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Wie Krähen im Nebel

Wie Krähen im Nebel

Titel: Wie Krähen im Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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augenblicklich in der Situation eines Einzelkämpfers, hätte es als unklug empfunden, die Carabinieri in den Fall einzuweihen. Dabei konnte er sein Verhalten nicht mal rational erklären. Es hatte etwas mit Instinkt zu tun, mit der Verpflichtung Laura gegenüber und mit Flavio. Er hatte nicht erwartet, dass dem jungen Mann etwas zustoßen könnte, fragte sich, ob Flavio auf eigene Faust den Mörder finden wollte und offensichtlich gefunden hatte.
    Die Durchsuchung des alten Lada hatte nicht viel gebracht, außer der Erkenntnis, dass Flavio wirklich sehr unordentlich war, gern Schokoladenriegel aß, seine Wagenpapiere im Handschuhfach aufbewahrte und die Fußballzeitung las. Aber er hatte auch ein Büchlein mit Telefonnummern gefunden. Eine davon interessierte ihn besonders.
«Nuovo telefono»
stand da. Zweimal unterstrichen.
    Am Ende der zweiten Stunde erhob sich Guerrini, zahlte und verließ die Bar. Er hatte sich dafür entschieden, ein zweites Mal seine Stellung als Commissario auszuspielen, mit seinem Ausweis zu pokern. Dieses Mal aber ohne Rückendeckung des alten Kollegen.
    Der Schnee war geschmolzen, die Straßen schimmerten feucht und es war schon wieder dunkel. Guerrini mochte die kurzen Tage nicht, hatte immer das Gefühl, sie würden ihm ein Stück Leben stehlen. Sorgsam blickte er sich um, ehe er die Eingangshalle des Krankenhauses betrat, näherte sich erst dann der Information, als er sicher sein konnte, dass keine Kollegen in der Nähe waren. Er zückte seinen Polizeiausweis und fragte nach dem jungen Mann mit der Stichverletzung, der letzte Nacht eingeliefert worden war.
    Es war eine Frau um die sechzig, die hinter der Glasscheibe saß und Guerrini prüfend musterte. Ihr graues Haar war zu einem straffen Knoten zusammengefasst, doch ihre Lippen hatte sie hellrot geschminkt. Sie trug eine Brille mit dunkelroter Fassung und kleine goldene Ohrringe.
    «Ah, wie viele von euch gibt’s denn noch, Commissario?», stöhnte sie. «Was ist denn so interessant an dem armen Kerl? Ist er ein Mafiaboss oder was?»
    «Wer weiß!», grinste Guerrini. «Es tut mir Leid, wenn ich auch noch komme, aber es geht nicht anders. Übrigens   … ich habe gerade erst meinen Dienst angetreten und bin noch nicht genau informiert   … hat man den Mann schon identifiziert? Wie geht es ihm denn?»
    «Das können Sie alles den Arzt fragen, Commissario. Ich bin hier nur die Wegweiserin. Aber soviel ich mitbekommen habe, ist er noch nicht übern Berg. Sein Name ist   … warten Sie   …» Sie gab ein paar Befehle in ihren Computer ein, trommelte ungeduldig mit rot lackierten Fingernägeln, nickte endlich zufrieden. «Da hab ich’s. Rinaldo Conte. Dasist er. Neunundzwanzig Jahre alt, Student der Soziologie und was   …? Ah ja, Sozialpsychologie. Deshalb studiert er wahrscheinlich noch, weil man damit ohnehin keinen Job findet!»
    «Vielleicht!» Guerrini blickte sich um. «Wohin muss ich denn, um den behandelnden Arzt zu finden?»
    «Fünfter Stock, den langen Gang zur Station CH 20, dann fragen Sie am besten eine Schwester.»
    «Danke, vielen Dank.» Guerrini verbeugte sich leicht und ging zum Lift.
    «Gern geschehen!», rief sie ihm nach. «Ich wünschte, alle Polizisten wären so höflich!»
    Guerrini wandte sich noch einmal um und lächelte ihr zu, obwohl er es für einen Fehler hielt. Sie wird sich an mich erinnern, dachte er. Stand lange, genau drei Minuten, ehe der Lift endlich kam, während sie immer wieder zu ihm hinüberschaute und lächelte. Endlich öffneten sich die Türen und er konnte entkommen.
    Vor der Station CH 20 im fünften Stock stand ein Polizist. Genau das hatte Guerrini befürchtet, deshalb schlug er die andere Richtung ein, trieb sich eine Weile auf den Gängen herum, fand das Treppenhaus und machte sich zu Fuß auf den Rückweg ins Erdgeschoss. Als er nach zwanzig Minuten wieder unten ankam, dachte er, dass die Zeitspanne seiner Abwesenheit ausreichen müsste, um die Dame nicht misstrauisch zu machen.
    Während er die Halle durchquerte, schaute sie nicht auf, doch kurz bevor er die große Drehtür erreicht hatte, rief sie laut: «Commissario! Warten Sie!»
    Unwillig drehte Guerrini sich um. Sie war aus ihrem Glaskäfig geeilt und winkte aufgeregt.
    «Warten Sie. Da hinten kommt Professore Albano. Er hat den jungen Mann operiert. Kommt gerade aus dem OP. Sie haben wirklich Glück!»
    Zwar zweifelte Guerrini an seinem Glück, doch er konnte nicht einfach verschwinden. Die Dame von der Rezeption

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