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Wie Krähen im Nebel

Wie Krähen im Nebel

Titel: Wie Krähen im Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Vögelchen zu treffen, ist der Giardino Boboli. Es gibt dort ein riesiges Gesicht, eine moderne Skulptur. Sie steht auf dem Hügel gleich hinter dem Palazzo Pitti. Sie ist ganz leicht zu finden. Aber kommen Sie allein, sonst fliegen die Vögel weg, Signora.
Ci vediamo
– um halb fünf!»
    Laura hatte den Anruf aufgenommen, reichte ihr Telefon an Guerrini weiter, damit er die Antwort des Unbekannten abhören konnte.
    «Um halb fünf ist es bereits dunkel, und ich denke, dass die Gärten vor Einbruch der Dunkelheit geschlossen werden», murmelte er, nachdem er aufmerksam gelauscht hatte. «Washat deine blasse Frau in München über ihren Verbindungsmann in Florenz gesagt?»
    «Nicht besonders viel. Was sie sagte, drehte sich vor allem um Vertrauen und einen Test, den ich bestehen müsste. Ganz besonders wichtig schien ihr, dass ich die italienische Polizei nicht einschalte, aber das habe ich dir bereits gesagt.»
    «Nicht ganz unintelligent, die Dame!», erwiderte Guerrini mit grimmigem Gesichtsausdruck. «Machen wir uns also auf den Weg in die Gärten, ehe die Tore sich schließen und wir klettern müssen.» Er hakte Laura unter und kehrte mit ihr zum Wagen zurück.
    Diesmal fanden sie einen Parkplatz in der Nähe des Palazzo Pitti, und auch die verschnörkelten schmiedeeisernen Tore zum Park standen noch offen. Der Mann, der die Eintrittskarten verkaufte, war jedoch strikt dagegen, dass noch jemand die Gärten betrat.
    «In zehn Minuten wird geschlossen!», rief er dramatisch aus und wedelte mit beiden Armen. «Warum wollen Sie fünf Euro für zehn Minuten hinauswerfen? Es fängt sogar an zu schneien! Sehen Sie, Signori!»
    Und wirklich, feine Schneeflocken lösten sich aus den Nebelschwaden, schmolzen auf ihren Gesichtern, glitzerten in ihren Haaren, auf ihren Mänteln. Der Kassierer zog den Schal bis über seine Nase und rückte seine Mütze tief in die Stirn.
    «Wir sind heute in der Stimmung, fünf Euro rauszuwerfen! Es sind unsere fünf Euro, oder?», antwortete Guerrini ebenfalls ziemlich laut.
    Der Kassierer schüttelte seinen Kopf und brummte etwas, das sich wie
«tutti matti»
anhörte und so viel wie «lauter Verrückte» bedeutete. Er nahm die fünf Euro und drehte ihnen den Rücken zu.
    Laura wunderte sich ein wenig, dass er einfach nebendem offenen Tor wartete, obwohl das Wetter so schlecht war und ein paar Meter weiter ein gemütliches Kassenhäuschen stand.
     
    Zum Glück kannten Laura und Guerrini die Gardini di Boboli ziemlich gut. Laura hatte schon als Kind hier gespielt, wenn sie mit ihrer Mutter die Tanten besuchte, und Guerrini hatte lange genug im Florentiner Polizeidienst gearbeitet. Deshalb umrundeten sie den Hügel, auf dessen höchstem Punkt der riesige Bronzekopf stand, den ein Künstler nach dem Porträt des römischen Kaisers Augustus angefertigt hatte.
    Um zehn nach vier trennten sie sich. Laura wanderte langsam um ein großes Wasserbecken, an dessen Rändern im Sommer Zitronenbäumchen in großen Terrakottatöpfen wuchsen. Jetzt war das Becken leer, die Zitronenbäumchen wohl im Gewächshaus. Schwarze Zypressen grenzten den Süden wie eine Wand finsterer Soldaten. Laura trug keine Waffe bei sich, fragte sich jetzt, ob es klug gewesen war, Guerrinis Pistole zurückzuweisen. Noch vor wenigen Minuten war sie der Meinung gewesen, dass bei einer ersten Kontaktaufnahme jede Waffe Vertrauen zerstören musste. Aber angesichts der schwarzen Zypressen fröstelte sie plötzlich und dachte an die toten Frauen. Sie war ziemlich sicher, dass der Unbekannte sie bereits beobachtete. Deshalb hatte Laura Guerrini in eine völlig andere Richtung geschickt, hoffte, dass er schnell genug war, um vor ihr in die Nähe des vereinbarten Treffpunkts zu gelangen.
    Zwanzig nach vier. Es war bereits dunkel. Die Lichter der Stadt warfen rötlichen Schein in die Wolken. Schneeflocken schwebten lautlos zu Boden. Laura nahm den breiten Weg, der auf den Hügel führte. Parallel dazu verlief eine Art Tunnel aus geflochtenen Büschen, eine Spielerei aus den Zeitender Medici, sorgsam erhalten und lebendig genug, um Laura das Gruseln zu lehren. Immer wieder meinte sie Schritte neben sich zu hören. Doch sobald sie anhielt, war es um sie herum ganz still. Nicht einmal ein Ästchen knackte. Außer dem feinen Knistern der winzigen Schneekristalle und dem fernen gedämpften Rauschen der Stadt war nichts zu hören. Niemand war unterwegs in dieser Schattenwelt. Der Unbekannte hatte wirklich eine gute Zeit gewählt.
    Laura gab

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