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Wie Krähen im Nebel

Wie Krähen im Nebel

Titel: Wie Krähen im Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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glaube nicht, dass er’s war.»
    «Deine Intuition? Oder hat er deine mütterlichen Gefühle geweckt?» Baumann duckte sich hinter den Türrahmen.
    «Ach, verschwinde! Schau ihn dir selber an, dann reden wir weiter!»
    «Und wann fahren Frau Hauptkommissarin wieder nach Italien?» Baumann lugte vorsichtig hinter dem Türrahmen hervor. «Ich meine nur, es liegt doch nahe – in jeder Hinsicht!» Blitzschnell zog er seinen Kopf wieder ein.
    «Geh nach Hause zu deinem Damenmantel mit rot kariertem Futter!», sagte Laura. «Aber schnell! Und schaff morgen ein paar Reisende aus dem Eurocity her!»
     
    Auf dem Weg zum Krankenhaus hielt Laura vor einem Supermarkt, stopfte in den Einkaufswagen, was ihr spontan einfiel, während sie eilig an den Regalen vorüberlief. Natürlich hatte sie keine Einkaufsliste dabei, und sie beschloss, an diesem Abend nicht zu kochen, sondern ein paar Gerichte beim Chinesen mitzunehmen. Sofia liebte gebratene Nudeln und Luca Hühnchen mit Mandeln.
    Der Nebel war noch immer da. Kalt und feucht kroch er in Lauras Knochen. Schon nach wenigen Minuten im Freien hatte sie das Gefühl, vollkommen durchgefroren zu sein. Wenn sie die schwere Luft zu tief einatmete, musste sie husten. IhreEinkäufe hatte sie im Wagen verstaut und lief zu Fuß durch diese unscharfe Wattewelt, die erst in der Eingangshalle des Krankenhauses wieder klare Formen annahm. Diesmal ging alles schneller, der Dienst habende Arzt auf der Intensivstation hieß an diesem Abend nicht Standhaft, sondern Balnjewski, war klein und freundlich, irgendwann aus Polen gekommen und dageblieben. Und im Gegensatz zu Standhaft schien er sich über Lauras Besuch zu freuen, sprach augenzwinkernd von ein bisschen Abwechslung im Alltag des Schreckens. Und dass er München liebe, München und Paris. Er reichte Laura einen Kittel, Plastikhüllen für ihre Schuhe, führte sie zu dem Komapatienten und hob ratlos die Hände.
    «Seine Werte sind sehr gut – selbst die Hirnströme. Er müsste eigentlich längst aufgewacht sein. Es ist uns nicht ganz klar, warum er nicht zurückkommt. Aber bei schweren Gehirnerschütterungen und Schädelbrüchen kann man nie ganz genau sagen, wie die Menschen reagieren. Vielleicht kommt auch ein anderes Trauma hinzu – ein seelisches zum Beispiel. Ein schwerer Schock kann ebenfalls zu einer Verlängerung des Komas führen. Manche Leute wollen einfach nicht ins Leben zurück.» Er lächelte irgendwie kummervoll, verzog den Mund dabei und massierte mit der linken Hand seinen rechten Handrücken.
    «Manchmal kann man das auch verstehen, nicht wahr, Frau Kommissarin? Ich finde es übrigens ganz speziell, wirklich speziell, dass ich Sie kennen lerne. Bisher kenne ich Kommissarinnen nur aus dem Fernsehen. Sind Kommissarinnen so wie im Fernsehen? Ich meine – ist das realistisch?»
    «Na ja!», sagte Laura. «Manchmal mehr, meistens weniger. Ist eben Fernsehen!»
    «Sehen Sie sich das an? Ich meine, die Sendungen mit den Kommissarinnen – gibt inzwischen jede Menge davon, nicht wahr?»
    Laura warf dem Arzt einen prüfenden Blick zu: noch einer mit Rededurchfall, wie dieser italienische Schaffner.
    Laut sagte sie: «Ich sehe kaum fern. Zu viel zu tun. Könnten Sie mich jetzt bitte ein paar Minuten mit dem Patienten allein lassen?»
    Balnjewski verzog wieder unglücklich das Gesicht und nickte. «Selbstverständlich, Frau Kommissarin. Sie müssen sich ja ein Bild machen. Wenn Sie mich brauchen, ich bin im Ärztezimmer, gleich rechts, oder bei einem der anderen armen Kerle hier.»
    «Danke!»
    Laura wartete, bis der Arzt endlich verschwunden war, dann erst betrachtete sie das Gesicht des Unbekannten. Es schien ihr weniger verzerrt als letzte Nacht, obwohl sich von seiner Stirn inzwischen ein dunkles Hämatom bis zum rechten Auge hinabzog. Vollkommen schlaff und entspannt lag sein Körper auf dem spartanischen Bett, und Laura fragte sich, ob er nicht fror, denn nur ein grünes Laken war locker über seine Beine und den Bauch geworfen.
    Mütterliche Gefühle, dachte Laura grimmig. Hab ich die? Eher unbotmäßige Begeisterung über seine Schönheit. Verbindet mich mit dem schwulen Krankenpfleger von letzter Nacht. Angelo wäre entzückt, wenn er wieder einen Hinweis auf meine erotischen Abgründe finden könnte. Aber ich werde es ihm nicht erzählen! Bin gespannt, was die Laboruntersuchung der Waffe und der Kleidung dieses Jungen ergeben wird.
    Fünf Minuten lang verharrte sie neben dem Bett, beobachtete die Schläuche, die Atmung,

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