Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie Sand in meinen Händen

Wie Sand in meinen Händen

Titel: Wie Sand in meinen Händen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
Vom Netzwerk:
unvermittelt den Blick hob, sah er sich dem Grund für Toms Geheimniskrämerei gegenüber: seiner Tochter.
    »Regis!«
    »Hallo Dad«, rief sie, freudig überrascht. »Hallo Tom.«
    »Du arbeitest hier?«, fragte John.
    Ihre Augen glänzten vor Aufregung, wie früher, als sie ein kleines Mädchen gewesen war und nicht damit gerechnet hatte, ihn zu sehen.
    »Wenn ich nicht in der Bibliothek beschäftigt bin«, erwiderte sie. »Ich muss Geld verdienen; eine Hochzeit ist teuer.«
    »Die Hochzeit.« John blickte sie an. »Ich kann es gar nicht erwarten, mehr darüber zu erfahren …«
    »Was ist, bestellen Sie endlich?«, rief eine Stimme vom Ende der Schlange herüber. John drehte sich um und funkelte den Störenfried an – einen blond gebleichten Muskelprotz, der aussah, als würde er sich von morgens bis abends am Strand herumtreiben; er hatte den Arm um seine Freundin gelegt und meinte offenbar beweisen zu müssen, was für ein harter Bursche er war.
    »Ich rede mit meiner Tochter«, erwiderte John.
    »John«, warf Tom warnend ein.
    Ein einziger Fausthieb und der Kerl wäre reif für ein Gebiss. Tom versetzte John einen Stoß, sah ihn scharf an und holte ihn damit direkt in die Gegenwart zurück, weg von dem Gefängnis in Portlaoise und den Lektionen, die er dort gelernt hatte.
    »Er hat einfach keine Manieren, Dad«, sagte Regis. »Er kommt jeden Tag hierher und benimmt sich immer so. Ich nehme jetzt eure Bestellung auf, und anschließend mache ich meine Pause – in Ordnung?«
    »Gute Idee«, pflichtete Tom ihr bei. »Zwei Hummerbrötchen – wir feiern die Heimkehr deines Vaters. Pommes, Krautsalat und alles, was dazugehört. Und wie wäre es mit zwei Rootbeer?«
    »Ein Brötchen mit Jakobsmuscheln wäre mir lieber«, entgegnete John.
    »Kommt sofort.« Regis’ Stimme zitterte ein wenig. Tom zahlte, und sie gab das Wechselgeld heraus, wobei sie John einen raschen Blick zuwarf. »Nummer fünfundzwanzig. Wir treffen uns hinten an den Picknicktischen.«
    »Immer mit der Ruhe«, sagte Tom, als sie an dem Muskelprotz vorbeigingen. John hätte ihm gerne gesagt, er solle sich keine Sorgen machen – der Augenblick der Gefahr war vorbei. Er sah den Kerl nicht einmal an, der ihn dagegen anstarrte, als er an ihm vorüberging.
    »Da ist sie ja schon«, sagte John erleichtert, als sie um das Gebäude herumgingen und sahen, wie Regis zielstrebig einen Picknicktisch ansteuerte.
    »Ja«, erwiderte Tom, als sie sich zu Regis gesellten.
    Auf dem Gelände hinter dem Paradise standen zehn Tische, und John war sicher, mit Honor und den Kindern an jedem einzelnen gesessen zu haben. Sie hatten es genossen, hierherzukommen – eine Tradition, die man in den Sommermonaten Juli und August häufig pflegte. Jeder hatte sein Lieblingsgericht – Honor und Agnes bestellten immer Hummerbrötchen, John und Regis liebten frittierte Jakobsmuscheln. Und als Nachtisch gab es für alle das jeweilige Lieblingseis in der Waffel …
    »Hallo!«, rief Regis.
    »Hallo Prinzessin«, sagte Tom. »Na, was sagst du, Regis? Dass dein Dad wieder zu Hause ist?«
    »Unglaublich.« Regis’ Augen blitzten, als sie John ansah.
    »Das kann ich nur bestätigen!«, meinte John.
    »Ich hatte die Hoffnung fast aufgegeben.«
    »Wirklich?« Die Worte versetzten John einen Stich.
    »Es hat so schrecklich lange gedauert. Wir haben dich unsäglich vermisst.«
    »Ich euch auch, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr …«
    »Cece war noch so jung, als du fortmusstest.«
    »Ich weiß. Agnes auch. Ihr alle drei, genau genommen.«
    »Hast du Sisela schon gesehen?«, erkundigte sich Regis.
    »Ja, heute.« John senkte den Blick, überwältigt von seinen Gefühlen.
    »Sie liebt dich, Dad. Wir alle.«
    John blickte auf die Marsch hinaus, zu dem Leuchtturm auf dem Saybrook Point hinüber. Die Sonne war untergegangen, und der Lichtstrahl flammte am rosafarbenen Himmel auf. Einige seiner besten Werke waren in der unmittelbaren Umgebung von Leuchttürmen entstanden – Treibholz, am Strand aufgetürmt, im Sand kunstvoll angeordnet, fotografiert und verewigt. Schiffbruch und Lebensrettung.
    »Erzähl deinem Vater von deinem Job«, sprang Tom ein.
    John bedachte ihn mit einem dankbaren Blick, dann lächelte er Regis an. Sie sah in ihrer blauen Arbeitskluft so hübsch und so ungeheuer jung aus.
    »Nun, das ist kein Zuckerschlecken. Es herrscht immer Hochbetrieb, und manchmal muss man sich mit Idioten herumschlagen wie diesem Typ in der Schlange. Aber meistens macht mir

Weitere Kostenlose Bücher