Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie Krähen im Nebel

Wie Krähen im Nebel

Titel: Wie Krähen im Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
Vom Netzwerk:
sagte: «Gut,
ci vediamo
. Ich habe Ihre Nummer und werde mich bei Ihnen melden.»
    Gar nicht so dumm, dachte Guerrini. Man nimmt die Nummer vom Display, geht in eine öffentliche Telefonzelle, und schon kann man nicht abgehört werden.
    Er lehnte sich in den Wagensitz zurück und stemmte die Arme gegen das Steuerrad, dachte, dass es gut wäre, Laura neben sich zu haben. Er wusste nicht, wie es um sie stand – die Begegnung war zu flüchtig gewesen, irgendwie unscharf. Er erinnerte sich nur an Ausschnitte, an ihren fließenden Kunstpelz, die warme Haut unter ihrem Pullover und ihre Ausflüchte, ehe sie sich umarmten, an Blicke, heimliche schnelle Berührungen hinter dem Rücken dieses deutschenPolizisten, der wie eine Anstandsdame über sie wachte mit seinen hellen Augen, denen nichts zu entgehen schien.
    Als sein Handy wieder klingelte, zuckte er leicht zusammen.
    «Ich bin interessiert an den Vögelchen. Wir können uns in einer halben Stunde vor dem David von Michelangelo treffen.» Sie wartete nicht auf seine Antwort.

 
    Als Laura am nächsten Morgen aufwachte, fand sie bereits eine dampfende Teetasse neben ihrem Bett, und kurz darauf streckte Luca seinen Kopf in ihr Zimmer.
    «Na, gut geschlafen? Du hast überhaupt nicht gehört, dass ich den Tee auf deinen Nachttisch gestellt habe. Geht’s dir besser, Mama?»
    «Hu, ich weiß noch nicht. Bin gerade erst aufgewacht. Warte mal   … ich habe Halsweh, Kopfweh, und alle Knochen schmerzen.»
    «Dann bleibst du am besten im Bett. Willst du was zum Frühstück? Ich muss nämlich in zehn Minuten weg – schreibe heute eine Deutsch-Schulaufgabe.»
    Laura setzte sich auf und schlürfte vorsichtig ein paar Schlucke heißen Tee.
    «Warte mal einen Moment!», sagte sie. «Ich möchte dich etwas fragen, Luca.»
    «Muss das jetzt sein? Ich hab’s wirklich eilig!»
    «Ja, es muss jetzt sein, weil es sonst zu groß und wichtig wird und dich vielleicht bei deiner Schulaufgabe stört.»
    Luca senkte den Kopf und starrte mit gerunzelter Stirn auf den Boden. «Ist es   … weil ich gestern nicht in der Schule war?»
    «Ja!» Laura musste husten. «Ich nehme an, dass du eine schriftliche Entschuldigung dafür brauchst, und ich möchte nicht, dass du meine Unterschrift fälschst! Warte   … keine voreiligen Proteste! Ich nehme nicht an, dass du mir davon erzählen wolltest. Also Schwamm drüber! Aber ich hättegern eine Begründung, und dann setze ich auch meine Originalunterschrift unter eine Entschuldigung!»
    Luca seufzte tief, biss auf seine Unterlippe, wiegte seinen Oberkörper unruhig hin und her. Langsam stellte Laura die Teetasse ab und sah ihren Sohn an.
    Nicht lügen, dachte sie. Bitte lüg mich nicht an, ich muss dir helfen, die Wahrheit zu sagen.
    «Luca   … es gibt ein paar Begründungen, die ich sofort akzeptieren würde: Eine davon wäre, dass du dich verliebt hast und Zeit für deine Freundin und dich haben wolltest. Die zweite wäre, dass du dir einfach ein Stück Freiheit nehmen wolltest! Allein in der Wohnung   … und den Rest der Welt vergessen!»
    Er warf Laura einen unsicheren Blick zu, zuckte die Achseln und stieß mit seinem rechten Fuß gegen Lauras Trolley, der noch immer unausgepackt mitten im Zimmer stand. Wieder seufzte er tief. «Okay! Ich hab ’ne Freundin. Es ist   …»
    «Halt! Du brauchst mir überhaupt nichts zu erzählen. Ich hoffe, ihr seid glücklich und beachtet die üblichen Vorsichtsmaßnahmen. Und jetzt druck deine Entschuldigung nochmal aus, ich werde sie unterschreiben!»
    «Danke, Mama!» Luca stolperte über Lauras Stiefel und war schon fort. Kurz darauf hörte Laura den Drucker des PC arbeiten. Sie kuschelte sich in ihre Kissen, dachte, wenn ich die Augen zumache, schlafe ich sofort wieder ein.
    Zwei Minuten später stand Luca wieder neben ihrem Bett und hielt ihr das Blatt Papier hin.
    «Magenverstimmung!» Laut las Laura das wesentliche Wort der beiden Sätze und setzte ihre Unterschrift unter das Dokument. «Ich wünsch dir viel Glück bei deinem Aufsatz!»
    «Wird schon werden! Brauchst du noch was, Mama?»
    Laura schüttelte den Kopf. «Ich werde jetzt schlafen unddie wilde Freiheit meiner Erkältung genießen. Die Krähen im Nebel vergessen!»
    «Was? Die Krähen sind übrigens gerade wieder vorbeigeflogen. Einfach irre!»
    «Ja, einfach irre! Ciao Luca!» Laura drehte sich um und zog die Decke über den Kopf.
     
    Der alte Doktor Gottberg grüßte den Polizisten vor dem Zimmer 201 der neurologischen Station. Sie

Weitere Kostenlose Bücher