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Wie Sand in meinen Händen

Wie Sand in meinen Händen

Titel: Wie Sand in meinen Händen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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dem Windsor-Sessel neben ihrem Schreibtisch Platz. Honor warf ihr einen kurzen Blick zu. Noch heute versetzte es ihr bisweilen einen Schock, ihre langjährige Freundin, Johns Schwester, im Habit einer Nonne zu sehen. Bernie sah ihrem Bruder zum Verwechseln ähnlich, war klug und temperamentvoll wie er, wie Honor aus ihrer gemeinsamen Kindheit wusste. Ihr war klar, dass Bernie einige Aspekte ihrer Persönlichkeit aufgegeben hatte, um sich in das Leben einer Nonne einzufügen.
    »Mom, sagst du uns endlich, was los ist?«, fragte Regis. »Eine Teeparty ist nett, aber ehrlich gesagt –«
    »Ist das schon dein Junggesellinnenabschied?«, fragte Cece verwirrt. »Ich weiß, dass wir eine Teeparty für dich geben wollen, mit Geschenken und so …«
    »Cecilia!«, sagte Honor.
    »Prima, Cece.« Regis versuchte zu lächeln, um der Situation zumindest einen Anschein von Normalität zu verleihen. »Lass die Katze ruhig aus dem Sack. Eine Teeparty, um meinen Junggesellinnenabschied zu feiern? Mom, Tante Bernie, ich dachte, ihr seid gegen die Heirat, deshalb hätte ich nie gedacht, dass ihr eine Party für mich ausrichtet.«
    »Darüber reden wir später«, meinte Honor.
    »Oh nein, jetzt habe ich die Überraschung verdorben!«, jammerte Cece. »Es tut mir leid. Aber nach allem, was passiert ist …«
    »Schon gut, Cece, ich finde Überraschungen sowieso grässlich.« Regis umarmte sie von der einen und Agnes wortlos von der anderen Seite.
    Honor betrachtete ihre Töchter, die sich gegenseitig trösteten. Sie hingen sehr aneinander, von Anfang an. Sie sah Bernie an, ihre Blicke trafen sich. Dachte sie an ihren eigenen, geliebten Bruder?
    »In Ordnung, alle mal herhören«, sagte Honor. »Es gibt etwas, worüber ich mit euch reden möchte. Ich habe einen Brief von eurem Vater erhalten.«
    »Daddy?« Es war das erste Wort, das Agnes an diesem Tag über die Lippen brachte.
    »Ich habe den Brief entdeckt. Und in der Hand gehalten«, sagte Regis. »Er stammt wirklich von ihm und er schreibt –«
    »Mädels, er kommt nach Hause«, sagte Honor.
    »Er wird aus dem Gefängnis entlassen?«, fragte Cecilia.
    »Dass er überhaupt eingesperrt war, hat er nicht verdient«, flüsterte Agnes. »Er hat nichts weiter getan, als Regis gerettet. Wie konnten sie ihn dafür bestrafen?«
    Honors Magen verkrampfte sich, wie immer, wenn sie mit den Mädchen über John sprach. Sie musste sie beschwichtigen und ihnen zu erklären versuchen, warum John so hartnäckig geschwiegen hatte, statt sich gegen die Anschuldigungen zu wehren. Honor hatte ihn auf Knien angefleht, sich einen guten Anwalt zu nehmen, einen von Tom Kellys irischen Cousins, allesamt einflussreiche Anwälte an den Obergerichten. Aber John hatte sich auf keine Diskussion eingelassen. Sie wusste, wenn er einmal einen Entschluss gefasst hatte, konnte ihn nichts umstimmen.
    »Er ist bestimmt außer sich, weil wir ihn so lange nicht mehr besucht haben«, meinte Cecilia.
    »Bestimmt. Oder, Mom?«, fragte Regis.
    »Ich wusste nicht einmal, dass er schon so bald nach Hause kommt«, sagte Agnes. »Ich dachte, er würde erst Ende des Jahres entlassen.«
    »Wurde ihm ein Teil der Strafe erlassen, Mom?«, fragte Regis. »Ja? Hat sein Anwalt, dieser Barrister oder wie er sich nennt, Berufung eingelegt und das Gericht überzeugen können, dass er kein Mörder ist?«
    »Er hat den Mann aber trotzdem umgebracht«, warf Cecilia düster mit leiser Stimme ein.
    »Es war kein Mord, sondern Totschlag«, erklärte Agnes betrübt.
    »Er wird wegen guter Führung vorzeitig entlassen«, sagte Honor. »Die ganze Sache ist ziemlich kompliziert. Ihr liebt euren Vater, und er liebt euch. Daran wird sich niemals etwas ändern. Wenn ich euch den Brief vorlese, werdet ihr mit Sicherheit Fragen haben. Möglicherweise seid ihr böse auf mich, weil ich euch nicht schon früher alles erzählt habe.«
    »Lies vor, Mom!«, verlangte Regis.
    »Lasst eure Mutter ausreden«, warf Bernie ein und runzelte die Stirn.
    »Ich werde ihn vorlesen, Regis. Ich möchte euch nur darauf vorbereiten. Er enthält nicht gerade das, was ich zu hören erwartet hatte, aber das wird euch genauso gehen.« Honor blickte hinüber zu Bernie. Wusste sie, was kam? War sie eingeweiht? Sie stand ihr nahe, als Schwägerin, aber sie wusste, dass Bernies Loyalität in erster Linie ihrem Bruder galt. Falls sie Bescheid wusste, ließ sie sich nichts anmerken: Sie saß auf der Kante des Sessels, reglos und angespannt zugleich.
    Honor zog das blaue

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