Wie soll ich leben?
Tuberkulose, Karl IX. regierte bis 1574, wobei zunächst seine Mutter die Regentschaft führte, die zwischen den konfessionellen und politischen Lagern einen Ausgleich zu schaffen suchte, mit geringem Erfolg.
Frankreichs politische Situation zu Beginn der 1560er Jahre, dem Jahrzehnt, in dem Montaigne seine berufliche Karriere in Bordeaux begann, war geprägt von einem schwachen König, erbitterten Machtkämpfen, wirtschaftlicher Verelendung und wachsenden konfessionellen Spannungen. Im Dezember 1560 brachte der Kanzler Michel de L’Hôpital das allgemeine Gefühl zum Ausdruck, als er sagte: «Es ist Torheit, sich von Menschen unterschiedlicher Religion Frieden, Ruhe und Freundschaft zu erhoffen.» So wünschenswert es sei, es bleibe ein unerreichbares Ideal. Der einzige Weg zu politischer Einheit sei die religiöse Einheit. Und ein spanischer Theologe meinte, keine Republik könne gut regiert werden, wenn «jeder seinen Gott als den wahren Gott betrachtet […] und alle anderen als blind und irregeleitet». Den meisten Katholiken erschien dies ohnehin selbstverständlich. Und selbst die Protestanten plädierten für die Einheit, allerdings in einem eigenen Staat. Une foi, une loi, un roi lautete der Slogan. Der Hass auf jeden, der einen Kompromiss vorzuschlagen wagte, blieb das Einzige, in dem sich alle einig waren.
L’Hôpital und seine Verbündeten forderten keine Toleranz oder «Vielfalt» im modernen Sinn. Aber sie fanden es besser, verirrte Schafe zurückzuholen, indem sie die katholische Kirche attraktiver machten, statt sie durch Drohungen zu vergraulen. Unter seinem Einfluss wurden Anfang der 1560er Jahre die Häresiegesetze gelockert. Ein Edikt vom Januar 1562 erlaubte es den Protestanten, außerhalb von Ortschaften und in privatem Rahmen innerhalb der Stadtmauern ihren Gottesdienst abzuhalten. Wie bei den Kompromissen zuvor war niemand ganz damit zufrieden. Die Katholiken fühlten sich verraten, die Protestanten ermuntert, mehr Rechte einzufordern. Die Angst wuchs. Wie es der venezianische Botschafter wenige Monate zuvor prophezeit hatte, verbreitete sich im französischen Königreich eine «große Furcht».
Am 1. März 1562 kam es in Vassy (oder Wassy) in der Champagne nordöstlich von Paris zu einem folgenschweren Vorfall; dies war der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Fünfhundert Protestanten hatten sich innerhalb der Stadtmauern zum Gottesdienstin einer Scheune versammelt – ein verbotener Akt, da solche Versammlungen nur außerhalb der Stadtmauern erlaubt waren. Der Herzog von Guise, ein radikaler Anführer der Katholiken, stürmte die Scheune mit dem Ruf: «Tötet sie alle!»
Die Hugenotten setzten sich zur Wehr. Entschlossen, sich zu verteidigen, drängten sie die Soldaten hinaus und verbarrikadierten das Tor, kletterten auf das Dach und bewarfen die Soldaten des Herzogs mit Steinen. Die eröffneten das Feuer mit ihren Arkebusen und drangen erneut in die Scheune ein. Um ihr Leben zu retten, ergriffen die Hugenotten die Flucht. Dreißig von ihnen starben, mehr als hundert wurden verwundet.
Die Folgen waren dramatisch. Der Protestantenführer Ludwig I. von Bourbon, Fürst von Condé, drängte seine Anhänger zum Widerstand gegen weitere Überfälle. Viele griffen zu den Waffen, auch die Katholiken, gleichfalls mehr von Furcht getrieben als von Hass. Katharina von Medici ordnete im Namen ihres zwölfjährigen Sohnes Karl IX. eine Untersuchung des Überfalls von Vassy an, die im Sande verlief, aber es war ohnehin längst zu spät. In Paris versammelten sich die Führer beider Parteien mit ihren Anhängern. Als der Herzog von Guise in die Stadt kam, begegnete er einem Zug von Protestanten unter Führung des Fürsten von Condé. Die beiden tauschten mit dem Knauf ihrer Degen einen frostigen Gruß.
Ein Anwalt und Freund Montaignes, Étienne Pasquier, schrieb in einem Brief, nach dem Massaker von Vassy redeten alle nur noch von Krieg. «Wenn mir eine Bewertung dieser Ereignisse gestattet ist, würde ich sagen, sie sind der Beginn einer Tragödie.» Er sollte recht behalten. Die Konfrontation eskalierte, es kam zum ersten französischen Bürgerkrieg: ein kurzer, aber erbitterter Kampf, der im Jahr darauf endete, als der Herzog von Guise erschossen wurde und die Katholiken, kurzzeitig führerlos, widerstrebend einem Vertrag zustimmten. Aber dieser Vertrag war keine Lösung und stellte keine der beiden Seiten zufrieden. Am 30. September 1567 wurde durch ein weiteres Blutbad in
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