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Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)

Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)

Titel: Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James N. Frey
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speziellen Kenntnisse einsetzen.
    Sich mit der Sorte von Leuten vertraut zu machen, über die Sie schreiben wollen, könnte auch Ihnen zum Erfolg verhelfen.
    FIGUR UND KOMPETENZ
    Leser sind fasziniert von Figuren, die - wie Aristoteles in seiner Poetik sagt - »effektiv« sind. Mit anderen Worten, sie sind gut in dem, was sie tun.
    Detektive, die äußergewöhnlich gut in ihrem Job sind, sind viel interessanter als die, die es nicht sind - es sei denn, die Dusseligkeit des Detektivs wird als humoristisches Mittel eingesetzt. Ist der Held ein Cowboy, dann ist er immer gut im Schießen, Lassowerfen, Fährtenlesen und ähnlichem. Auch Homer wußte das, als er seine Odyssee schrieb: Odysseus war nicht nur waghalsig und rücksichtslos, er war außerdem ein großartiger Seemann und unfehlbarer Bogenschütze. Wenn Sie kompetente Figuren schaffen, wird der Leser sich leichter mit ihnen identifizieren.
    •Brody, in Peter Benchleys Der weiße Hai, ist ein sehr guter Sheriff. Hooper ist ein ausgezeichneter Meeresbiologe. Quint ist ein außergewöhnlich guter Haifischjäger. Der Hai ist ein außergewöhnlich guter Menschenjäger.
    •Carries Mutter, in Stephen Kings Carrie, brilliert als religiöse Fanatikerin. Den Spaßvögeln, die einfädeln, daß Carrie zur Ballkönigin gewählt wird, gelingt es erfolgreich, ihr den Streich des Jahres zu spielen. Carrie hat ausgezeichnete telekinetische Fähigkeiten.
    •In Margaret Mitchells Vom Winde verwebt ist Scarlett außergewöhnlich gut in der Rolle einer Southern Belle - sie versteht sich aufs Flirten und Schmeicheln, weiß, wie man auf sich aufmerksam macht, und spielt einen Mann gegen den anderen aus - und Rhett Butler ist ein ausgezeichneter Waffenschieber.
    DER VERRÜCKTE TOUCH
    Große Figuren sind oft ein bißchen verrückt. Manche sogar mehr als nur ein bißchen. Sie stehen schon am Rande des Wahnsinns.
    Leser lassen sich leicht von verrückten, theatralischen Figuren bezaubern. Verrückte Figuren sind oft übertrieben, extravagant, schillernd, exzentrisch, flatterhaft und widersprüchlich. Wenn Sie an große Figuren in der Literatur denken, wer kommt Ihnen da in den Sinn? Ahab aus Moby Dick könnte einem einfallen. Er ist ganz sicher eine schillernde Figur und dem

Wahnsinn nahe. Alexis Sorbas ist einer der besten Verrückten aller Zeiten. Nach Auffassung einiger Literaturwissenschaftler wurde der moderne Roman mit der Veröffentlichung von Don Quijote geboren. Ein Protagonist, der gegen Windmühlen kämpft, ist doch schon reichlich verrückt. Der englische Roman, so wird gesagt, begann mit Moll Flanders, dessen Protagonistin ebenfalls ein bißchen verrückt ist, außerdem eine Taschendiebin und Bigami- stin. Und Pierre Bezuchov, einer der Helden von Tolstojs Krieg und Frieden, ist doch wohl auch nicht ganz dicht im Kopf. Er stolpert auf ein Schlachtfeld und sucht dort nach philosophischen Wahrheiten.
    Im Bereich Detektivroman haben wir Hercule Poirot, der mit einem Haarnetz schläft und äußerst eitel mit seinem gewichsten Schnurrbart ist. Nero Wolfe züchtet Orchideen und geht nie aus dem Haus. Ein bißchen verrückt, finden Sie nicht auch? Und was ist mit Sherlock Holmes? Er spielt die ganze Nacht Geige und spritzt sich Morphium.
    Verrückte Figuren zu erfinden macht Spaß. Eine Möglichkeit, das zu tun, ist: man nimmt einfach einen bestimmten Charakterzug und übertreibt ihn. Eine absolute Gier nach Hamburgern, zum Beispiel. Oder eine Phobie vor Schlangen, Insekten oder Haien. Oder eine unerklärliche Begeisterung für Flops oder für elektronische Abhöranlagen. Oder ein zwanghaftes Bedürfnis, Zungen zu untersuchen oder Katzen Klamotten anzuziehen. Alles, was auf die Spitze getrieben wird, geht.
    Eine andere Möglichkeit besteht darin, der Figur eine etwas schräge Lebensphilosophie zu geben. Alexis Sorbas ist der Meinung, man soll das Leben in vollen Zügen genießen und nicht an die Konsequenzen denken. Als er gefragt wird, wo er zuletzt gearbeitet hat, antwortet er:
    In einem Bergwerk. Du mußt wissen, ich bin ein ausgezeichneter Kumpel. Ich verstehe mich auf Metalle, finde Erzgänge, öffne Stollen, steige in alle Schächte hinab und fürchte mich nicht. Ich arbeitete gut, war Werkführer, hatte mich über nichts zu beklagen. Leider machte mir der Teufel einen Strich durch die Rechnung. Am vergangenen Sonnabend hatte ich einen Zacken. Ausgerechnet an jenem Tage war der Besitzer des Bergwerks zur Besichtigung gekommen. Ich treffe ihn und prügle ihn

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