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Wie Samt auf meiner Haut

Wie Samt auf meiner Haut

Titel: Wie Samt auf meiner Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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längst über alle Berge sein.
    Velvet
drückte das Päckchen lächelnd an die Brust. Ihre Hauptmahlzeit nahmen sie
nachmittags ein. Vorhin hatte der Stallbursche kalte Pastete, Lammauflauf,
Stiltonkäse und eine Flasche Wein gebracht. In ein Tuch eingebunden, standen
die Sachen und der Wein auf einem Tisch neben dem Kamin.
    Wieder
blickte sie aus dem Fenster. Nirgends ein Zeichen von ihrem Entführer. Sie
legte das Päckchen auf den Boden und zerstampfte den Inhalt mit einem
beschuhten Fuß, dann griff sie nach einem Zinngefäß, das neben Schüssel und
Krug auf der Kommode stand, um die getrockneten Pilze vollends zu
pulverisieren.
    Kaum war
sie fertig, als sie auch schon hinunterlief. Die Weinflasche stand genau dort,
wo der Junge sie hingestellt hatte. Sie entkorkte sie und wollte das Pulver
hineinschütten, als sie, die Hand über dem Krug, innehielt.
    Wieviel
sollte sie hineintun?
    Er war ein
großer Mann und brauchte sicher eine große Portion, doch trank er nie mehr als
ein oder zwei Glas Wein. Soweit ihr bekannt war, wirkte das Pulver nicht
tödlich. Sie schloß die Augen und schüttete den gesamten Inhalt des Päckchens
hinein, dann korkte sie die Flasche wieder zu und schüttelte sie, bis sie den
Eindruck hatte, das Gemisch hätte sich aufgelöst.
    Kaum war
sie fertig, als sie auch schon Schritte hörte. Sie sprang weg vom Herd, hin zum
Sofa, griff nach dem Buch, das sie angeblich gerade las, und steckte ihre Nase
hinein. Sie konnte nur
hoffen, die Röte ihrer Wangen würde sich verflüchtigen, ehe der Entführer –
wer immer es war – sie bemerkte.
    Der Mann
blieb am Eingang stehen, beäugte sie einen Moment länger, als er es hätte tun
sollen, dann trat er ein und schloß die Tür. Sie zwang sich, bei seinem
Näherkommen nicht aufzublicken, obwohl seine ausgreifenden Raubtierschritte
nie verfehlten, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
    »Shakespeare-Sonette.«
Er zog die Brauen zusammen. »Und ich dachte, Sie würden Defoe lesen.«
    Ihr Herz
raste. Du lieber Gott, wie hatte sie es nur vergessen können? Sie täuschte
einen matten Seufzer vor. »Ehrlich gesagt, fesselt mich keines der Bücher. Ich
denke immer nur daran, wie lange ich hier eingesperrt sein werde.« Ihre gereizte
Bemerkung schien seinen Argwohn zu beruhigen.
    »Tut mir
leid.« Er verzog spöttisch einen Mundwinkel. »Betrachten Sie diese Zeit als
letzte Atempause vor den Pflichten, die das Leben einer Herzogin prägen.«
    Velvet warf
ihr Haar zurück, das sie lose zusammengebunden und ohne eine Spur Puder trug,
ein Zustand, der ihr sehr behagte. »Da ich über Scharen von Dienstboten
gebieten werde, könnte ich mir denken, daß es auszuhalten sein wird.«
    Der Räuber
machte ein finsteres Gesicht.
    Sie legte
das Buch weg und sah ihn an. »Sie haben ja zwei gesunde Augen«, sagte sie. »Ich
glaube nicht, daß Sie wirklich John Kincaid sind. Würden Sie mir wenigstens
Ihren Namen nennen?«
    Momentan
sagte er nichts, so daß sie schon glaubte, er würde ihr nicht antworten. Ihr
Herz schlug schneller, als er zum Tisch ging, auf dem die Flasche stand, das
Essen auspackte und zurechtlegte.
    »Jason«,
sagte er mit einem Blick über seine Schulter. »Ich heiße Jason.«
    Velvet
lächelte. »Jason«, wiederholte sie und ließ den Namen förmlich auf ihrer Zunge
zergehen. Es lag etwas Weiches darin, das in scharfem Kontrast zu diesem Mann
stand, ein Hauch von Verfeinerung, der nicht zu dieser ungezügelten
Persönlichkeit passen wollte. »Das ist nicht der Name eines Gesetzesbrechers,
doch paßt er irgendwie zu Ihnen.«
    Jason sagte
nichts, sondern belud zwei Zinnteller mit Essen und schenkte für jeden einen
Becher Wein ein. Velvet nahm Essen und Wein entgegen, trug beides zum Sofa und
setzte sich. Sie kostete von der kalten Pastete, war aber so nervös, daß sie
nicht richtig essen konnte. Statt dessen tat sie, als tränke sie Wein, wobei
sie darauf achtete, keinen einzigen Tropfen zu schlucken.
    Jason aß
seinen Teller leer und schüttete seinen Wein hastig hinunter, um sich sofort
nachzuschenken und auch den zweiten Becher in einem Zug auszutrinken. Als er
sich ein drittes Mal nachgoß, wuchs ihre Anspannung.
    »Meine
Güte, Sie sind heute aber durstig.«
    Er blickte
erst auf sein Glas, dann auf sie und sah, daß sie unbewußt an ihrer Lippe nagte.
    »Befürchten
Sie etwa, ich könnte betrunken werden und Ihnen nahetreten? Sie können beruhigt
sein, daß ich es nicht tun werde.« Er trank den Becher ganz leer. »Keine Angst,
Mylady, ein

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