Wie man Freunde gewinnt
interessanter Gesprächspartner».
Ein interessanter Gesprächspartner? Dabei hatte ich kaum ein Wort gesagt. Ich hätte zu diesem Thema auch nichts zu sagen gehabt, denn ich verstehe von Botanik ungefähr gleich viel wie von der Anatomie eines Pinguins. Ich hatte nur eines getan: aufmerksam zugehört. Ich hatte zugehört, weil es mich tatsächlich interessierte, was dieser Mann zu erzählen wußte.
Das spürte er und das hat ihm auch gefallen. Man kann einem andern Menschen kaum ein größeres Kompliment machen, als wenn man ihm aufmerksam zuhört. Jack Woodford schrieb in einem seiner Bücher: «Es gibt nur wenige Menschen, die sich nicht geschmeichelt fühlen, wenn man ihnen seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkt.» Ich habe dem Botaniker aber nicht nur meine ungeteilte Aufmerksamkeit geschenkt, ich zollte ihm aufrichtige Anerkennung und war großzügig mit Lob.
Ich sagte ihm, unser Gespräch sei für mich unerhört interessant - und das war es auch. Ich sagte ihm, daß ich ihn um sein Wissen beneide - und das tat ich. Ich sagte ihm ferner, ich würde gerne einmal mit ihm über die Felder gehen - und das stimmte tatsächlich. Ich sagte ihm, ich würde mich freuen, ihn wieder einmal zu sehen - und auch das traf zu.
So kam es, daß er mich für einen guten Gesellschafter und
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Gesprächspartner hielt, während ich in Wirklichkeit nur ein guter Zuhörer war und ihn zum Sprechen ermunterte.
Worin besteht die geheimnisvolle Kunst einer erfolgreichen geschäftlichen Besprechung? Nach Charles W. Eliot, dem einstigen Rektor von Harvard, ist die Kunst, eine geschäftliche Verhandlung mit Erfolg zu führen, absolut kein Geheimnis.
«Wichtig ist, daß man dem andern mit ungeteilter
Aufmerksamkeit zuhört. Nichts schmeichelt ihm mehr.»
Eliot selbst war ein Meister im Zuhören. Henry James, einer der größten Schriftsteller Amerikas, erinnerte sich: «Dr. Eliots Zuhören war nicht nur ein Schweigen, es war ein aktives Schweigen. Er saß kerzengerade auf der Kante seines Stuhls, die Hände im Schoß und ohne jede Bewegung, außer daß er bald schneller, bald langsamer die Daumen drehte. Er blickte den Sprechenden an und schien ebensosehr mit den Augen wie mit den Ohren zu hören. Er hörte mit dem Herzen und dachte aufmerksam darüber nach, was man sagte, während man sprach.
Und am Schluß des Gesprächs hatte man das Gefühl, daß man zu Wort gekommen war.»
Sonnenklar, nicht wahr? Um das herauszufinden, braucht man nicht erst vier Jahre an der Universität zu studieren. Aber sowohl Sie wie ich kennen Geschäftsleute, die zwar geräumige Verkaufslokale haben, mit Sorgfalt einkaufen, ihre Auslagen attraktiv dekorieren, Hunderte von Dollar für Inserate ausgeben
- und dann hingehen und Personal einstellen, das überhaupt nicht zuhören kann, die Kunden unterbricht, ihnen widerspricht, sie verärgert und alles tut, um sie zu vertreiben.
Nur weil eine Verkäuferin nicht zuhören wollte, hat ein Warenhaus in Chicago beinahe eine gute Kundin verloren, die dort jährlich mehrere tausend Dollar ausgab. Mrs. Henrietta Douglas, die in Chicago unseren Kurs besuchte, hatte sich im Ausverkauf einen Mantel erstanden. Als sie damit nach Hause kam, stellte sie fest, daß im Futter ein Riß war. Gleich am nächsten Tag ging sie zurück ins Geschäft und bat die
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Verkäuferin, ihr diesen Mantel umzutauschen. Die Angestellte hörte ihr jedoch nicht einmal zu, sondern sagte: «Sie haben diesen Mantel aus dem Ausverkauf», und zeigte auf ein Schild an der Wand. «Lesen Sie selbst. ‹Ausverkaufsartikel werden nicht umgetauscht.› Was Sie gekauft haben, müssen Sie behalten. Sie können den Riß ja zunähen.»
«Aber hier handelt es sich um schadhafte Ware», beklagte sich Mrs. Douglas.
«Das spielt keine Rolle», fiel ihr die Verkäuferin ins Wort.
«Gekauft ist gekauft.»
Mrs. Douglas wollte gerade beleidigt weggehen und schwor sich, nie mehr einen Fuß in diesen Laden zu setzen, als sie der Abteilungsleiter begrüßte, der sie seit Jahren als treue Kundin kannte. Mrs. Douglas erzählte ihm, was geschehen war.
Der Mann hörte aufmerksam zu, besah sich den Mantel und sagte dann: «Ausverkaufsartikel werden nicht
zurückgenommen. Aber das bezieht sich nicht auf beschädigte Ware und wir werden dieses Futter selbstverständlich flicken oder ersetzen. Oder wenn es Ihnen lieber ist, geben wir Ihnen auch das Geld zurück.»
Was für ein Unterschied in der Behandlung! Wenn nicht zufällig der Abteilungsleiter
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