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Wie Krähen im Nebel

Wie Krähen im Nebel

Titel: Wie Krähen im Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Guerrini benötige, sondern damit du die Ermittlungsergebnisse der Kollegen studierst! Wir sehen uns später!»
    Sie nahm die Veränderung in seinem Gesicht wahr, das leichte Zucken seiner Lippen, das schnelle Abwenden des Blicks, und wusste, dass sie ihn sehr verletzt hatte. Trotzdem besaß er kein Recht, über Guerrini zu urteilen und auf diese Weise seine Eifersucht auszudrücken. Deshalb drehte Laura sich um und ging, ohne sich zu entschuldigen oder halbherzige Besänftigungsversuche zu unternehmen. Sie war wütend, wollte Guerrini nicht so gegenübertreten. Deshalb blieb sie ein paar Minuten in der pompösen Eingangshalle stehen und versuchte sehr bewusst zu atmen. Erst als ihr Herz wieder gleichmäßig und ruhig schlug, öffnete sie die schwere Eingangstür und trat auf den Platz hinaus. Ein Schwarm Spatzen flog auf, flatterte knapp über die unvermeidliche Gruppe japanischer Touristen hinweg, bog scharf um die Ecke des Palazzo und verschwand im angrenzenden Park. Laura sah zu Guerrinis Wagen hinüber. Der Commissario hatte das Seitenfenster herabgelassen und sprach mit einem jungen Carabiniere, jetzt zeigte er offensichtlich seinen Polizeiausweis, gestikulierte ein bisschen. Der Soldat prüfte den Ausweis, reichte ihn dann zurück und salutierte.
    Erst als er zum Wachhäuschen zurückgegangen war, lief Laura zum Wagen und stieg schnell ein. Guerrini fuhr sofort los, hielt aber an, sobald sie außer Sichtweite des Palazzo Pitti waren. Es war kein besonders günstiger Platz um anzuhalten – mit zwei Rädern auf dem Bürgersteig. Nahezu jeder vorbeikommende Fußgänger bückte sich ein wenig und schaute vorwurfsvoll durchs Seitenfenster.
    Guerrini achtete nicht darauf. Er lehnte mit dem Rücken an der Fahrertür und sah Laura an. Nein, sie war nicht wirklich fremd. Es gab auch viel Vertrautes in ihrem Gesicht, in ihrer Verlegenheit, und er fand, dass sie ziemlich gut aussah in ihrem langen dunklen Mantel. Aber er wusste einfach nicht, was er sagen sollte, suchte mit zunehmender Unruhe nachdem erlösenden Satz, der genau da anknüpfen konnte, wo sie sich getrennt hatten – im Flughafen von Florenz Ende September. Die Telefonate waren etwas ganz anderes gewesen, eine andere Form von Kommunikation, die Guerrini unsicher gemacht hatte, denn er telefonierte nicht besonders gern und brauchte das Gegenüber, um wirklich in Kontakt zu treten.
    Und dann wusste er plötzlich, was er sagen konnte – es war ganz einfach. Er räusperte sich, sah das winzige Lächeln in ihren Augen und sagte: «Es ist seltsam, aber gerade eben ist genau dasselbe geschehen wie bei unserem Abschied. Dieser junge Mann hat mich überprüft, weil er mich für einen potenziellen Terroristen hielt. Solche Dinge passieren mir nur, wenn du in der Nähe bist!»
    Laura lachte leise, rückte aber ein Stück von ihm fort, lehnte sich ihm gegenüber an die Beifahrertür.
    «Ich weiß, es klingt dumm – aber ich habe Angst, dich anzufassen, Angelo   … dabei würde ich es so gern tun!»
    Guerrini senkte den Kopf und lächelte zurück.
    «Vorhin hätte ich gern meine Hände unter deinen Mantel gesteckt!», sagte er leise. «Dass ich es nicht getan habe, lag nicht nur an deinem Assistenten. Es war, als fehlte ein Verbindungsstück, wie in einem Puzzle   …» Er hatte plötzlich Mühe zu atmen, die Furcht, dass ihre Begegnung nur ein flüchtiges Abenteuer gewesen sein könnte, zog sich wie ein Würgeeisen um seine Kehle.
    «Ja!», hörte er sie murmeln. «Das Verbindungsstück. Vielleicht ist es nur ein Teller Pasta und ein Glas Wein in Serafinas Osteria. Ich habe dich vermisst, Angelo. Manchmal hat mir alles wehgetan, so sehr habe ich dich vermisst!»
    Jemand klopfte ans Fenster der Beifahrertür, doch weder Guerrini noch Laura nahmen Notiz davon.
    «Warum hast du dann Angst davor, mich anzufassen?», fragte er und kam sich plump und ungeschickt vor.
    «Weil   … ich mich verlieren könnte. Ich hatte in den letzten Monaten öfter den Gedanken, dass ich vom rechten Weg abgewichen bin. Und ich habe mich angestrengt, auf genau diesen zurückzukehren   …»
    Guerrini nickte und schaute auf Lauras Mund. «Das dachte ich mir!», antwortete er langsam. «Es klang am Telefon so. Erinnert mich an das Ticken in deinem Kopf, das wir beide in dieser denkwürdigen Nacht am Meer gehört haben   …»
    «Ich hab es nicht gehört! Das warst du!»
    Guerrini hob die Augenbrauen. «Ich bin sicher, dass auch du es gehört hast, Laura. Du wolltest es nur nicht

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