Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)
veröffentlicht. Kleine Verlage, regionale Verlage und Universitätsverlage betreiben ein blühendes Geschäft mit literarischen Romanen. Es werden vermutlich zwanzigmal so viele literarische Romane außerhalb der großen New Yorker Verlagshäuser publiziert als innerhalb.
DER VERTRAG JENSEITS DER KONVENTIONEN
Ihr Leser wird von Anfang an zu erraten versuchen, was Ihre Prämisse ist, und wenn Sie Ihren Teil des Vertrags einhalten, werden Sie versuchen, Sie zu beweisen. Wie Macauley und Lanning in Technique in Fiction erklären, »ist es bei jeder Art von literarischem Text äußerst wichtig, daß der Autor am Anfang bestimmte Versprechen macht. Ein erfolgreicher Roman wird diese Versprechen erfüllen. Der Autor sollte sein Konzept fest im Griff haben und sich nicht einfach voller Hoffnung treiben lassen.«
So wird der Leser beispielsweise gleich am Anfang erkennen, daß ein Roman eine Geschichte über Liebe und noch etwas anderes ist. Mit anderen Worten, um Ihren Teil des Vertrags zu erfüllen, werden Sie dem Leser verraten, worum es in Ihrem Roman geht - zumindest teil - weise. Es ist durchaus in Ordnung, wenn Sie den restlichen Teil der Prämisse erst später einführen. Beim Lesen sagt sich der Leser: »Okay, das ist also eine Liebesgeschichte. Wie wird nun die Liebe dieser Figur auf die Probe gestellt?« Stellt der Leser fest, daß sie sich gegen Patriotismus beweisen muß, hat er den zweiten Teil der Prämisse. Wenn dann die Familie der Freundin des Protagonisten ebenfalls ein Hindernis ist, wird der Leser ahnen, daß es sich um eine Geschichte handelt, bei der Liebe entweder alle Hindernisse überwindet oder an den Hindernissen scheitert. In jedem Fall ist der Vertrag hergestellt. Der Autor beweist eine Prämisse, und der Leser erkennt das.
Nachdem feststeht, um welchen Typ von Geschichte es sich handelt, geht es beim nächsten Teil des Vertrags darum, wie die Geschichte geschrieben ist. Auch wenn dieses Buch hier kein Roman ist, habe ich einen Vertrag mit meinen Lesern geschlossen. Ich habe versprochen, dem Leser viele nützliche Informationen darüber zu geben, wie man einen verdammt guten Roman schreibt. Ich habe versprochen, diese Informationen in einer direkten, präzisen und klaren Sprache vermischt mit ein wenig Humor zu geben.
Weitere Punkte des Vertrags befassen sich mit den formalen Aspekten des Romans.
Mal angenommen, Sie haben die erste Hälfte Ihres Romans in der ersten Person geschrieben, und zwar so, wie Sir Arthur Conan Doyle die Sherlock-Holmes-Geschichten geschrieben hat, indem Sie eine zweitrangige Figur wie Dr. Watson als Erzähler benutzen. Doch nach der Hälfte des Buches möchten Sie den Leser wissen lassen, was in dem Antagonisten Dr. Moriarty vorgeht. Sie glauben, wenn der Leser nicht weiß, was dieser vorhat, geht die Spannung verloren. Und es ist auch nicht möglich, Sherlock Holmes es später herausfinden zu lassen, weil es viel zu kompliziert ist - selbst für sein geniales Hirn.
Was machen Sie also? Sie könnten auf den Trick mit dem Tagebuch oder dem Terminkalender zurückgreifen. Das wäre kein Verstoß gegen den Vertrag, den Sie mit dem Leser geschlossen haben, aber möglicherweise entspricht es nicht der Persönlichkeit von Dr. Moriarty, einen Terminkalender oder ein Tagebuch zu führen, besonders da ihn das belasten würde, sollte es jemals gefunden werden.
Also beschließen Sie, in diesem speziellen Teil einen Er-Erzähler zu verwenden. Doch das würde den Leser sehr stören und wäre ganz bestimmt eine Verletzung des Vertrags zwischen Autor und Leser. Der Leser fühlte sich betrogen.
Dieses Problem könnte gelöst werden, indem man die Form des Romans ändert. Romane können in Kapitel unterteilt sein, lange oder kurze. Die Kapitel können wiederum in größere Abschnitte aufgeteilt sein, von denen jeder eine Nummer oder einen Untertitel tragen könnte. Oder die Kapitel können in einzelne Teile oder »Bücher« zusammengefaßt werden. Manchmal haben diese Teile überhaupt keinen Namen, sondern werden einfach mit römischen Ziffern gekennzeichnet.
Wenn Sie beispielsweise relativ spät im Roman vorhaben, von einem Ich-Erzähler zu einem Erzähler in der dritten Person zu wechseln, nennen Sie diesen Teil doch einfach »Buch II«, und Ihr Leser wird den Wechsel ohne mit der Wimper zu zucken hinnehmen. Beim Ro - manschreiben gibt es die Konvention, daß man am Anfang eines neuen Teils den Vertrag ändern darf.
Es gibt noch eine andere Möglichkeit, das Problem zu
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