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Wie Samt auf meiner Haut

Wie Samt auf meiner Haut

Titel: Wie Samt auf meiner Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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sie im
Queen's Salon stand und auf den Herzog wartete, dieses Gefühl, daß etwas
fehlte, etwas Wichtiges und Starkes, das sie nie wieder erleben würde.
    Wer mag er
sein? fragte sie sich zum ungezählten Male. Warum hat er die Hochzeit
vereitelt? Sie hatte einen der Diener ihres Großvaters mit einer Nachricht für
ihren Anwalt nach London geschickt. Bald würde sie wissen, wie es tatsächlich
um das Vermögen des Duke of Carlyle stand. Aber dieser Bestätigung bedurfte es
gar nicht, da sie nicht daran zweifelte, daß der Mann, der sich Jason nannte,
die Wahrheit gesprochen hatte.
    Von dem
Moment ihrer Entführung an hatte sie Aufrichtigkeit in ihm gespürt. Außerdem
hatte er keinen Grund, sie in diesem Punkt zu belügen. Mit gemischten Gefühlen
wartete sie also vor dem Marmorkamin unter einer sieben Meter hohen
Kassettendecke stehend auf den verarmten Herzog, der ihr Leben fast ganz
ruiniert hätte.
    Sie hatte
sich dem Anlaß entsprechend herausgeputzt und ihr schönstes Kleid gewählt, aus
elfenbeinfarbenem, mit Goldfäden durchwirktem Brokat, mit schwarzer Mechelner
Spitze besetzt. Es gehörte zu ihrer kostbaren Ausstattung, die zwar ihr letztes
Geld verschlungen hatte, für eine künftige Herzogin aber eine absolute
Notwendigkeit darstellte. Ihr in kunstvolle Löckchen gelegtes gepudertes Haar
war auf dem Kopf zu einer modischen Frisur aufgetürmt. Neben ihrem Mundwinkel
prangte ein kleines ovales Schönheitspflästerchen, ihr Busen wölbte sich über
dem viereckigen Dekolleté ihres Mieders.
    Sie war
bereit für die Aussprache, die für sie unbedingt mit einem Erfolg enden mußte,
und sie wußte genau, wie sie diesen herbeiführen konnte.
    Die hohen
Doppeltüren schwangen auf, der Herzog trat ein. Zwei Diener in Livreen aus
roter Seide schlossen die Tür hinter ihm, und er schritt lächelnd auf sie zu.
Sein Mund, mit einem Hauch Rouge gefärbt, wirkte wie ein schmaler Schmiß.
    »Meine
Teuerste.« Er führte ihre Finger an seine Lippen, als sie in einem tiefen
Knicks vor ihm versank.
    »Euer
Durchlaucht.« Er war ebenso erlesen gekleidet wie sie, im modischen habit ä
la française: Rock und Beinkleid aus dunkelgrüner Seide, mit Gold
abgesetzt, die Weste reich bestickt. Sein Haar, das keine Perücke bedeckte, war
gepudert, so daß seine natürliche Goldfarbe nur an seinen Brauen und dichten
blonden Wimpern zu sehen war. Nach den Maßstäben der guten Gesellschaft galt
er dank seiner feingeschnittenen Züge als gutaussehend, zumal seine dunkelbraunen
Augen mit den schweren Lidern den Eindruck von edler Vornehmheit erweckten.
    »Wollen wir
uns setzen?«
    Sie nickte.
»Wie Sie wünschen.« Sie ließ sich von ihm zu einem ausladenden Brokatsessel
vor dem Kamin führen, nahm Platz und wartete, bis er sich ihr gegenüber setzte.
    »Soll ich
eine Erfrischung bringen lassen?«
    »Nein. Es
wird nicht lange dauern. Wie ich schon sagte, ziehe ich ein Gespräch unter vier
Augen vor.«
    Er lehnte
sich zurück und schlug ein Bein über das andere. Nie zuvor hatte sie männlichen
Waden Beachtung geschenkt, nun aber hatte sie den Eindruck, daß Avery unter
seinen Strümpfen gepolstert war, ganz anders als Jason, der, gutgebaut und
muskelbepackt, auf solche Hilfsmittel verzichten konnte.
    »Ich nehme
an, daß die Angelegenheit, in der Sie mich sprechen möchten, eher heikler Natur
ist. Kann ich davon ausgehen, daß sie mit der Entführung zu tun hat?« Er beugte
sich vor. »Meine Teuerste, falls Ihre Tugend Gegenstand unseres Gespräches
sein soll, so haben Sie nichts zu fürchten. Ich bin nicht so hartherzig, den
Verlust Ihrer Jungfräulichkeit als Hindernis zwischen uns treten zu lassen. Es
ist ja nicht Ihre Schuld, daß man Sie Ihrem Anverlobten so ruchlos entrissen
hat. Von heute an soll alles, was geschehen sein mag, unser Geheimnis bleiben,
an das nie wieder gerührt werden soll. Die Hochzeit wird stattfinden, wenn ...«
    »Die
Hochzeit, Durchlaucht, wird nicht stattfinden.« Avery runzelte die Stirn. »Das
ist absurd. Eben sagte ich, daß es mich nicht kümmert, ob ...«
    »Meine
Tugend wurde nicht angetastet. Nein, darum geht es nicht.«
    Sein
Stirnrunzeln vertiefte sich so sehr, daß seine blonden Brauen in der Mitte der
Stirn fast zusammenstießen. »Darf ich fragen, um was es sich dann handelt,
meine Liebe?«
    »Leider
habe ich eine sehr beunruhigende Wahrheit erfahren, Durchlaucht. Eigentlich
wäre es Sache meines Großvaters, diese Dinge mit Ihnen zu besprechen, aber wie
Sie wissen, ist er im Moment nicht ...

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