Wie man einen verdammt guten Roman schreibt
in sie, daß er stottert, wenn er in ihrer Nähe ist. Sie ist anfangs an ihm interessiert, weil er so ein kluger Kopf sein soll, aber bald langweilt er sie. Es ist nicht lustig mit ihm, und Sheila ist gern lustig. Also beginnt sie Ausflüchte zu machen, warum sie nicht mit ihm ausgehen kann. Er ist verzweifelt. Er wird schwermütig, möglicherweise denkt er an Selbstmord.
Wenn er sich umbringt, lautet Ihre Prämisse. »Große Liebe führt zum Selbstmord.«
Wenn er mit einem anderen, ernsthafteren Mädchen glücklich wird: »Unerwiderte Liebe führt dazu, daß man die Liebe eines anderen akzeptiert.«
Wenn er sich in seine Arbeit stürzt: »Unerwiderte Liebe führt zu Arbeitswut.«
DIE DREI VARIABLEN DER PRÄMISSE
Es gibt zwar kein Patentrezept dafür, wie man Prämissen aufbaut, aber Egri zufolge sollte jede gute Prämisse einen Aspekt der Hauptfigur enthalten, der durch einen Konflikt zu einer Lösung führt. Ein Feigling zieht in den Krieg und wird ein Held. Ein tapferer Mann nimmt an einer Schlacht teil und wird ein Feigling. Samson werden die Haare abgeschnitten, und er verliert seine übermenschlichen Kräfte, gewinnt sie aber wieder zurück. Wenn Sie Ihre Prämisse formulieren, vergessen Sie diese drei Variablen nicht: Hauptfigur, Konflikt, Lösung. Eine spannende Geschichte besteht in der Verwandlung der Hauptfigur durch eine Krise; die Prämisse ist eine knappe Zusammenfassung dieser Verwandlung.
Sie möchten vielleicht wissen, ob es zulässig ist, eine Prämisse zu verwenden, die schon einmal verwendet worden ist. Natürlich. Prämissen sind nicht urheberrechtlich geschützt. Flauberts Madame Bovary und Tolstois Anna Karenina haben dieselbe Prämisse (Unerlaubte Liebe führt zum Tod). Genauso wie zahllose schlechtere Romane, die Bestseller geworden sind. Wie viele Romane könnte man aus dem Samson-undDelila-Stoff machen? Hunderte. Haben Sie je eine Geschichte gelesen, in der ein einfaches, aber würdiges Mädchen am Ende den Märchenprinzen bekommt? Die ist millionenfach geschrieben worden und wird noch millionenfach geschrieben werden. Also stehlen Sie alle Prämissen, die Ihnen gefallen. Jeder amerikanische Schriftsteller könnte einen Roman mit der Prämisse schreiben: »Geldgier führt zur Erfüllung«, und nicht zwei von ihnen würden sie auf dieselbe Art unter Beweis stellen.
PRÄMISSE UND SELEKTION
Selektion - auszuwählen, was in einen Roman gehört und was nicht - ist ein wichtiger Teil der Arbeit des Schriftstellers. Er macht es richtig, wenn er Szenen, Schilderungen, Figuren und Dialoge ausläßt, die für die Geschichte entbehrlich sind. Wenn ein Schriftsteller diese Aufgabe gut gelöst hat, rindet der Leser die Geschichte »dicht«. Wenn nicht, kommt dem Leser die Geschichte »weitschweifig« vor. Die Kenntnis Ihrer Prämisse erlaubt Ihnen, den Unterschied zu erkennen. Um zu erläutern, wie die Prämisse einem Schriftsteller helfen kann, seine Auswahl zu treffen, sehen wir uns zunächst an, wie ein Sachbuchautor vorgehen würde. Angenommen, Sie hätten vor, ein Buch über Harry S. Truman zu schreiben. Sie wollen es Harry Truman und seine Zeit nennen. Sie denken daran, folgende Punkte zu behandeln:
1. Eine Darstellung von Harry Trumans Werbung um seine Frau Bess.
2. Eine Darstellung von Harry Trumans Karriere als Vertreter.
3. Eine Sammlung von Bess Trumans Lieblingsrezepten.
4. Eine Kritik der Truman-Doktrin.
5. Trumans Jahre als Ex-Präsident aus der Retrospektive.
Welche von diesen Punkten würden in Ihr Sachbuch aufgenommen werden? Sie können das vorerst noch nicht entscheiden, denn ein Buch mit dem Titel Harry Truman und seine Zeit könnte auf jeden dieser Punkte eingehen oder auf gar keinen. Wovon hängt Ihre Entscheidung ab? Sie hängt von Ihrer Prämisse ab, davon, was Sie sagen oder beweisen wollen. Falls Sie vorhaben, eine Biographie zu schreiben, könnten Bess’ Lieblingsrezepte eine Rolle spielen; falls Sie eine politische Analyse schreiben, wäre das nicht der Fall. Eine Kritik der Truman-Doktrin sollte das Buch enthalten, wenn Sie über seine politische Laufbahn, aber nicht, wenn Sie über sein Privatleben schreiben. Selektion - was dazugehört und was nicht — hängt von Ihrer Prämisse ab.
Bei einem fiktionalen Werk hängt die Entscheidung des Autors, was es enthalten soll und was nicht, ebenfalls von der Prämisse ab. Angenommen, Sie wollen eine Geschichte schreiben, die die Prämisse belegt: »Liebe führt zu
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