Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)

Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)

Titel: Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James N. Frey
Vom Netzwerk:
werden Sie die Liebenden nur aus äußerst plausiblen Gründen getrennt halten. Wenn es zwischen ihnen ein Mißverständnis gibt, sollte es einleuchtend sein.
    Sie halten Ihren Vertrag nur dann ein, wenn Sie eine Geschichte mit absoluter Authentizität schreiben. Sie müssen recherchieren und sollten nicht, wie das in diesem Buch geschehen ist, eine Geschichte über einen Farmer schreiben, ohne sich vorher genau über die Arbeit auf einer Farm informiert zu haben.
    Erzeugen Sie keine Spannung durch billige Tricks wie das »die Bekloppte auf dem Speicher«- Motiv (benannt nach den dämlichen Heldinnen in den Horrorfilmen der fünfziger Jahre, die gegen jede Vernunft darauf bestanden, den unheimlichen Geräuschen auf den Speichern gruseliger alter Herrenhäuser nachzugehen). Wenn Sie einen verdammt guten Roman schreiben wollen, müssen Sie Ihre Figuren zu jeder Zeit auf maximaler Kapazität halten - was bedeutet, daß sie nicht dumm oder launenhaft handeln dürfen, es sei denn, sie stehen unter Drogen, sind betrunken oder haben eins auf den Kopf bekommen - oder es entspricht ihrem

Charakter und wird aus humoristischen Gründen verwendet.
    Das gleiche gilt für Zufälle und faule Tricks. Sie können einen Zufall als komisches Element benutzen oder als Auslöser für die Geschichte, aber ansonsten stellt er einen Verstoß gegen Ihren Vertrag mit dem Leser dar. Ein fauler Trick wäre beispielsweise, wenn Sie eine Figur, die völlig pleite ist, plötzlich die hundert Dollar, die ihre Tante ihr vor sechs Jahren zu Weihnachten geschickt hat, in einem alten Schuh finden lassen. Ein fauler Trick liegt vor, wenn der Autor die Probleme der Figuren für sie löst. Vermeiden Sie um jeden Preis faule Tricks.
    Eine der wichtigsten Klauseln des Vertrags besagt, daß Sie Ihre Figuren vor Herausforderungen stellen, die sie mit ihren eigenen Mitteln bewältigen, und daß sie sich dadurch weiterentwickeln. Sie spielen auf beiden Seiten des Spiels. Es reicht nicht, interessante Figuren zu schaffen - Sie müssen auch interessante Hindernisse schaffen, die die Figuren auf interessante Weise überwinden.
    Das bringt uns nun zum schwersten Verstoß gegen den Vertrag, nämlich zu den Klischees. Wenn ein Leser einen Roman kauft, tut er das in der Erwartung, daß der Roman etwas Neues enthält. Nichts Recyceltes. Keine klischeehafte Geschichte, keine klischeehaften Figuren, keine klischeehafte Sprache. Natürlich kann kein Autor diesen Teil des Vertrags vollkommen erfüllen, aber Sie müssen bei allem, was Ihnen lieb ist, schwören, daß Sie sich die allergrößte Mühe geben, sämtliche Klischees auszumerzen, bevor Ihr verdammt guter Roman veröffentlicht wird.
    Sie werden außerdem einen Eid schwören, daß Sie schlechtes Melodram vermeiden.
    Wir müssen gutes von schlechtem Melodram unterscheiden. Bei gutem Melodram sind die Figuren gut motiviert, und die Situation ist einigermaßen wirklichkeitsgetreu. In schlechtem Melodram agieren die Figuren auf Geheiß des Autors anstatt aufgrund ihrer eigenen glaubwürdigen inneren Bedürfnisse. Es gibt zum Beispiel keinen plausiblen Grund, weshalb Snidely Whiplash die arme Pauline an die Eisenbahngleise ketten sollte. Er tut es bloß, weil der Autor es so will.
    Jede gute Geschichte baut sich über eine Reihe kleinerer Höhepunkte zu einem großen Höhepunkt und einer Lösung auf, also zu einem Schluß, um den Leser sehr häufig von faulen Autoren betrogen werden, weil die sich nicht die Mühe machen, die Dramatik ihres Stoffes richtig auszuschöpfen.
    Besonders unerfahrene Autoren neigen dazu. Sie versprechen einen Showdown zwischen Protagonist und Antagonist, aber es kommt nie dazu, und am Ende verpufft die Geschichte ganz einfach. Das ist die häufigste und schwerste Verletzung des Vertrags zwischen Autor und Leser. Sie haben einen guten Höhepunkt und eine gute Lösung Ihrer Geschichte versprochen und sollten das verdammt noch mal auch liefern. Das ist Ihr Teil des Vertrags.
    Jetzt können Sie also den Leser den fiktiven Traum träumen lassen, Sie können Ihren Roman spannungsreich gestalten und ihn mit interessanten Figuren bevölkern. Sie wissen, wie man eine Geschichte mit einer starken Prämisse entwickelt und wie man den Vertrag mit dem Leser einhält. Sie sind bereit, Ihren verdammt guten Roman zu schreiben, also könnten Sie doch loslegen.
    Moment mal!
    Bevor Sie anfangen, müssen Sie aufpassen, daß Sie keine der sieben Todsünden begehen. Was soll das denn schon wieder sein, fragen Sie.

Weitere Kostenlose Bücher