nachprüfung
› als Hausaufgabenbetreuung, wenn die Eltern dies nicht leisten wollen oder können.
Welche Art der Nachhilfe - ob Einzel- oder Gruppenunterricht oder Online-Nachhilfe - für Ihr Kind am geeignetsten ist, entscheiden Sie als Eltern, ihr Geldbeutel und die Art des Schulproblems. Steht ein Schüler drei Monte vor den Zeugnissen in zwei Fächern auf einer Fünf, empfiehlt sich eine intensive Einzelbetreuung. Geht es darum, in einem Fach nicht von einer Vier auf eine Fünf abzurutschen, ist Gruppenunterricht in einem Institut eine gute Lösung. Einige grundsätzliche Fragen und Aspekte sollte man aber genau bedenken, ehe man sich entschließt, die Noten seines Kindes durch Nachhilfe zu verbessern:
Nachhilfe muss früh genug einsetzen, nicht erst, wenn Ihr Kind bereits ungenügende Leistungen hat. Meist soll durch Nachhilfe verhindert werden, dass ein Schüler die Klasse wiederholen muss. Ein Schüler, der im Fach Latein mangelhafte Leistungen hat, kann diese Lücken aber nicht in zwei Wochen schließen. Eine Woche vor der letzten - die Versetzung entscheidenden - Klassenarbeit mit Nachhilfeunterricht zu beginnen, ist ineffizient und setzt das Kind nur noch stärker unter Druck.
Die Gefahr, dass Kinder sich an Nachhilfe gewöhnen, ist umso größer, je früher mit ihr begonnen wird. Machen Schüler schon in der Grundschule die Erfahrung, dass sie nicht ohne Nachhilfe auskommen, verlassen sie sich später hundertprozentig auf diese. Ihr Selbstbewusstsein (»Ich kann mir etwas Schwieriges alleine erarbeiten«) wird so kaum gefördert.
Nachhilfe kann träge machen. Im extremen Fall verlassen sich Kinder allein auf den »Lehrer am Nachmittag« und konzentrieren sich in der Schule noch weniger, weil der Lernstoff ja nachmittags erneut in privater Atmosphäre vermittelt wird.
Vorsicht: Nachhilfe führt unter Umständen auch zu einer erhöhten Erwartungshaltung der Eltern: »Du hast schließlich Nachhilfe. Warum hast du jetzt nur eine ›Drei‹ in der Englischarbeit?« Selbst wenn Eltern ihn nicht so offen aussprechen, der unterschwellige Vorwurf steht oft im Raum. Und ein Kind entwickelt dann möglicherweise eine verstärkte Angst vor Prüfungen.
Nachhilfe darf deshalb nicht zur Dauersituation werden, sie sollte zeitlich begrenzt sein. Etwas anderes ist es, wenn Kinder zu einer Hausaufgabenbetreuung gehen, also z. B. zwei Mal pro Woche in einer Lerngruppe ihre Hausaufgeben erledigen und Fragen zum Verständnis stellen. Eltern müssen auf jeden Fall mit dem Kind darüber sprechen, warum sie oder der Lehrer der Meinung sind, dass es Nachhilfe braucht. Eine aufgezwungene Nachhilfe ist nicht effektiv, weil sich das Kind möglicherweise dagegen sperrt oder als nicht kooperativ erweist. Außerdem muss man dem Kind zu verstehen geben, dass der Nachhilfeunterricht kein Eingeständ nis seiner Unfähigkeit ist oder es zur Unselbstständigkeit erziehen soll, sondern eine vorübergehende Hilfe. Eine wichtige Voraussetzung für effektiven Nachhilfeunterricht ist, dass der Nachhilfelehrer über die Defizite des Schülers genau informiert ist, am besten durch ein Gespräch mit dem Fachlehrer. Sprechen Sie aber auch mit den einzelnen Betreuern und mit ehemaligen Schülern einer
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