Wie man sie zum Schweigen bringt
schließen, kaum getrunken. Die unmittelbare Todesursache war Herzstillstand nach Herzbeutelriss, die mittelbare Ursache schwere Körperverletzung . «
»Kein Hinweis darauf, dass Melas Aids-Theorie zutreffen könnte? «, fragte Wang.
»Nein, allerdings liegt das Testergebnis noch nicht vor. In der Klinik wurde seine Blutgruppe bestimmt, und vor der Operation wurden Alkohol und Drogentests gemacht. Nichts . « Koivu wischte sich Zuckerkrümel aus den Mundwinkeln. Er hatte unterwegs Berliner gekauft, die er ebenso liebte wie Pizza. Vielleicht hatte er deshalb im letzten Winter einige Kilo zugelegt.
»Ilveskivis Verletzungen lassen vermuten, dass der Täter zunächst mit dem Eisenrohr auf ihn eingeschlagen hat, das heißt, er hat versucht, quasi sauber zu arbeiten, ohne das Opfer zu berühren. Aus irgendeinem Grund musste er dann das Messer ziehen, und wie wir wissen, kommt es bei einer Messerstecherei zu engem Kontakt. Unter Ilveskivis Fingernägeln wurden schwarze Lederfasern gefunden. Er trug Radhandschuhe, die seine Fingerknöcheln allerdings nicht vollständig geschützt haben. Allem Anschein nach hat er seinen Angreifer geschlagen . «
»Der Täter hatte also möglicherweise nicht die Absicht, ihn zu töten«, überlegte ich. »Vielleicht war es ein Fixer, der auf ein geeignetes Opfer gewartet hatte und die Nerven verlor, als das Opfer sich wehrte. Was ist mit den Fingerabdrücken auf dem Fahrrad? «
»Außer denen von Ilveskivi noch zwei andere, beide nicht im Register. Dasselbe gilt für die Aktentasche und den Fahrradhelm. Auf dem Helm ist allerdings nur ein fremder Abdruck . «
»Wahrscheinlich von Tommi Laitinen. Wir müssen ihm zum Vergleich die Fingerabdrücke abnehmen . «
Koivus Handy piepte, er las die eingetroffene SMS und schrieb etwas auf. Dann tippte er offenbar eine Antwort ein. Dreimal die Sechs und zweimal die Fünf: OK.
»Vom Labor. Sie haben den Reifentyp identifiziert, von dem der Abdruck in der Nähe des Tatorts stammt. Das Muster ist nur in der Mitte deutlich zu erkennen, aber der Reifen ist offenbar ein… Moment mal… Metzeler ME 99. Hundertzehn oder hundertdreißig Millimeter . «
»Ist das ein häufiger Typ? «, fragte ich, denn über Motorräder wusste ich beschämend wenig. Aber Koivu war auch nicht besser informiert. Nun klingelte mein Telefon. Der Diensthabende am Empfangsschalter meldete mir einen Besucher, der mich unbedingt sprechen wolle. Ich fragte nach dem Namen.
»Tommi Laitinen. Er hat wichtige Informationen im Zusammenhang mit der Mordermittlung und will mit niemand anderem sprechen als mit dir . «
FÜNF
Ich warf Koivu und Wang buchstäblich hinaus. Sie wirkten verblüfft, kannten mich aber zu gut, um Einspruch zu erheben.
Tommi Laitinen sah verhärmt aus. Sein dunkelbraunes Jackett hing unordentlich über der Schulter, das hellbraune Hemd war ungebügelt.
Die braunen Schuhe, die in der Klinik noch geglänzt hatten, waren zerbeult, und am Kinn sprossen Bartstoppeln.
»Guten Tag«, sagte ich freundlich. Laitinen wich meiner ausgestreckten Hand aus, also deutete ich auf das Sofa. »Bitte, nehmen Sie Platz. Möchten Sie Kaffee oder Tee? «
Er schüttelte den Kopf und setzte sich schwerfällig hin. Ein paar Minuten lang starrte er auf seine Hände, dann gab er sich einen Ruck.
»Ich wollte mit einer weiblichen Beamtin sprechen, weil ihr Frauen im Allgemeinen aufgeschlossener seid. Als wir vor drei Jahren zusammengeschlagen wurden, waren die Polizisten alles andere als freundlich. Der Kommissar hat uns nicht mal die Hand gegeben, als hätte er Angst, Homosexualität wäre ansteckend. Und sein Kollege war nicht viel besser. Sie ließen durchblicken, dass sie auch nicht untätig zusehen würden, wenn Männer sich küssen . «
Der damalige Kommissar war der für seine Vorurteile bekannte Pertti Ström gewesen, der sich später das Leben genommen hatte. Die eigentlichen Ermittlungen hatte Lahde geführt. Mit den zuständigen Ermittlern hatten Ilveskivi und Laitinen Pech gehabt, auch wenn der Fall letztlich aufgeklärt und die Schuldigen zur Verantwortung gezogen worden waren.
»Lauri Jensen hat mir erzählt, dass du mit ihm befreundet bist«, fuhr Laitinen fort. »Du hast also nichts gegen Leute wie mich . «
»Nein, und meine Untergebenen auch nicht«, sagte ich. Es ärgerte mich, dass Ström und Lahde unseren ganzen Berufsstand in Misskredit gebracht hatten.
»Hat Petri sich gegen seinen Angreifer gewehrt? «
»Ja, er hat versucht,
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