Wie man Freunde gewinnt
Kapitel die Rede ist.
Isaac Marcosson, ein Journalist, der Hunderte von Berühmtheiten interviewt hat, erklärte einmal, daß viele Menschen nur deshalb einen ungünstigen Eindruck hinterlassen, weil sie nicht aufmerksam zuhören. «Sie sind so sehr damit beschäftigt, was sie als nächstes sagen wollen, daß ihre Ohren taub sind... Berühmte Menschen haben mir gestanden, daß sie einen guten Zuhörer mehr schätzen als einen guten Redner, doch die Fähigkeit, zuzuhören, scheint seltener als jede andere positive Eigenschaft.»
Aber nicht nur berühmte, sondern auch ganz gewöhnliche Menschen schätzen einen guten Zuhörer. Im Reader's Digest stand einmal zu lesen: «Viele Menschen rufen einen Arzt und dabei fehlt ihnen weiter nichts als ein Zuhörer.»
Während der schwärzesten Stunden des Bürgerkrieges schrieb Lincoln an einen alten Freund in Springfield, Illinois, und bat ihn, nach Washington zu kommen, weil er mit ihm einige Probleme besprechen möchte. Der einstige Nachbar traf im Weißen Haus ein und Lincoln redete stundenlang über die Möglichkeit einer Proklamation zur Aufhebung der Sklaverei.
Er zog alle Argumente für und gegen einen solchen Schritt in Erwägung und las verschiedene Briefe und Zeitungsartikel vor.
Die einen machten ihm zum Vorwurf, daß er die Sklaverei weiterhin dulde, die andern griffen ihn an, weil sie fürchteten, er wolle sie abschaffen. Nachdem Lincoln während Stunden gesprochen hatte, schüttelte er seinem alten Nachbarn die Hand, sagte ihm gute Nacht und schickte ihn zurück nach Illinois, ohne
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sich auch nur nach seiner Meinung zu erkundigen. Lincoln hatte das ganze Gespräch allein geführt. Das hatte ihm offensichtlich Klarheit verschafft. «Er schien sich nachher erleichtert zu fühlen», sagte sein Freund. Lincoln wollte nicht einen Rat, er wollte lediglich einen freundschaftlichen, verständnisvollen Zuhörer, vor dem er sich aussprechen konnte. Genau das gleiche möchten wir alle haben, wenn uns Sorgen bedrücken. Und sehr oft wünscht sich auch der empörte Kunde oder der unzufriedene Angestellte oder der gekränkte Freund nichts weiter als einen Zuhörer, um sich auszusprechen.
Einer der größten Zuhörer neuerer Zeit war Sigmund Freud.
Ein Mann, der Freud persönlich begegnet war, beschrieb seine Art des Zuhörens wie folgt: «Ich war davon so nachhaltig beeindruckt, daß ich ihn nie vergessen werde. Er besaß Gaben, die ich nie zuvor an einem Menschen beobachtet hatte. Ich hatte auch nie eine so konzentrierte Aufmerksamkeit gesehen. Sein Blick hatte nichts ‹Seelendurchbohrendes›. Seine Augen waren sanft und klug, die Stimme leise und freundlich. Er bewegte sich kaum. Aber die Aufmerksamkeit, die er mir widmete, und das Verständnis für alles, was ich sagte, selbst wenn ich mich ungeschickt ausdrückte, waren erstaunlich. Es ist ein unvorstellbares Erlebnis, wenn einem so zugehört wird.»
Wenn Sie wollen, daß Ihnen die Menschen aus dem Wege gehen, hinter Ihrem Rücken über Sie lachen oder Sie gar verachten, dann kann ich Ihnen folgenden Rat geben: Hören Sie nie jemandem längere Zeit zu. Sprechen Sie unablässig von sich selber. Wenn Ihnen etwas in den Sinn kommt, während der andere noch spricht, dann warten Sie nicht, bis er ausgeredet hat.
Fallen Sie ihm ins Wort und unterbrechen Sie ihn mitten im Satz.
Sie glauben, daß Sie solche Menschen kennen? Ich leider auch, und das erstaunliche daran ist, daß einige von ihnen sogar zur Prominenz gehören - Langweiler, die von ihrem eitlen Ich und ihrer Wichtigkeit berauscht sind.
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Ein Mensch, der immer nur von sich spricht, denkt auch immer nur an sich. «Der Mensch, der immer nur an sich denkt, ist absolut unerzogen», wie sich Dr. Nicholas Murray Butler, langjähriger Rektor der Columbia-Universität, einmal ausdrückte. «Er ist unerzogen, mag er auch noch so gebildet sein.»
Möchten Sie ein guter Gesellschafter sein, dann lernen Sie, ein aufmerksamer Zuhörer zu sein. Möchten Sie, daß man sich für Sie interessiert, dann interessieren Sie sich für andere.
Stellen Sie Fragen, auf die Ihnen der andere gerne antwortet.
Fordern Sie ihn auf, von sich und seinen Taten zu erzählen.
Vergessen Sie nie, daß Ihr Gesprächspartner hundertmal mehr an sich selbst, seinen Wünschen und Problemen interessiert ist, als an Ihnen und Ihren Problemen. Seine Zahnschmerzen sind ihm wichtiger als die Hungersnot in Indien, an der eine Million Menschen zugrunde gehen. Ein Furunkel in seinem Nacken
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