Wie Rosenblätter im Wind: Mittsommerhochzeit (German Edition)
Uferpromenade in den Himmel ragte. Im Hintergrund lagen Segelboote, historische Schiffe und riesige Skandinavienfähren im Göta Älv vor Anker.
“Es ist eines der neueren Wahrzeichen der Stadt”, erklärte Mårten. “Auf fast neunzig Metern Höhe gibt es eine Aussichtsplattform, von der aus man die ganze Stadt überblicken kann. Dort liegt das Café, in dem wir Jälking treffen sollen.” Er ergriff Millas Hand. “Bringen wir es hinter uns.”
Keine fünfzehn Minuten später saßen sie Gustaf Jälking an einem Tisch in einer ruhigen Nische des Cafés gegenüber. Der Vertreter der Plattenfirma war ein ernst aussehender Mann Ende fünfzig mit grauem Haar. Er wirkte trotz seines türkisblauen Polohemds und der sportlichen Cargohose eher wie ein Buchhalter und nicht wie jemand, der im Musikbusiness arbeitete. Außerdem war Mårtens Manager Jonas Hallström anwesend, den Milla bereits am vergangenen Abend telefonisch mit allen notwendigen Informationen versorgt hatte.
“Ich will offen sein”, kam Jälking ohne jede Einleitung zur Sache. “Ich war gegen dieses Treffen und halte es noch immer für pure Zeitverschwendung. Sie hatten zwei Jahre, um Ihren vertraglichen Pflichten nachzukommen, und haben nichts dergleichen getan. Warum sollte sich ausgerechnet jetzt etwas daran geändert haben?”
“Es ist schwierig zu erklären, aber ich kann Ihnen versichern, dass es sich genau so verhält.” Mårten erwiderte den skeptischen Blick des Mannes. “Persönliche Gründe haben mich in den letzten Monaten und Jahren daran gehindert, meinen Beruf so auszuüben, wie ich es gern getan hätte. Doch diese Probleme sind nun endgültig beseitigt. Ich spiele und komponiere wieder.”
“Und was war der Grund für Ihr plötzliches Umdenken?” Jälking lächelte spöttisch. “Vielleicht der heilsame Schock beim Erhalt der Ankündigung der Schadenersatzklage?”
Milla hielt den Atem an, und auch Hallström wirkte entsetzt, doch Mårten blieb ruhig und ließ sich nicht provozieren. “Möglicherweise war es genau das”, erwiderte er lächelnd. “Wahrscheinlich aber eher die Hilfe und Unterstützung einer Frau, die mir sehr viel bedeutet. Jedoch dürften meine Gründe für Sie eher zweitrangig sein.”
“Das sehe ich anders. Schließlich hat Ihr Rückzug aus dem Musikgeschäft Ihrer Popularität erheblichen Schaden zugefügt. Ihr Name ist nicht mehr das, was er einmal war. Warum sollten wir überhaupt noch daran interessiert sein, mit Ihnen zusammenzuarbeiten?”
“Weil Mårten das Comeback des Jahres startet”, mischte sich nun Milla ein, die es einfach nicht mehr aushielt, einfach nur still dazusitzen und nichts zu tun. “Er komponiert zurzeit auf persönlichen Wunsch der Kronprinzessin ein Stück für die königliche Hochzeit, das er nach der Zeremonie persönlich in der Kirche vortragen wird. Dieses Ereignis wird in die ganze Welt übertragen. Was das für Mårtens Karriere bedeutet, dürfte Ihnen klar sein.”
Zum ersten Mal wirkte Jälking nicht mehr vollkommen ablehnend. “Und das ist wirklich wahr?”, fragte er zweifelnd.
“Ja”, meldete sich Mårtens Manager nun zu Wort. “Es stimmt. Und zu Ihrer Information: Diese junge Dame hier ist die verantwortliche Person für den musikalischen Ablauf der Hochzeit.”
“Na, wenn das so ist!” Plötzlich strahlte Jälking übers ganze Gesicht. “Um ehrlich zu sein, ich hatte nicht damit gerechnet, dass dieses Treffen etwas bringen würde, aber Sie haben mich tatsächlich überzeugt.” Er schüttelte den Kopf. “Ich kann es förmlich vor mir sehen: ausverkaufte Säle, Fernsehinterviews, Auftritte in Talkshows …”
Jälking verstummte, als Mårten aufstand. “Tut mir leid, aber dafür stehe ich nicht zur Verfügung.”
Dann wandte er sich ab und verließ das Restaurant ohne ein weiteres Wort durch die Tür zur Dachterrasse.
“Was ist denn bloß in ihn gefahren?” Hallström schaute Milla fassungslos an. Was sollte sie darauf antworten? Sie verstand ja selbst nicht, was gerade passiert war.
“Das war’s dann wohl”, sagte Jälking, der zugleich verwirrt und verärgert wirkte. “Meine Zeit ist zu kostbar für irgendwelche Spielchen.”
Milla musste etwas unternehmen – irgendetwas! Sonst war Mårtens Chance, die Schadenersatzklage zu umgehen, endgültig verloren.
“Bitte warten Sie noch einen Moment”, bat sie Jälking, der gerade aufstehen wollte. “Ich rede mit ihm. Sicher handelt es sich lediglich um ein Missverständnis.”
“Zehn
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