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Wie Krähen im Nebel

Wie Krähen im Nebel

Titel: Wie Krähen im Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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nur eine Frage. Ihr Kollege Bertolucci hatte da weniger Hemmungen!»
    Castelli schien nach Luft zu schnappen. «Ach der! Den dürfen Sie nicht so ernst nehmen!» Mit diesen Worten war er zur Tür hinaus. Laura aber dachte eine Weile darüber nach, welch ausgeprägte Persönlichkeiten Dienst in italienischen Zügen taten.
     
    Peter Baumann kam zu spät zur Lagebesprechung. Den Damenmantel hatte er inzwischen mit seiner Lederjacke vertauscht.
    Warum er wohl immer zu spät kommt, dachte Laura, alser den kleinen Konferenzraum betrat, ein wenig außer Atem, mit diesem entschuldigenden Lächeln um die Lippen, das alle im Morddezernat kannten.
    «Hab ich was versäumt?», fragte er und ließ sich geräuschvoll auf einen Stuhl fallen. «Tut mir Leid, dass ich zu spät komme, aber ich war hinter den Putzfrauen her.»
    «Und? Hast du sie erwischt?», fragte Laura.
    «Nicht so ganz. Es muss eine Menge unsichtbarer Putzfrauen geben, die Züge sauber machen.»
    Andreas Havel grinste, Dr.   Reiss und Kriminaloberrat Becker verzogen keine Miene.
    «Was haben Sie zu berichten, Baumann?», fragte Becker in sachlichem Tonfall, verkniff sich ausnahmsweise eine bissige Bemerkung über Baumanns spätes Erscheinen.
    «Nicht viel. Diese Reinigungsfirma wirkt ziemlich dubios. Die konnten oder wollten mir nicht sagen, wer im Wagen zwölf Dienst hatte. Wirkten irgendwie völlig konfus. Vor allem, als ich sagte, dass eine Frau bei der Polizei angerufen habe, um den Mord zu melden. Und zwar zu einer Zeit, als die Putzkolonne schon in Aktion war. Sie haben mir dann ein paar Frauen genannt, die aber alle keine Ahnung hatten und in völlig anderen Wagen oder Zügen gearbeitet haben.»
    «Klingt nach Schwarzarbeit!», sagte Havel.
    «Das dachte ich auch!» Baumann nickte.
    «Aber nachweisen können wir das natürlich erst, wenn wir die Frauen gefunden haben! Setzen Sie die Firma unter Druck, Baumann!» Kriminaloberrat Becker nickte heftig, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, wandte sich dann an Havel und zog fragend die Augenbrauen hoch.
    Der Kriminaltechniker räusperte sich, machte dann ein schmatzendes Geräusch, indem er die Lippen einzog und wieder hervorschnellen ließ.
    «Tja!», sagte er. «Eine merkwürdige Geschichte. Der Türmechanismus der Toilette war außer Betrieb gesetzt. Normalerweise öffnen sich diese Türen, indem man auf einen Knopf drückt. Diese Tür aber war gewaltsam geöffnet worden. Nicht sehr weit allerdings, gerade weit genug, um die Leiche zu entdecken. Ich nehme deshalb an, dass eine oder mehrere dieser unsichtbaren Putzfrauen die Tür aufgestemmt haben. Dann sind sie abgehauen und eine hat angerufen. Für die Tat bedeutet das: Der Täter muss diesen Mord geplant haben. Er kannte die Tür, hatte vermutlich einen Generalschlüssel wie ein Schaffner oder der Zugführer. Das Bahnpersonal kann alle Toiletten von außen öffnen. Vermutlich hat der Täter die Frau beobachtet und ist ihr auf die Toilette gefolgt. Mit dem Generalschlüssel hat er die Tür geöffnet und die Frau erschossen. Aus welchen Gründen auch immer. Wir haben keine Spuren eines Kampfes gefunden. Keine Tatwaffe. Der Rucksack hat auch nicht viel hergegeben. Keinerlei Hinweise auf die Identität der Frau.»
    Becker seufzte und sah Laura Gottberg an.
    «Sie haben doch mit den Schaffnern gesprochen, Laura. Hat sich da etwas ergeben?»
    «Jede Menge! Einer hat mich beinahe totgeredet. Alle haben die Frau gesehen, kontrolliert, ihr Kaffee verkauft, Vermutungen über sie angestellt. Aber niemand hat auch nur einen Mucks von ihrem Ende gehört. Angeblich.»
    «Welche Vermutungen?» Becker lockerte den Knoten seiner Krawatte.
    «Ein Schaffner hielt die Tote für eine Prostituierte. Behauptete, sein Gefühl würde ihm so etwas sagen!»
    «Wofür halten Sie die Dame, Doktor?» Becker wandte sich dem Arzt zu, der heute noch blasser aussah als letzte Nacht, und Laura war erleichtert, dass ihr Vorgesetzter seinen klaren und professionellen Tag hatte, was nicht immer der Fall war.Der Gerichtsmediziner griff nach einem Blatt Papier; seine Hand zitterte ein wenig.
    Er ist total erschöpft, dachte Laura. Gönnt sich keine Pause, dieser Typ. Es machte sie ärgerlich. Warum machte es sie ärgerlich?
    Jetzt fing er an zu sprechen, mit dieser kratzigen Stimme, die stets ein bisschen zu leise war und irgendwie ironisch, was immer der Arzt auch sagte.
    «Es ist schwer, etwas über den Charakter eines Menschen zu sagen, wenn man ihn aufschneidet», sagte er. «Sie hatte

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