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Wie Krähen im Nebel

Wie Krähen im Nebel

Titel: Wie Krähen im Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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ihn und schaute hinein. Die Waffe trug einen Schalldämpfer, war aber erstaunlich klein, wie eine Damenpistole.
    «Sie lag also einfach so da   … was haben denn die Kollegen dazu gesagt?»
    «Na, das kannst du dir vorstellen! Die sind aus allen Wolken gefallen. Behaupteten, sie hätten letzte Nacht jeden Zentimeter abgesucht. Hat nicht gerade ihre Liebe zu unserem Dezernat gefördert, dass ich die Waffe innerhalb von zwei Minuten entdeckt habe.»
    Nachdenklich betrachtete Laura die Pistole, verschloss dann den Beutel und reichte ihn Baumann zurück.
    «Du nimmst auch an, dass es die Tatwaffe ist, nicht wahr?», sagte sie langsam.
    «Liegt doch nahe, oder?»
    «Sehr nahe», nickte Laura. «Im Labor kann das schnell festgestellt werden! Irgendwie liegt es mir fast zu nahe!»
    Baumann runzelte die Stirn. «Bitte stell meinen Triumph über die Kollegen nicht in Frage!»
    «Tu ich ja nicht. Wahrscheinlich ist es die Tatwaffe, aber möglicherweise hat sie gestern Nacht noch nicht neben den Gleisen gelegen!»
    Der junge Kommissar drehte die Augen zur Decke.
    «Du magst es gern kompliziert – wie immer! Kannst du mir nicht ein einziges Mal die Illusion lassen, dass ich einen Fall innerhalb weniger Minuten gelöst habe?»
    Laura lächelte. «Setz dich und erklär mir deine Lösung. Ich bin gespannt!»
    «Da lauert schon wieder dieser sanfte Sarkasmus in deiner Stimme!», seufzte Baumann und zog sich einen Stuhl heran. «Meine Theorie ist schlüssig und liegt durchaus im Bereich des Möglichen. Ich denke – wie du vermutlich bereits annimmst – an diesen Unbekannten, der neben den Gleisen lag! Und zwar neben den Gleisen des Eurocity aus Rom. Genau dort habe ich auch die Pistole gefunden. Es wäre also möglich, dass dieser Unbekannte die Frau erschossen hat und kurz vor der Einfahrt des Zuges abgesprungen ist. Dabei kam er so unglücklich auf, dass er sich eine schwere Kopfverletzung zuzog.»
    Laura runzelte die Stirn und stützte das Kinn in eine Hand. «Wieso sollte er abspringen, wenn er auch einfach aussteigen kann?»
    Baumann rieb seinen Schnurrbart. «Er bekam Panik, vielleicht hat jemand ihn beobachtet. Oder er fürchtete, dass jemand ihn erkennen könnte. Jemand, der die Frau erwartete, zum Beispiel. Es könnte Menschenhandel dahinterstecken. Immerhin sieht es so aus, als wäre die Frau Prostituierte gewesen.»
    «Hmm», machte Laura. «Und wo ist das Gepäck der beiden geblieben, wo ihre Ausweise und all das Zeug?»
    Peter Baumann seufzte tief. «Er hat die Koffer aus dem Zug geworfen – irgendwo oben in den Bergen. Die Ausweise hat er versteckt, vielleicht in der Verkleidung eines Abteils oder in einem Sitz. Er kann sie auch in den Müll gestopft haben, vermischt mit Bananenschalen in einer Abfalltüte. Findet niemand!» Baumanns Stimme wurde lauter und gleichzeitig unsicherer, und er wippte nervös mit seinem rechten Bein.
    «Warum sollte er seinen eigenen Ausweis vernichten, sein Geld, seine Bankkarte, seinen Fahrschein?», fragte Laura nachdenklich.
    «Was weiß ich! Vielleicht hatte er noch einen zweiten irgendwo deponiert. Vielleicht war es ein Auftragsmord der Mafia. Da laufen die Killer nicht mit ihrem Ausweis rum!»
    Laura verkniff sich ein Lächeln. «Ich weiß nicht», sagte sie leise, «es könnte so ähnlich gewesen sein. Aber ich glaube es nicht ganz. Ich glaube, dass die Pistole noch nicht neben den Gleisen lag, als unsere Kollegen den Unfallort untersucht haben. Und ich halte es auch für möglich, dass der Unbekannte aus dem Zug geworfen wurde – vielleicht sogar bewusstlos. Aber ehe wir nicht die Identität der Toten und des Verletzten kennen, kommen wir da nicht weiter. Ehrlich gesagt, habe ich noch nicht mal damit angefangen, ernsthaft nachzudenken.»
    «Manchmal machst du mich wütend, Laura Gottberg!», murmelte Baumann. «Du sagst mir nicht die Wahrheit. Wenn du nicht über diese Geschichte nachdenken würdest, hättest du nicht unzählige E-Mails geschrieben und den ganzen Nachmittag recherchiert.»
    Laura schüttelte den Kopf.
    «Du irrst dich. Was ich im Augenblick mache, ist eine ArtSpaziergang im Nebel. Kann sein, dass ich nie mein Ziel erreiche oder mich hoffnungslos verlaufe. Es ist ein Versuch, Kommissar Baumann!»
    «Na gut!» Baumann stand auf und ging zur Tür. «Ich bring jetzt diese Pistole ins Labor. Einer von unseren Leuten sollte auch Fingerabdrücke von deinem Komapatienten nehmen, findest du nicht?»
    «Klar», antwortete Laura. «Ich werde mich darum kümmern. Aber ich

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