Wie man sie zum Schweigen bringt
als unsere derzeitige Bleibe, um für uns erschwinglich zu sein. Wir hatten die Entscheidung vor uns hergeschoben und darauf gewartet, dass der Preisanstieg ein Ende nahm. Die Marktwirtschaft schien ein kurzes Gedächtnis zu haben: Der letzte überhitzte Boom lag erst gut zehn Jahre zurück, doch man machte wieder dieselben Fehler wie damals. Jeder Investor und jeder Unternehmer schien wild entschlossen zu sein, als Sieger aus dem finanziellen Spiel hervorzugehen, das schlimmstenfalls zum russischen Roulett werden konnte.
Einstein lauerte mit glühenden Augen und zuckender Schwanzspitze unter dem Vogelbeerbaum. Sein alterssteifer Körper spannte sich zum Sprung, die Pfoten streckten sich nach der Beute aus. Doch der Maulwurf war schneller, und der Kater verzog sich unter das Haus, um sich zu putzen und sein angeschlagenes Selbstbewusstsein aufzupäppeln. Einstein wurde langsam alt. Er suchte sich immer häufiger ein warmes Plätzchen und wurde es spätestens nach zwei Minuten müde, einem Wollknäuel nachzujagen. Ein paarmal hatte ich ihn schlafend auf Iidas Bett gefunden, während er noch vor einem Jahr gebührenden Abstand zu ihr gehalten hatte. Der Frühling schien ihn jedoch aufzumuntern, denn bereits nach einer Viertelstunde lag er wieder auf der Lauer, und diesmal hatte er Erfolg. Stolz schleppte er den Maulwurf einmal rund um den Garten und versteckte sich dann, um seine Beute zu verspeisen.
»Tut es dem Maulwurf nicht weh, wenn er gefressen wird? «, fragte Iida besorgt.
»Doch, das tut ihm bestimmt weh«, sagte ich und wechselte rasch das Thema. An meinem freien Tag wollte ich nicht einmal über den Tod eines Maulwurfs nachgrübeln, und doch gelang es mir nicht, auf andere Gedanken zu kommen. Petri Ilveskivis Einsegnung fand in der alten Kirche von Espoo statt, wo wir uns vor anderthalb Jahren zum Trauergottesdienst für meinen Kollegen Pertti Ström versammelt hatten. In der Nacht vor seiner Beerdigung hatte ich kein Auge zugemacht. Dennoch hatte ich geglaubt, die Feier ohne Beruhigungsmittel überstehen zu können.
Als Stroms Kinder Blumen auf seinen Sarg gelegt hatten, war ich zusammengebrochen. Ich hatte laut geheult wie ein Welpe, der seine Mutter verloren hat. Eigentlich hatte ich im Namen der Kollegen einen Kranz niederlegen und ein paar Worte sprechen sollen, doch ich war nicht fähig gewesen aufzustehen. Taskinen hatte für mich einspringen müssen. Bei der Gedenkfeier nach dem Gottesdienst hatte Stroms Vater mich gefragt, ob ich seinem Sohn sehr nahe gestanden hätte, Pertti habe nämlich oft von mir gesprochen. Das hatte mich erst recht aus der Bahn geworfen.
Mein Verhältnis zu Ström war schwierig gewesen. Vielleicht wäre ich mit seinem Selbstmord leichter fertig geworden, wenn meine Gefühle ihm gegenüber ausschließlich positiv gewesen wären. Ich dachte an Tommi Laitinen. Die letzten Worte, die er zu seinem Geliebten gesagt hatte, waren eine Verwünschung gewesen: Petri solle zur Hölle fahren. Das Schicksal hatte allzu genau zugehört, doch die unbedachten Worte hatten nicht Petri, sondern Tommi selbst dazu verdammt, in einer Hölle auf Erden zu leben.
Gegen sieben Uhr rief Lauri Jensen an.
»Ich dachte mir, du möchtest vielleicht wissen, wie es bei Petris Beerdigung war«, begann er vorsichtig.
»Ja, erzähl mal . «
Es hatte von Anfang an eine unangenehme Stimmung geherrscht, denn der Pfarrer hatte offenbar nicht viel Mühe auf seine Ansprache verwendet, sondern unverbindlich von einem jäh abgerissenen Lebensfaden, von unerwartetem Tod und von den unergründlichen Wegen des Herrn gesprochen. Petri Ilveskivis Eltern hatten die kirchliche Feier organisiert und dem Geistlichen anscheinend außer Petris Alter und Beruf nur mitgeteilt, dass er kinderlos war.
Bevor die Kränze niederlegt wurden, hatte Petris Neffe eine melancholische Sarabande auf dem Cello gespielt. Tommi hatte seinen Kranz nach den Angehörigen hingelegt, aber nichts gesagt, sondern nur mit versteinertem Gesicht am Sarg gestanden. Bei der Gedenkfeier hatte er nicht bei den Verwandten, sondern am Tisch von Petris Freunden gesessen.
»Jukka und ich waren kurz davor, Krach zu schlagen. Das Ganze war so furchtbar heuchlerisch, als hätte Tommi gar nicht existiert. Er hat zwar den Sarg getragen, aber alle anderen Sargträger waren auch sozusagen Freunde von Petri. Sein Vater hat ein schwaches Herz, und der Schwager hat Probleme mit dem Rücken. Ich weiß nicht, wer heute Abend bei Tommi ist. Hoffentlich ist er
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