Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet
sondern damit die Mutter nicht leidet, es wieder lieb hat – oder damit die merkwürdige, doppeldeutige Situation endlich ein Ende hat.
INFO
Worte haben großen Einfluss
Wie stark die Kraft von Worten und Zuschreibungen ist, wird auch wissenschaftlich untersucht. So können Worte anscheinend sogar Wasser beeinflussen, wie der japanische Wasserforscher Dr. Masaru Emoto herausfand: »Zeigt man dem Wasser ein Wort, erkennt es die Schwingungen und drückt sie jeweils ganz konkret als Bild aus.« Wenn man etwa das Wort »Danke« auf Japanisch, Englisch, Deutsch oder in anderen Sprachen dem Wasser zeigt und dann Kristallfotografien anfertigt, ergibt dies in jeder Landessprache jeweils einen wohlproportionierten und schönen Kristall. Andererseits war bei »Dummkopf« und anderen Worten, mit denen Menschen beschimpft und angegriffen werden – in welcher Landessprache auch immer – der Kristall in tausend Stücke zersprungen. »Es war ein grauenvoller Anblick«, so Emoto (siehe Links > ). Vielleicht wirken Zuschreibungen beim Menschen so deutlich, weil der menschliche Körper immerhin zu 60 bis 70 Prozent aus Wasser besteht (bei Kindern sind es sogar bis zu 90 Prozent).
Bereits kleine Kinder können eine solche »Betroffenheitskultur« verinnerlichen und dadurch nicht mehr zu sich und ihren Gefühlen stehen, wie die folgende Szene, aufgeschnappt in einem Kindergarten, zeigt: Der fünfjährige Tim versetzt dem gleichaltrigen Simon bei einer Rangelei einen gezielten Faustschlag auf die Nase, weil Simon ihn zuvor schmerzhaft gebissen hat. Simon schaut Tim beleidigt an und sagt doch tatsächlich: »ICH BIN BETROFFEN. Ich muss mit dir darüber reden!«
»Pass bitte auf! Sei bloß vorsichtig!«
Ähnlich prägend wie Urteile sind Formulierungen wie: »Sei vorsichtig!« »Das kannst du doch nicht!« »Pass auf!« Ein Kind wird durch solche Sätze in seiner NEUGIER UND ENTDECKERLUST GEBREMST und in seiner freien Entwicklung eingeengt. Es verliert den Mut, Neues auszuprobieren und für eine neue Erfahrung auch mal eine Niederlage einzustecken.
Ein Erwachsener erahnt aufgrund seiner Lebenserfahrung so manches Unglück schon im Voraus und malt es sich dann in allen möglichen Farben aus. Rennt das Kind zum Beispiel auf eine Pfütze zu, dann ruft die Mutter laut: »Vorsicht!« Das Kind erschrickt, stockt urplötzlich und fällt der Länge nach in den Matsch. Die Mutter denkt: »Ich hab’s kommen sehen!«, sagt dem Kind aber mit ärgerlicher Stimme: »Kannst du denn nicht aufpassen? Wozu hast du denn zwei Augen im Kopf?«
Die Frage ist nur, warum das Kind eigentlich hingefallen ist. Vielleicht ist es ja so erschrocken über das Rufen der Mutter. Vielleicht traut es sich aber auch nicht zu, das Pfützen-Hindernis ohne Hilfe zu bewältigen. Vielleicht zieht die Mutter das Unglück durch ihre »Ahnung« auch erst an. Wer weiß, jedenfalls hat sich die Prophezeiung der Mutter erfüllt.
Natürlich müssen Eltern ihre Lebenserfahrungen nutzen, zweifelsohne müssen sie ihre Kinder auf MÖGLICHE GEFAHREN hinweisen und dürfen sie nicht sorglos ins Unglück rennen lassen. Aber abstrakte Sätze wie »Sei bloß vorsichtig!« dienen mehr der Beruhigung des eigenen Gewissens als der Abwendung von Gefahren. Eine bewahrende Haltung macht Kinder zögerlich, entmutigt sie und schützt nur vordergründig vor Gefahren. Kinder ständig auf mögliche Risiken hinzuweisen macht sie nicht sicherer, sondern führt zu Verunsicherung und zu der Annahme: »Ich kann das nicht.«
»Nur aus Erfahrung wird man klug«
Außerdem macht es Heranwachsende von ihren Eltern abhängig, lässt sie nicht selbstständig werden, weil sie meinen, ihre Eltern würden in jeder Situation auf sie aufpassen. Und wenn die Kinder älter sind, dann werden sie die Warnungen nicht mehr ernst nehmen, weil sie zu oft ausgesprochen wurden. Gerade durch harmlose Unglücke gewinnen Kinder an LEBENSERFAHRUNG und können sich weiterentwickeln: Eine verdreckte Hose kann man waschen. Und sie signalisiert dem Kind, das nächste Mal angemessener für sich zu sorgen, auf sich selbst aufzupassen. Schließlich sind Kinder Lernende, die durch Erfahrung klug und lebenstüchtig werden, wenn auch manchmal viele steinige Wege dazu gehören.
Für die Eltern gilt: Wer nur auf die Schwächen abhebt, macht sich und andere schwach. ERMUTIGUNG – und nicht Entmutigung – ist das Gebot der Stunde. Positive Sätze wie »Ich denke, das schaffst du!«, »Du machst das bestimmt gut!« stärken Kinder,
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