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Wie Sand in meinen Händen

Wie Sand in meinen Händen

Titel: Wie Sand in meinen Händen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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die Arbeit Spaß. Die Familien mit ihren Kindern sind nett, und meine Freunde kommen oft auf einen Sprung vorbei, um mich gnadenlos aufzuziehen.«
    »Deine Tante hat hier früher während der Sommermonate gearbeitet«, sagte John. »Wir haben das Gleiche mit ihr gemacht.«
    »Tante Bernie? Nie im Leben! Bevor sie Nonne wurde …«
    »Ja, vor jenem schicksalsschweren Tag«, sagte Tom, und John sah ihn stirnrunzelnd an.
    »Davon hat sie mir kein Wort erzählt. Dann habe ich ja etwas, womit ich sie aufziehen kann«, lachte Regis.
    »Das wird ihr gefallen«, erwiderte Tom trocken. »Schwester Bernadette Ignatius, beim Wenden von Frikadellen …«
    »Erinnerst du dich, wie wir früher immer hergekommen sind, als wir noch klein waren?«, fragte Regis, ihr Blick hing an John.
    »Das ist mir auch gerade durch den Kopf gegangen«, erwiderte John. »Wir beide haben immer Muscheln bestellt.«
    Regis’ Augen füllten sich mit Tränen. »Das war einmal.«
    »Warum? Schmecken sie dir nicht mehr?«
    »Ich musste dabei immer an dich denken. Ich konnte sie nicht mehr essen, als du weg warst.«
    John nickte. Er wusste genau, was sie meinte. Sechs Jahre lang, während der Haft, hatte er sich am Abend immer irgendwie beschäftigen müssen. Es waren nicht die einsamen Mahlzeiten, die ihm zusetzten – sondern die Zeit danach, als er seinen Töchtern früher bei den Hausaufgaben geholfen, ihnen Geschichten erzählt oder mit ihnen und ihrer Mutter einen Spaziergang gemacht hatte, um die Sterne zu betrachten. Er ergriff Regis’ Hand.
    »Jetzt bin ich wieder zu Hause.«
    Sie schüttelte den Kopf, Tränen liefen über ihre Wangen. »Zu Hause. Aber nicht bei uns daheim.«
    »Regis … das braucht seine Zeit.«
    »Sie will nicht, dass du wieder bei uns wohnst, oder?«
    »Es ist nicht die Schuld deiner Mutter.«
    »Warum kann sie dir nicht verzeihen? Das war doch keine Absicht, du wolltest doch niemanden verletzen …«
    John spürte Toms Augen auf sich ruhen und wagte nicht, ihn anzuschauen. Sein Magen verkrampfte sich, Schweiß rann zwischen seinen Schulterblättern hinab. »Ich hätte nicht hinausgehen dürfen … Ich hätte wissen müssen, dass du mir nachkommst …«, sagte er bedächtig. »Ich glaube, das bedrückt mich am meisten.«
    »Aber du hättest mich selbst dann nicht aufhalten können, wenn du es versucht hättest.«
    John war beinahe geneigt, zu lächeln. In diesem Punkt hatte sie recht. Von klein auf war sie ihm wie ein Schatten gefolgt. Er hatte ihr gezeigt, wie man auf Felsen kletterte – zuerst vorsichtig, doch dann hatte er gestaunt, als sie schneller oben war als er. Er hatte die abenteuerliche Seite des Lebens geliebt, und Regis war aus dem gleichen Holz geschnitzt.
    »Darüber könnten wir den ganzen Tag lang diskutieren«, sagte John. »Es ändert aber nichts daran, was geschehen ist, mein Schatz.«
    »Ich weiß.« Ihn schauderte, als er hörte, wie verzweifelt ihre Stimme klang.
    »Nummer fünfundzwanzig«, ertönte eine Stimme aus dem knisternden Lautsprecher.
    »Das sind wir«, erklärte Tom.
    »Lass mich das machen.« John sprang auf. Das war seine Aufgabe – als Vater war er immer dafür zuständig gewesen, das Essen zu holen. Regis war ihm manchmal nachgeflitzt, wollte helfen und erbot sich, Servietten und Plastikgabeln zu besorgen. Doch heute blieb sie sitzen, leistete Tom Gesellschaft. Die Tatsache versetzte John einen kleinen Stich – noch ein Punkt, in dem sich die Welt während seiner Abwesenheit verändert hatte.
    Doch ihm ging etwas anderes durch den Kopf. Er eilte zum Tresen und nannte dem jungen Mann seine Nummer. Als dieser ihm das Tablett reichte, klopfte John auf das Geld in seiner Tasche, um sicherzugehen, dass er genug dabeihatte.
    »Stimmt so«, sagte der junge Mann. »Ist bereits bezahlt.«
    »Aha. Könnten Sie noch eine Bestellung hinzufügen?« John schob ihm einen Geldschein zu.
    »Klar.«
    Es schien ewig zu dauern, bis er zurückkam, obwohl er vor den anderen bedient wurde – vielleicht, weil John mit dem Essen wartete oder der junge Mann wusste, dass er zu Regis gehörte. Wie auch immer, fünf Minuten später befand er sich mit dem Tablett auf dem Rückweg zu den Picknicktischen.
    »Oh, du hast mir auch ein Rootbeer mitgebracht!«, rief Regis, als sie die drei großen Pappbecher entdeckte.
    »Du sagst es.« Er reichte ihr einen Becher.
    »Und was ist das?« Sie sah auf den Pappteller, auf dem ein knuspriges Brötchen mit goldbraunen Muscheln, Pommes frites und Krautsalat

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