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Wie man einen verdammt guten Roman schreibt

Wie man einen verdammt guten Roman schreibt

Titel: Wie man einen verdammt guten Roman schreibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James N. Frey
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in einem Verhältnis von Ursache und Wirkung zu dem steht, was davor passiert ist, ist es keine spannende Geschichte. Aristoteles hat gesagt: »Unter den einfachen Fabeln und Handlungen sind die episodischen die schlechtesten. Ich bezeichne die Fabel als episodisch, in der die Episoden weder nach der Wahrscheinlichkeit noch nach der Notwendigkeit aufeinanderfolgen.« Mit anderen Worten: kein Ursa-che-Wirkungs-Verhältnis. Ohne ein solches Verhältnis bilden die Episoden keinen Höhepunkt. Also kann eine spannende Geschichte nur eine Prämisse haben, weil sie auch nur einenHöhepunkt haben kann. Auf dem Höhepunkt wird der zentrale Konflikt gelöst. Das ist dasselbe, als würde man sagen: Die Prämisse ist bewiesen.

        Ein Roman kann natürlich aus mehr als einer Geschichte bestehen. Der alte Mann und das Meer ist eine Geschichte. Ebenso Madame Bovary. Dito Einer flog über das Kuckucksnest. Aber Irwin Shaws Roman Reicher Mann, Armer Mann besteht aus vielen Geschichten. Die Geschichten hängen miteinander zusammen, weil sie alle Mitglieder der Familie Jordache betreffen. Der Roman als ganzer hat keine Prämisse, nur einen Rahmen, aber jede Geschichte innerhalb des Rahmens hat ihre eigene Prämisse. Es sind parallel laufende, für sich bestehende Geschichten oder Subplots, die zu einem Roman miteinander verwoben sind. Sie haben alle ihre eigene Prämisse, wie jede andere Geschichte auch.

    PRÄMISSEN, DIE FUNKTIONIEREN, UND SOLCHE, DIE NICHT FUNKTIONIEREN

        Im ersten Kapitel haben wir uns eine Detektivgeschichte angesehen. Sie drehte sich um einen jungen Detektiv namens Boyer Bennington Mitchell, dem es darum ging zu beweisen, daß er sich mit seinem hartgesottenen Vater durchaus messen konnte. Boyer war dabei, ein Verbrechen aufzuklären: Eine Frau hatte ihren Mann ermordet, um ihrer Familie die Schande zu ersparen, ihn als Drogendealer entlarvt zu sehen. Was ist die Prämisse der Geschichte? Wie wäre es mit: »Die Wahrheit kommt an den Tag« ?

    Gut? Die Mörderin wird am Ende erwischt, und ihr Verbrechen wird aufgedeckt, oder? Die Wahrheit kommt tatsächlich an den Tag. Ist das nicht ‘ne saubere Prämisse? Nein, ist es nicht. Sie ist viel zu vage. Sie paßt auf jeden Detektivroman, der je geschrieben worden ist. Eine Prämisse muß auf die jeweilige Geschichte zugeschnitten sein. In diesem Fall tötet die Mörderin, um der Schande zu entgehen, wird geschnappt und der Schande preisgegeben. Also lautet die Prämisse: »Das Verlangen, der Schande zu entgehen, gibt sie und diejenigen, die sie zu schützen hoffte, der Schande preis.«
        Ihr Wunsch, ihre gesellschaftliche Stellung zu wahren, ist tatsächlich eine verzehrende Leidenschaft. Er verleitet sie dazu zu töten. Die Prämisse könnte genauer gefaßt werden: »Verlangen nach gesellschaftlicher Stellung führt zu Schmach und Schande.«

        Hier folgen einige Prämissen, die so allgemein gehalten sind, daß sie wertlos sind:

    • Fremden soll man nicht trauen.

    • Armut ist schlecht.

    • Krieg tötet Menschen.

    • Liebe ist gut.

    • Leben führt zum Tod.

    • Das Leben ist zu kurz.

    Die meisten dieser Prämissen können folgendermaßen in brauchbare Prämissen umformuliert werden:

    • Vertrauen (zu einem Fremden) führt zu Enttäuschung.

    • Zügellose Gier (verursacht durch Aufwachsen in Armut) führt in die Isolation.

    • Krieg macht auch den Edelsten zum Unmenschen.

    • Liebe führt zum Glück.

    • »Leben führt zum Tod« kann nicht zu einer brauchbaren Prämisse gemacht werden. Es ist einfach eine Tatsache, daß jedes Lebewesen stirbt.

    • »Das Leben ist zu kurz« kann auch nicht zu einer brauchbaren Prämisse gemacht werden. Es kann als die Moral einer Geschichte dienen, aber nicht als ihre Prämisse.

    WIE SIE IHRE PRÄMISSE FINDEN

    Der ursprüngliche Anstoß zu einer Geschichte kann alles sein. Ein Gefühl. Ein Bild. Eine vage Erinnerung an ein tolles Mädchen, mit dem Sie auf Ihrer Schulabschlußfeier fast getanzt hätten. Oder es könnte jemand sein, den Sie mal in einem Bus getroffen haben, oder Ihr alter Onkel Wilmont, der zuviel getrunken hat. Es könnte ein »was wäre, wenn« sein. Was wäre, wenn ein Marsmensch Präsident würde? Was, wenn eine Stadtstreicherin eine Million fände? Was, wenn ein hervorragender Schwimmer querschnittsgelähmt würde? Die ursprüngliche Idee braucht nichts anderes zu sein als das undeutliche Gefühl, daß eine Geschichte aus einer Figur, einer Situation, einer

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