Wie man sie zum Schweigen bringt
Bestätigung für den Verdacht, dass er nicht aufgehört hatte, Ilveskivi weiterhin zu hassen.
Der Drogenfahnder Kettunen war den Geräuschen nach damit beschäftigt, im Bad die Kacheln von der Wand zu klopfen. Puustjärvi durchwühlte den Kleiderschrank. Anu Wang suchte nach einem Messer, sie würde alles mitnehmen, was als Tatwaffe infrage kam. Wenn Väinölä der Täter war, hatte er allerdings das Messer vermutlich längst weggeworfen.
Ich blätterte die Bücher durch. Hitlers »Mein Kampf« in finnischer Übersetzung sah ungelesen aus, dagegen waren die Landserheftchen zerfleddert. Offenbar hatte Väinölä eine Vorliebe für die Kriegsgeschichten finnischer Soldaten, obwohl die doch bei Kriegsende die Nazis zum Abzug aus Lappland gezwungen hatten. Bei den Videos handelte es sich um harte Pornos und Kriegsfilme. Die Wohnung passte exakt zu der Rolle, die Väinölä herauskehrte.
Im Bad fiel irgendetwas polternd zu Boden, ich hörte Jeris Schwanz gegen das Klobecken schlagen. Kettunen pfiff, und Jeri kam mit einem Ball in der Schnauze ins Wohnzimmer gerannt. Für ihn war die Drogensuche ein Spiel. Kettunen kam zufrieden lächelnd aus dem Bad und hielt eine in Plastik verpackte Schachtel hoch.
»So wie Jeri sich aufgeführt hat, nehme ich an, dass wir hier drin nicht die Trauringe von Väinöläs Eltern finden werden . « Er ging in die Küche, legte die Packung auf den Tisch und öffnete sie mit einer Pinzette. Sie enthielt Hunderte von kleinen weißen Tabletten. Ecstasy.
»Da schau her! Väinölä ist unter die Pillenhändler gegangen. Und was haben wir hier? « Er widmete sich dem kleineren Päckchen, das eine etwa fünf Zentimeter dicke braune, mehlige Rolle enthielt. »Heroin. Der gute Herr Väinölä ist wahrlich kein Unschuldslamm . «
»Das kann man wohl sagen«, meinte Puustjärvi und holte aus einem aufgeschlitzten Kissen einen offensichtlich schweren, in einen Lappen gewickelten Gegenstand heraus, der sich als .44er Colt entpuppte. »Er hat keinen Waffenschein, stimmt's? «
»Stimmt«, bestätigte ich.
»Maria, du hast Väinölä vernommen. Hat er Einstichstellen? «, fragte Kettunen.
»Ich habe keine gesehen, das kann aber an seinen Tätowierungen liegen. Vielleicht nimmt er nur Ecstasy. Sieh ihn dir selbst an, du hast einen geschulten Blick . «
Nachdem ich mit den Büchern fertig war, begann ich die Kartons durchzusehen. Im ersten lag ein wüstes Durcheinander von Papieren, weshalb ich den Inhalt ohne viel Federlesens auf den schmutziggrauen Linoleumboden kippte. Dabei fiel mein Blick auf die Ausgabe des »Z - Magazins«, in der das Interview mit Petri Ilveskivi und Tommi Laitinen erschienen war. Das Heft öffnete sich wie von selbst an der betreffenden Stelle. Die speckigen Seiten deuteten darauf hin, dass Väinölä das Interview nicht nur einmal gelesen hatte.
Auch in einigen Zeitungsausschnitten ging es um Petri Ilveskivi. Es handelte sich um Inserate aus dem Wahlkampf und um Berichte der Lokalzeitung über Sitzungen des Stadtrats und des Stadtplanungsausschusses. Außerdem hatte Väinölä Artikel ausgeschnitten, in denen von ihm selbst die Rede war. Eine kurze Notiz über seine Verurteilung war gleich dreimal vorhanden. Weitere Ausschnitte beschäftigten sich mit den Aktivitäten seiner Gesinnungsgenossen unter anderem in Joensuu und Mikkeli.
Des Weiteren enthielt die Sammlung rassistische und nazistische Flugblätter in finnischer, englischer und deutscher Sprache, die Väinölä offenbar brauchte, um sich in seinen Ansichten bestätigt zu fühlen. Ich packte alles ein, was auf Homophobie hindeutete.
Anu Wang war inzwischen mit der Durchsuchung der Küche fertig geworden. Sie hatte ein Brotmesser und ein Obstmesser eingepackt, die wir sicherheitshalber mitnehmen wollten, obwohl sie vermutlich nicht als Tatwaffe infrage kamen.
»Ob hinter den Plakaten etwas versteckt ist? «, fragte Anu und nahm eins nach dem anderen von der Wand. Ehrnrooth, Mannerheim und der dunkelhäutige Frauenräuber ließen sich ordentlich abnehmen, während Hitler einen Riss bekam. Anu verzog keine Miene, doch ich war ganz sicher, dass sie das Plakat absichtlich eingerissen hatte. Dahinter kam nichts zum Vorschein als eine fleckige Wand.
Der zweite Karton enthielt Krimskrams, unter anderem mehrere Kämme, eine einzelne Socke, ein halb leeres Paket Kondome und ein Fotoalbum.
Auf der ersten Seite prangte ein Taufbild aus dem Jahr sechsundsiebzig. Ein mageres, langhaariges Mädchen in schräg
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